Externe können kaum in private Krypto-Firmen hineinschauen. Durch die Beschaffung von Kapital gibt es jedoch Einblick in die Finanzlage, wie ein aktuelles Beispiel zeigt.
Schweizer Krypto-Anbieter beteuern, nicht in den Strudel der Schockwellen geraten zu sein, die derzeit durch die Krypto-Welt gehen.
Ob die Angaben stimmen, lässt sich für Externe aber kaum verlässlich nachvollziehen. Die Gesellschaften sind überwiegend in Privatbesitz und die tatsächliche Finanzlage bleibt für Aussenstehende oftmals ein Rätsel.
UBS hilft
Kommt es jedoch zu Finanzierungsrunden, dann gibt es Einblick in die vergangenen Geschäftsjahre und oftmals auch eine Planung, wie die Verantwortlichen sich die finanzielle Zukunft vorstellen.
Und genau dies passiert derzeit mit dem Schweizer Krypto-Anbieter Swissborg, der mit Hilfe der Grossbank UBS eine Finanzierung durchführt und worüber auch muula.ch berichtete.
Die Plattform, die den Handel von Kryptowährungen sowie die Anlagemöglichkeit bietet, ist in Lausanne beheimatet. Sie führt allerdings zahlreiche Aktivitäten in Estland aus.
Milliarden an Handelsumsatz
Laut den Unterlagen zur «Fundraising»-Runde mittels Aktien, die muula.ch von der Webseite von Swissborg zur A-Serien-Finanzierung hat, ist die Swissborg-App bereits rund eine Million Mal heruntergeladen worden.
Gleichzeitig gibt der Anbieter an, dass er über 680.000 aktive Nutzer verfüge. Auf der App hätten die Nutzer per Ende Oktober 2022 rund 680 Millionen Dollar an Vermögenswerten um Bitcoin, Ethereum & Co. deponiert und seit Gründung sei ein Handelsumsatz von rund 12,4 Milliarden Dollar verzeichnet worden.
Ein Vergleich mit der Fintech-Lizenz zeigt, dass die Grössenordnungen im Krypto-Bereich durchaus stattlich sind, denn bei einer «Bankenlizenz light» dürften die Firmen jeweils bloss Publikumseinlagen bis maximal 100 Millionen Franken entgegennehmen.
Steigende Einnahmen
Wie sehen die Finanzen der Hauptgesellschaft Sborg SA aus, die zu 100 Prozent dem Swissborg-Management gehört?
Nun, laut den Jahresabschlüssen von der Swissborg-Webseite gibt die Firma als Einnahmen aus dem Verkauf von Waren und Dienstleistungen für das Geschäftsjahr 2021 an, rund 81,5 Millionen Franken eingenommen zu haben.
Im Jahr 2020 waren es an dieser Stelle bloss 2,7 Millionen Franken an Umsatz gewesen.
Von Minus ins Plus
Nach Abzug aller Ausgaben, also etwa für Subcontractors für 26,9 Millionen Franken, Miete, Hard- und Software, bleiben unter dem Strich rund 9,4 Millionen Franken an Gewinn übrig. Im Vorjahr war an dieser Stelle nur eine schwarze Null von -70 Franken ausgewiesen worden.
Operativ weist Swissborg in dieser Gesellschaft einen Gewinn von fast 20 Millionen Franken im Geschäftsjahr 2021, nach einem Verlust von 3,3 Millionen Franken im Jahr davor aus.
Suche nach ICO-Geld
Interessant sind aber nicht nur die Angaben der Gewinn- und Verlustrechnung, sondern auch jene zur Bilanz der Firma um die Verantwortlichen Jeremy Baumann, Christophe Diserens, Cyrus Fazel und Anthony Lesoismier-Geniaux.
So ist im Jahr 2021 zum Stichtag das Eigenkapital, das bisher bloss aus den 100.000 Franken des Stammkapitals bestand, um den Gewinn auf nunmehr 9,5 Millionen Franken gestiegen.
Von den 50 Millionen Franken, die mit dem sogenannten ICO, also der Finanzierung im Jahr 2017 eingenommen worden waren, ist in dieser Hauptgesellschaft jedenfalls nicht viel zu sehen.
Nicht vorgenommene Einzahlung
Die grösste Passiv-Position sind Rückstellungs-Abgrenzungen von den Einnahmen in Höhe von 20,8 Millionen Franken. Die Bilanzsumme beläuft sich auf 32,1 Millionen Franken, wobei 50.000 Franken des Stammkapitals nicht eingezahlt worden sind.
Auf der Aktivseite sind per Ende 2021 sind rund 10,8 Millionen Franken an Bargeld vorhanden. Gleichzeitig gibt es 20,6 Millionen an digitalen Assets und etwas Forderungen, Vorauszahlungen sowie 155.250 Franken an Beteiligungen.
Steigende Eigenmittel
Berechnet man aus alldem ein paar Kennzahlen, so sieht die Lage per Ende des 2021 gar nicht mal so schlecht aus. Die Umsatzrendite 2021 betrug nach einem negativen Wert im Jahr 2020 nun immerhin rund 11,5 Prozent.
Und die Eigenkapitalquote kommt nach niedrigen 1,8 Prozent in 2020 nunmehr immerhin auf fast 30 Prozent, wobei die nicht vollständige Liberierung noch berücksichtigt werden müsste. Die Schwankungen sind in der Krypto-Welt schon enorm, wie die Zahlen zeigen.
Rosige Zukunft
Wie soll es mit Sborg SA weitergehen? Darüber gibt die operative Finanzplanung etwas Aufschluss.
Nach einer operativen Gewinnmarge von rund 39 Prozent (82 Millionen Franken an Einnahmen minus 50 Millionen Franken an operativem Aufwand) im Jahr 2021 stehen für dieses Geschäftsjahr eine negative Betriebsergebnis-Marge von -74 Prozent an.
Diese setzt sich aus erwarteten Einnahmen von bloss noch 23 Millionen Franken und 40 Millionen Franken an Aufwand zusammen.
Im kommenden Jahr stehen an Umsatz 79 Millionen Franken im Plan und ein Aufwand von 59 Millionen Franken. Dies ergibt ein Betriebsgewinnmarge von rund 25 Prozent. Und so geht es positiv in die Zukunft weiter bis im Jahr 2026 an Einnahmen rund 680 Millionen Franken eingeplant sind.
Planung wie Hockey-Stick?
Das sind immerhin 20-mal mehr als im Jahr 2022 erwartet werden. An Aufwand kommen für 2026 die Verantwortlichen auf 180 Millionen Franken und das ergibt eine operative Marge von 63 Prozent.
Es ist also mit der üblichen Hockey-Stick-Planung – erst etwas nach unten und dann bloss noch nach oben, wie sie viele Unternehmen vornehmen, durchaus vergleichbar.
Die Nutzerzahlen sollen von zirka 900.000 auf 5,8 Millionen in fünf Jahren mehr als versechsfachen.
Spannende Geldverwendung
Nun, das neuerhaltene Geld will die Sborg SA zu 60 Prozent für die Entwicklung der Technologie sowie von Produkten einsetzen. Rund 10 Prozent sollen für strategische Lizenzen und regulatorische Zulassungen bei draufgehen.
Und rund 30 Prozent fliesen tatsächlich ins Wachstum, also in externe Akquisitionen, Marketingkampagnen und Public Relations.
Warten auf weitere Zahlen
Abschliessen will Swissborg die Finanzierungsrunde spätestens bis Ende März 2023 beziehungsweise bis der angestrebte Gesamtbetrag zustandegekommen ist.
Geldgeber sollten dabei aber eventuell auf den Jahresabschluss 2022 warten, wenn nicht nur einige operative Finanzzahlen, sondern der ganze Zahlenkranz der Krypto-Firma zur Verfügung steht.
20.12.2022/kut.