Botox bekommt durch Zufall sinnvolleren Einsatz

Eine Botox-Spritze an einem Mund
Der Einsatz von Botox wächst über die Schönheitsindustrie hinaus. (Bild: S. Khamseh / unsplash)

Schweizer Forscher haben mit Botox experimentiert und entdeckten eine neue Wirkungsweise. Die Kosmetik- und Pharmaindustrie dürfte es freuen.

Botox ist eigentlich das potenteste natürliche Nervengift überhaupt, das zu gefährlichen Lähmungen führen kann. Nur schon hundert Nanogramm intravenös verabreicht genügen, um einen Menschen zu töten, denn das Gift lähmt unter anderem die Atemmuskulatur.

Weichere Gesichtszüge

Grosse Bekanntheit erlangte Botox durch den Einsatz als kosmetisches Hilfsmittel. So lassen sich viele Menschen damit Falten unterspritzen, um jünger auszusehen. Die Substanz blockiert die Signalübertragung der Nerven auf Muskeln, entspannt diese und sorgt so für weichere Gesichtszüge.

Es dauert zwar ein paar Tage, bis die Wirkung einsetzt, dafür hält sie dann aber für rund drei Monate an.

Bremsen von Tumorwachstum

Weniger bekannt ist allerdings, dass Botox auch in der therapeutischen Medizin sehr häufig genutzt wird, um Leiden zu behandeln, die auf krampfende Muskeln oder Fehlsignale von Nerven zurückzuführen sind.

Dies sind beispielsweise Schmerzen, Spastiken, Blasenschwäche, Zähneknirschen, Fehlstellungen, etwa der Augen. Sogar bei Magenkrebs wird Botox verwendet, um den Nervus Vagus zu blockieren und so das Tumorwachstum zu bremsen.

Fehler vermutet

Daher experimentieren Forscher ständig weiter mit Botox, beziehungsweise gemäss wissenschaftlichen Namen Botulinum Neurotoxin A, herum. Ein Forschungsteam wollte unter Leitung von Richard Kammerer vom Paul-Scherrer-Institut (PSI) untersuchen, ob sie die Wirkung des Toxins beeinflussen könnten.

Es sollte langsamer wirken, so die Idee, wie das zu den ETH Zürich und Lausanne gehörende PSI am heutigen Montag freudig mitteilte.

Die giftige Wirkung des Botox – also das Spalten von Proteinen, die für die Signalübertragung der Nerven wichtig sind – setzte dann im Praxistest aber sogar schneller ein als sonst.

«Wir dachten zunächst, wir hätten etwas falsch gemacht», sagte Studienerstautorin Oneda Leka vom PSI.

Doch weitere Versuche hätten das widersprüchliche Ergebnis bestätigt, denn die Giftwirkung des Botox-Enzyms beschleunigte sich, statt nachzulassen, hiess es weiter.

Einsatz in Schmerztherapie

Es sieht offenbar so aus, dass Botulinum Neurotoxin A1 mit einem Protein erheblich schneller wirke als A1 ohne die Antikörper, erklärten die Wissenschafter den Fund.

Gleichzeitig bliebe die Wirkdauer deutlich länger bestehen. Das Ergebnis – so unerwartet es auch war – eröffne neue Möglichkeiten der Behandlung verschiedener Erkrankungen.

«In der Schmerzmedizin könnte ein Zusatz, der das Einsetzen der Wirkung eines langanhaltenden, höchst effektiven Medikaments beschleunigt, von Interesse sein», meinte Forschungsteam-Leiter Kammerer zu den Erkenntnissen.

Die Pharmaindustrie dürfte es freuen, genauso wie die Kosmetikbranche, wenn der Einsatz von Botox quasi noch alltäglicher wird.

18.12.2023/kut.

Botox bekommt durch Zufall sinnvolleren Einsatz

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