Die Finma bellt wie ein getroffener Hund

Marlene Amstad
Die Finma-Präsidentin Marlene Amstad unlängst an einer Konferenz in Zürich. (Bild: muula.ch)

Getroffene Hunde bellen, lautet ein Sprichwort. Die Führung der Eidgenössischem Finanzmarktaufsicht Finma leistet dem alle Ehre.

Die Schweiz hat eine Grossbank verloren und eine Schlüsselrolle bei dem Verlust der Credit Suisse (CS) spielten die Schweizer Behörden.

Einerseits ist dies die Schweizerische Nationalbank SNB, die eigentlich den Geldhäusern unbegrenzte Liquidität zur Verfügung stellen und damit das Finanzsystem vor dem Kollaps retten müsste.

Kennzahlen gaben Entwarnung

Andererseits spielt die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma eine entscheidende Rolle, weil sie die Geldhäuser beaufsichtigt.

Das von Marlene Amstad als Präsidentin geführte Aufsichtsorgan beteuerte, dass alle Kennzahlen der CS zu Kapital- und Liquidität vollständig erfüllt gewesen seien.

Dennoch ist die Bank untergegangen.

Notenbank schweigt

Wie kann das sein? Die Liquidität soll ja nicht ausgereicht haben. Genau weiss das allerdings niemand, weil die Daten per Notrecht vor den Augen der Öffentlichkeit versteckt werden.

Die CS hatte 541 Milliarden Franken an Assets und soll laut der SNB im Höhepunkt der Krise rund 170 Milliarden Franken an Liquidität gebraucht haben. «So what?», könnte man dabei sagen.

Doch während sich die SNB eher in Schweigen hüllt, bellt die Finma wie ein betroffener Hund.

Die Aufsicht habe keine Fehler gemacht, erklärte Amstad unlängst an einer eilig einberufenen Medienkonferenz, die es Wirtschaftsredaktoren kaum ermöglichte, Fragen zu stellen.

Kritischen Fragen ausweichen

Wohlweisslich hatte Amstad und ihr Schiesshund Finma-Direktor Urban Angehrn nämlich so kurzfristig für den nächsten Morgen nach Bern zu einer Medienorientierung eingeladen, dass an der Veranstaltung fast nur Bundeshaus- und damit Politikjournalisten vor Ort teilnehmen konnten.

Somit waren kritische Fragen zu komplexen Details um den CS-Untergang und der Ausradierung von Notfall-AT-1-Bonds quasi elegant ausgeräumt.

In einem Interview mit der gut ausgewählten «NZZ am Sonntag» beklagte Amstad, dass ihre Mittel als Aufsicht limitiert seien und der Regulator auch Strafen verhängen können müsste.

Wer glaubt, es hänge nur an Bussenkompetenz, dürfte da allerdings getäuscht sein. Die Aufsicht könnte, wenn sie nur wollte, Manager absetzen und Banken zu gewissem Handeln zwingen.

Doch das tat sie im Falle der CS offensichtlich nicht ausreichend.

Aufsicht über Ex-Kollegen

Die Medien hatten aber kurz nach dem Untergang der CS kritisch festgestellt, dass praktisch das ganze Schweizer Finanzsystem von ehemaligen CS-Leuten unterwandert sei.

Klar waren SNB-Präsident Thomas Jordan, Amstad und auch Angehrn für die Problembank tätig gewesen.

Die Finma-Chefin hatte beispielsweise im quantitativen Kreditrisiko-Management der CS gearbeitet, wie aus ihrem Lebenslauf bei der Finma hervorgeht.

Wie muula.ch sogar publik machte, kannten sich Jordan und der letzte CS-Konzernchef Ulrich Körner unter anderem aus der Expertenkommission für die «Too big to fail»-Regulierung, die neue Liquiditätsvorschriften für Grossbanken ersann.

Bewilligen der Führungskräfte

Am heutigen Mittwoch bellte Finma-Direktor Angehrn nun wieder in der «Neuen Zürcher Zeitung» und erklärte in einem Gastbeitrag, dass die CS selbst schuld an ihrem Untergang habe. Verwaltungsräte und Geschäftsleitung hätten die Verantwortung.

Der Regulator, der eigentlich darüber wachen soll, dass genau diese Personen ihre Jobs richtig machen, sieht keine Schuld bei sich.

Kein einziger der Verwaltungsräte der untergegangenen CS hat aber je eine Grossbank geführt.

Für die Eignung des Aufsichtspersonals bei Geldhäusern ist allerdings klar die Finma zuständig.

Unklare Verantwortlichkeiten

Doch die ganzen Regeln über die Aufsicht sind in der Schweiz ohnehin schwammig.

Die SNB ist für die Finanzstabilität zuständig, aber nicht für die Aufsicht einzelner Institute.

Wenn aber die Finanzstabilität gemeint ist, ist klar, dass es direkt die beiden Grossbanken betraf. In einem Memorandum of Undestanding grenzen SNB und Finma ihre Kompetenzen ab. Dennoch bleibt vieles im Unklaren.

Ein weiteres Memorandum of Understanding erklärt zudem, wer im Falle einer Krise wofür zuständig sei. Dann kommt aber neben der SNB und Finma noch das Eidgenössische Finanzdepartement EFD ins Spiel.

Fast köstlich ist dabei das Detail, dass im Krisenfall SNB-Chef Jordan hierarchisch unter die Finanzministerin Karin Keller-Sutter rutscht. Von Unabhängigkeit der Zentralbank ist dann auch keine Spur mehr.

Widersprüche über Widersprüche

Je mehr die Finma kommuniziert, desto mehr Widersprüche kommen bei der Notfusion der CS mit der Grossbank UBS zudem zum Vorschein.

An der entscheidenden Medienkonferenz im März zum Untergang der CS, die auch muula.ch live übertrug, sagte Amstad, dass alle Optionen noch am Sonntagmorgen auf dem Tisch gelegen hätten.

Wie aber eine Liquiditätskrise am Wochenende eingetreten sei, an der gar kein Zahlungsverkehr ausgeführt wird, blieb beispielsweise unklar.

Vielmehr dürfte die Liquiditätskrise bei der CS bereits am Donnerstag oder Freitag davor eingetreten sein. Da gab es laut Amstad allerdings die Lösung noch gar nicht. Vielleicht wurde sogar das Notrecht sogar erst im Nachhinein gebastelt.

Auch SNB-Vize Martin Schlegel stolperte an einer Medienkonferenz über die entscheidenden Wochentage, wie muula.ch berichtete.

Simulation von Krise fehlte

Es ist nun fast tragisch, dass ausgerechnet Joe Ackermann, der einstige Chef der Deutschen Bank, die Vergehen der Schweizer Aufsichtsbehörden öffentlich machte.

Wie auch muula.ch über ihn berichtete, hätten SNB und Finma das CS-Management an einem Wochenende für einen Bankenrun vorbereiten und dabei Schwachstellen in der Führung einer Grossbank offenlegen müssen.

Ein Brief an ein Kreditinstitut, was es im Falle einer Krise machen würde, reiche da nämlich nicht aus.

Verschleiern von Tatsachen

Aber genau das haben SNB, Finma & Co. offenbar gemacht. Das Management der CS hatte nach so einem Schreiben wochenlang Zeit, sich eine Antwort zu überlegen. Die Realität bei einem Vertrauensverlust mit Beschaffung von Liquidität in Sekundenschnelle sieht allerdings völlig anders aus.

Logisch bellt die Aufsichtsbehörde nun, dass ihr der rechtliche Rahmen ein zu enges Korsett für eine Grossbankenrettung gebe.

Aber in Wirklichkeit haben die Schweizer Aufsichtsbehörden um SNB und Finma beim Untergang der CS komplett versagt und versuchen nun, dies mit schönen Wortmeldungen zu verschleiern.

05.07.2023/kut.

Die Finma bellt wie ein getroffener Hund

One thought on “Die Finma bellt wie ein getroffener Hund

  • Juli 5, 2023 at 9:25 pm
    Permalink

    Dieser Bericht zeigt doch genau das Schweizerische System, Filz, politischer Unwille ,
    Grössenwahn und Unfähigkeit und ganz wichtig keine Verantwortung soweit das Auge reicht. Nicht einer dieser Versager und gauner ist Angeklagt.

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