Die Zürcher Bahnhofstrasse war jahrelang kaum von Änderungen betroffen. Nach Manor trifft es nun aber schon ein weiteres Warenhaus.
Genau wie Menschen haben auch Einkaufszentren einen Lebenszyklus. Die Erstnutzer starten meist mit Luxusuhren à la Patek Philippe oder Rolex.
Auch Luxusmarken wie Louis Vuitton, Gucci oder Prada sind bei Eröffnungen von Warenhäusern an exklusiver Stelle oft dabei.
Luxus verschwindet langsam
Doch mit der Zeit, wenn die entsprechende Klientel ausbleibt, dann macht ein Juweliergeschäft und eine Luxusuhrenboutique nach der anderen zu. Dafür kommen Läden mit günstigeren Produkten in die Shopping-Mall.
Dies passt wiederum nicht mehr zum Rest der Luxuswaren und auch diese verlassen dann die Location. Und plötzlich gibt es kaum ein Halten mehr.
Wandel der Einkaufstempel
Zum natürlichen Sterben eines Warenhauses kommen neben dem Lebenszyklus noch Trends hinzu und die gehen klar in Richtung Online-Handel. Daher tun sich immer mehr Konzepthäuser, wie Globus, Manor oder eben auch das Luxuskaufhaus Jelmoli, schwer, sich in die Zukunft zu retten.
Nach dem grossen Kaufhaus Manor an der Zürcher Bahnhofstrasse schliesst nun bald auch das Luxuskaufhaus Jelmoli, wie der Verwaltungsrat und die Gruppenleitung der Besitzerfirma Swiss Prime Site (SPS) beschlossen haben.
Mehr Büros in Innenstadtlage
Das traditionsreiche Gebäude in der Zürcher Innenstadt werde ab Anfang 2025 voraussichtlich während zwei Jahren umgebaut, teilte SPS am Montag völlig überraschend mit.
Demnach würden in den unteren Geschossen zwar weiterhin hochwertige Retailflächen mit rund 10.000 m2 zur Verfügung stehen.
Der Umbau stelle damit sicher, dass das Jelmoli-Haus auch in Zukunft eine der grössten und attraktivsten Einkaufsdestinationen an der Zürcher Bahnhofstrasse bleibe, gab sich die bekannte börsenkotierte Immobilienfirma überzeugt.
Ein Teil der Obergeschosse werde allerdings zu Büroflächen transformiert und um öffentliche Nutzungen, wie Fitness oder Gastronomie, ergänzt, hiess es weiter.
Das bedeutet, die Innenstadt von Zürich bekommt weitere Büroflächen. Dies ist überraschend, weil viele Firmen eigentlich in die Agglomeration ziehen und die Innenstadt verlassen.
Kein Interessent
Mit der ausserordentlichen Dynamik des Onlinehandels und des sich ändernden Konsumverhaltens sei der stationäre Handel verstärkt in Bedrängnis geraten, teilte SPS denn auch zu den Gründen des Entscheids um Jelmoli mit.
Dieser Strukturwandel habe sich, trotz hoher Investitionen der Eigentümerin und des Engagements aller Mitarbeitenden, deutlich in der Wirtschaftlichkeit des Warenhauses Jelmoli niedergeschlagen.
Intensive Gespräche mit möglichen Partnern hätten nicht zum erwünschten Erfolg geführt, weshalb ein Alternativkonzept entwickelt worden sei.
Die Belegschaft selbst teilte der Stammkundschaft in einer E-Mail mit, dass neben dem Strukturwandel auch die Pandemie ihren Teil zur Verschlechterung der Zahlen beigetragen habe.
Fast 1000 Betroffene
Das Transformationsprojekt «Jelmoli-Haus» belastet laut dem Communiqué die Erfolgsrechnung von SPS im Geschäftsjahr 2022 einmalig mit rund 34 Millionen Franken. An den Dimensionen sieht man schon, dass man viele Luxusschuhe und Luxushandtaschen verkaufen muss, um solche Beträge einzuspielen.
Medienberichten zufolge sind 550 Mitarbeitende direkt bei Jelmoli sowie 300 Angestellte bei eingemieteten Marken-Boutiquen von der Schliessung betroffen.
Die Chefin von Jelmoli, Nina Müller, schmeisst auch den Bettel hin und werde auf eigenen Wunsch die Führung des Warenhauses in neue Hände übergeben.
Details später
Trotz der Sonderaufwendungen konnte SPS im Geschäftsjahr 2022, vor allem aufgrund positiver Vermietungsresultate und dem Wachstum im Bereich Real Estate Asset Management, die gesetzten Ziele erreichen.
Genaueres will das Unternehmen zu einem späteren Zeitpunkt mitteilen. Dann zeigt sich auch, an welcher Stelle des Lebenszyklus das Management beim Warenhaus Jelmoli die Notbremse gezogen hat.
06.02.2023/kut.