Der grösste Börsengang an der Schweizer Börse SIX seit 2017 wird vielerorts bejubelt. Dabei macht Galderma quasi nur Verlust.
Investoren müssen besonders vorsichtig agieren, wenn Altaktionäre bei ihrem Investment aussteigen.
Diese alte Börsenweisheit gilt derzeit, wenn sie auf den umjubelten Börsengang an der Schweizer Börse SIX um die Hautpflegefirma Galderma schauen, über den auch muula.ch berichtete.
Viele bunte Bilder
Die Titel kamen Ende vergangener Woche an die SIX – und ein Konsortium um die Private-Equity-Firma EQT stieg dabei teilweise von ihrem Investment aus.
Wenn sich Interessenten über den Börsengang aber informieren wollen, müssen sie schon sehr tief graben, um überhaupt an handfeste Informationen zu kommen.
Wer auf der Webseite von Galderma für Investoren klickt und die Finanzberichte haben will, erhält lediglich «Financial reviews», die offenbar deutliche Unterschiede zu normalen Jahresabschlüssen darstellen.
Die Galderma-Berichte enthalten zwar viele bunte Bilder um Produkte, wie Cetaphil, Alastin & Co., sowie viele bunte Kennzahlen. Doch von den handfesten Finanzen spricht Galderma in den vergangenen drei Jahren kaum.
Neue Regeln erst ab Börsengang
Klar, die Eigentümer um EQT haben auf die Privatfirma einen ganz anderen Zugriff und können jederzeit in die Buchhaltung von Galderma schauen. Zudem braucht EQT im «Finanzbericht» extern eigentlich keine Auskunft zu erteilen.
Anders ist es aber bei Firmen, die an einer Börse kotiert sind. Diese müssen die jeweiligen Regeln befolgen und dazu gehört ein aussagekräftiges Berichtswesen auf Basis standardisierter Kennzahlen.
Doch das gilt für Galderma praktisch erst ab dem Börsengang.
Interessenten am IPO, wie Börsengänge gerne auf Englisch abgekürzt werden, müssen sich also den vollständigen Verkaufsprospekt für die Aktien bestellen und dies ist schon mal umständlich.
Erhält man von der UBS dann die Unterlagen, wie muula.ch, kommt man bei der Lektüre von 428 Seiten aus dem Staunen aber kaum noch heraus.
Hohe kumulierte Verluste
So machte Galderma in den vergangenen Jahren nur Verlust. Selbst im abgelaufenen Geschäftsjahr 2023 kam die Firma nicht in den positiven Bereich und der Fehlbetrag lag bei 57,2 Millionen Dollar.
Im Jahr 2022 betrug der Konzernverlust rund 98,5 Millionen Dollar. Im Jahr davor lag das Minus bei 156,2 Millionen Dollar.
Die Verluste betragen zusammen 311,9 Millionen Dollar.
Viele Adjustierungen
Der Umsatz stieg zwar rasant von einst 2,7 auf knapp über 4 Milliarden Dollar, wie muula.ch berichtete.
Doch unter dem Strich schaute überhaupt kein Gewinn heraus. Profitabilitätszahlen, die Galderma angab, beziehen sich auf adjustierte Kern-Betriebsergebnisse und bedürfen eines klaren Verständnisses der genauen Anpassungen.
Kumulierte Verlustvorträge werden im Prospekt auf 900,8 Millionen Dollar beziffert. Es lief demnach also auch vor den drei ausgewiesenen Finanzjahren unter dem Vorbesitzer Nestlé nicht gut.
80 Prozent nicht greifbar
In dem Bericht sind bestehende Rechtsstreitigkeiten angegeben und klingen teilweise nicht gut. Und auch die Bilanz müssen sich Investoren genau ansehen. Bei einer Bilanzsumme von rund 12,5 Milliarden Dollar gehen auf der Aktivseite immerhin 5,1 Milliarden Dollar auf Goodwill zurück.
Des Weiteren kommen immaterielle Vermögensgüter von 4,9 Milliarden Dollar hinzu. Rund 80 Prozent der Bilanz besteht also quasi aus nicht greifbarer Luft.
Die Marke Cetaphil steht dabei mit 1,24 Milliarden Dollar in den Büchern. Die Marke Restylane kommt auf einen Wert von 1,14 Milliarden Dollar. Selbst die Marke Galderma ist mit 647,1 Millionen Dollar aktiviert.
Golfaraber und Singapur
Die totalen Verbindlichkeiten belaufen sich auf 7,1 Milliarden Dollar – das meiste sind Finanzschulden. Dafür zahlte Galderma im Jahr 2023 über eine halbe Milliarde, nämlich 526,4 Millionen Dollar, an Zinsen.
Mit dem Börsengang sollen Schulden abgelöst werden, was für neue Eigentümer aber nur bedingt einen Sinn ergibt, dafür Geld in ein neues Investment einzuschiessen.
Das Konsortium um die Altaktionäre enthält neben EQT über die Sunshine SwissCo AG in Zug auch Araber der Abu Dhabi Investment Authority. Der wirtschaftlich Berechtigte von Auba Investment und GIC ist die Regierung von Singapur. Es trennt sich also ein illustres Publikum teilweise von Galderma.
Auffallende Order
Und abschliessend lohnt sich noch ein Blick auf den ersten Handelstag an der SIX. Von den rund 10,9 Millionen gehandelten Aktien gingen fast eine Million Stück gleich um 9:01 Uhr für 61 Franken je Titel über den Tresen.
In quasi in letzter Minute vor Handelsschluss gab es um 17:31Uhr für 64 Franken je Aktie aber die grösste Order – nämlich rund 2,44 Millionen Stück. Zur Eröffnung und zum Ende passierten also über 30 Prozent des ganzen Galderma-Aktienhandels.
Wenn Alteigentümer sich von ihren Investitionen verabschieden, müssen neue Investoren also besondere Vorsicht walten lassen.
25.03.2024/kut.
