Bruno S. Frey: «Das ist eine Katastrophe»

Wirtschaftsprofessor Bruno S. Frey an einer Veranstaltung in Zürich. (Bild: muula.ch)

Einer der bedeutendsten Ökonomen der Welt, der Basler Bruno S. Frey, hat zu einem Rundumschlag ausgeholt. Eine Schweizer Gegebenheit stört ihn besonders – doch er präsentiert gleich die Lösung gegenüber muula.ch.

Wenn 81-jährige berühmte Wirtschaftsprofessoren sich zu Wort melden, haben sie immer etwas Bedeutsames zu sagen. Wenn es dann noch ein Anwärter für den Wirtschaftsnobelpreis und einer der am meisten zitierten Ökonomen der Welt, wie Bruno S. Frey, ist, muss man umso genauer zuhören.

Frey holte diese Woche nämlich ausgerechnet in der Höhle des Löwen, am Liberalen Institut der Schweiz, ganz gehörig aus und las den Liberalen die Leviten.

Diese seien eigentlich an der ganzen Ausbreitung des Staates und dem Rückgang des Freisinns quasi selbst Schuld und der Wirtschaftsprofessor begründete dies mit zwei Entwicklungen.

Nur Vordenker im Fokus

Erstens seien die Liberalen viel zu rückwärtsgewandt. Die Konzentration auf grosse Namen, wie Walter Eucken, Ludwig von Mises, Friedrich August von Hayek oder Wilhelm Röpke, interessierten Jüngere gar nicht mehr. Jugendliche hätten daher den Kontakt zum Freisinn verloren, weil er häufig bloss auf diese Geistesgrössen ausgerichtet sei, hob Frey am Mittwochabend in Zürich hervor.

Die neue Generation habe mit der liberalen Bewegung der Vordenker aber kaum noch etwas am Hut, sagte er und verwies auf ein Beispiel. Einkommensungleichheit könne man heutzutage nur noch mit dem Staat umverteilen – auf andere Ideen käme die aktuelle Generation gar nicht mehr, schrie er förmlich heraus.

Auf Junge zugehen

Liberale müssten daher klarmachen, was ihr intellektuelles Konzept für die Welt und die Menschen leiste, erklärte der 81-Jährige voller Energie im Zürcher Zunfthaus zur Saffran weiter. Auch sei die Volkswirtschaftslehre viel zu mathematisch geworden und schaue praktisch nur noch auf ökonometrische Modelle, kritisierte der namhafte Wissenschafter.

Und das Liberale Institut sollte sich nicht nur auf die ältere Generation konzentrieren, sondern vielmehr junge Leute ansprechen, raunte Frey in den Kreis der Anwesenden eher ergrauter Köpfe.

Der zweite Grund, weshalb fast nur noch sozialistische oder sozialdemokratische Ideen in der Landschaft stünden, sei, der Fokus auf Woke-ness, also der mangelnden sozialen Gerechtigkeit und fehlenden Diversität. Dabei sei gerade die Unterschiedlichkeit dem Liberalismus inne und dies müsse viel mehr herausgestellt werden.

Universitäten als Problem

Als Lösungen sieht Frey, neben der Ansprache von Jüngeren und der grösseren Nutzenorientierung des Freisinns, aber noch andere Punkte, die er ändern würde.

Die Liberalen sollten sich von den Universitäten abwenden, empfahl der Professor. Dies seien nämlich keine Orte des Denkens mehr, sondern mit Blick auf die Schweiz bloss noch Einrichtungen, die Credit-Punkte-Sammler heranzögen.

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Es fehle an Orten des Nachdenkens und des Diskurses, mahnte Frey. Auch die Verantwortlichen der Bildungseinrichtungen hätten kaum ein Interesse dran, dieses «unsägliche Bologna-System» zu ändern, weil die akademischen Bürokraten die Universitäten gerne als Schulen behalten würden.

Privates Geld

«Universitäten sollten aber wieder zu Denk-Stuben werden», hob Frey hervor. Es brauche neue Institutionen, die genau das Gegenteil von dem machten, was Schweizer Universitäten zumindest in den Sozialwissenschaften derzeit praktizierten, drang es aus dem Ökonomen kritisch heraus.

Angesprochen auf den Missstand und Lösungsmöglichkeiten erklärte der vielzitierte Ökonom gegenüber muula.ch, dass er als Alternativen nur noch private Universitäten sehe. Die staatlich alimentierten Bildungseinrichtungen seien mittlerweile eine Katastrophe und kaum mehr in der Lage, selbst etwas zu ändern, erklärte Frey.

Alles Gleiche ein Tabu

Er verwies gleichzeitig auf drei Möglichkeiten, denen die Schweiz in der Zukunft mehr Beachtung schenken sollte. Erstens sei das Prinzip von Gegenrede vielerorts zu institutionalisieren. «Gute Institutionen brauchen Gegenkräfte und diese müssten stets Alternativen aufzeigen», sagte Frey. Gleichförmigkeit sei ein Tabu.

Zweitens müsse sich die Schweiz wieder stärker auf den Föderalismus konzentrieren. Der Bund solle heutzutage praktisch alles regeln, dabei könnten Kantone in lokaler Zusammenarbeit die Herausforderungen oftmals viel besser meistern.

Dabei schweben dem Professor sogar neue staatliche Einheiten vor, die eigene Steuern und eigene demokratische Legitimierung haben sollten. Von unten sei die Schweiz gross geworden und nicht über einen allmächtigen Staat, gab der Wissenschafter zu bedenken.

Aussenseiter nach Innen

Und drittens solle das Zufallsprinzip wieder mehr Gewicht erhalten. Wenn alle Kandidaten für die freigewordenen Bundesratssitze so geeignet seien, wie es in der Öffentlichkeit derzeit diskutiert werde, könnte auch ein Los über die Sitzvergabe entscheiden, nannte er als Beispiel dafür.

Die Nationalrats- und Ständeratsmitglieder hätten zudem teils völlig den Bezug zum Volk verloren, kritisierte Frey. Mit einem qualifizierten Zufall könnten aber Aussenseiter sowie ungewöhnliche Ideen eine Chance erhalten und eine bessere Repräsentation der Gesamtheit des Volkes ermöglichen.

Journalist ausgezeichnet

Frey wohnte anschliessend noch der 13. Verleihung des Röpke-Preises für Zivilgesellschaft bei. Diesmal zeichnete das Liberale Institut den bekannten Journalisten Dominik Feusi für die Aufrechterhaltung einer Debatten-Kultur sowie seiner liberalen Grundhaltung aus.

Dieser schlug dann in seiner Rede auch genau in die Kerbe von Wirtschaftsprofessor Frey. Journalist Feusi mahnte nämlich in der Schweiz etwa die Aufrechterhaltung der Vertragsfreiheit, eine freie Preisbildung sowie den Umstand an, dass alles Soziale eigentlich von unten in der Bevölkerung käme und eben nicht von einem allmächtigen Staat.

Aber dieses liberale Konzept muss man eben auch unter die Leute bringen können – genau so, wie es der angesehene Ökonom Frey anmahnte.

02.12.2022/kut.

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