Der deutsche Versicherungskonzern Allianz wird von einem Skandal beim hauseigenen Vermögensverwalter Allianz Global Investors erschüttert. Das Problem könnte sich auch auf die Bank Vontobel auswirken.
Der deutsche Versicherungsriese Allianz hat Schwierigkeiten mit seinem Vermögensverwalter Allianz Global Investors (AGI). Trotz Alarmierung durch die Risikosysteme während der Kapitalmarkteinbrüche zu Beginn der Coronavirus-Pandemie reduzierte die Einheit in den USA die Risiken nicht.
Vielmehr erhöhte sie sogar das Risiko, was zu Milliardenschäden für Anleger führte.
«Im Mai 2022 musste sich die US-Tochter der AGI des Wertpapierbetrugs für schuldig bekennen», schrieb die deutsche «Wirtschaftswoche» nun detailliert zu dem Fall in ihrer neuesten Ausgabe.
Warnzeichen ignoriert?
Die Einigung mit der US-Börsenaufsicht SEC und dem US-Justizministerium kostete fast sechs Milliarden Euro.
Doch bereits viel früher, nämlich im Jahr 2017, soll die interne Revision der AGI schon einmal auf «red flags» bei der Miami-Truppe gestossen sein. Zu den Warnzeichen hätten etwa ungenaue Angaben in Werbematerialien gezählt, schrieb das deutsche Blatt weiter. «Eine unabhängige Nachbereitung», so stünde in einem Bericht der SEC, «erfolgte nicht».
Hätte die AGI aber schon damals die Aufklärung korrekt vorangetrieben, «hätten zumindest einige Aspekte der Betrugsmasche aufgedeckt werden können», hiess es weiter.
Auffällige Zeiträume
Und an dieser Stelle kommt Vontobel ins Spiel. Ihr Verwaltungsratspräsident heisst nämlich Andreas Utermann und der war Chef der AGI zu diesem Zeitpunkt.
Das deutsche Wirtschaftsblatt schrieb, dass unklar sei, «ob die AGI-Spitze auch damals von der internen Warnung erfuhr».
Schweigen im Walde
Utermann, der 2019 überraschend vom AGI-Chefposten zurücktrat, äussere sich aber nicht dazu, schrieb das Magazin weiter. Allianz und AGI würden ebenfalls keine Fragen beantworten und bloss auf frühere Statements verweisen.
Im eigentlich wenig beachteten SEC-Dokument vom Mai 2022 steht allerdings: Compliance und Risikomanagement der AGI seien daran gescheitert, die Fonds-Truppe adäquat zu überwachen. Diese Mängel hätten es erst ermöglicht, das wahre Risiko der Miami-Fonds zu verschleiern.
Handlungsdruck in Zürich?
Vontobel-VRP Utermann arbeitete laut dem Schweizer Bankhaus von 2002 bis 2019 bei AGI und ab dem Jahr 2016 als deren CEO. Von 2012 bis 2015 war er aber bereits Co-Head sowie Global CIO gewesen.
Sollte der deutsch-britische Doppelbürger Utermann von den Problemen, die von der US-Aufsichtsbehörde SEC zutage befördert wurden, gewusst haben, dürfte es für die Schweizer Bank Vontobel schwierig werden, ihn als Chef-Aufseher und Ober-Kontrolleur weiter fungieren zu lassen.
Harte Worte von der SEC
Der Chef der SEC, Gary Gensler, wird jedenfalls in der Mitteilung der US-Börsenaufsicht mit dem Zitat zitiert: «Allianz Global Investors hat zugegeben, Anleger über mehrere Jahre hinweg betrogen, Verluste und Abwärtsrisiken einer komplexen Strategie verschwiegen und wichtige Risikokontrollen nicht implementiert zu haben».
Vielleicht ist die eigentlich letztlich verantwortliche Person für all dies der heutige Vontobel-VRP Utermann. Es ist allerdings nicht bekannt, ob sein überraschender Rücktritt mit all den Vorgängen zu tun hat. Damals hatte er familiäre Gründe angegeben und war einfach Hausmann geworden.
10.10.2022/kut.