Die Fluggesellschaft Qatar Airways hat im Wettbewerb um das beste Produkt in den Lüften einen weitreichenden Entscheid gefällt. Es geht um eine alte Streitfrage.
Viele Flugpassagiere denken fälschlicherweise, der grösste Unterschied bei Service, Comfort und Reiseerlebnis läge zwischen Economy- und der Business-Class.
Doch wer einmal im Ultra-High-End von Fluggesellschaften unterwegs war, weiss, dass die grösste Distanz eigentlich zwischen der Business- und der First-Class liegt.
Viel Platz und viel Privatsphäre
Diese zwei Premium-Klassen bieten ein Flugerlebnis, das über das Gewöhnliche hinausgeht. Ein genauer Blick auf die Annehmlichkeiten und den Luxus, den jede Klasse bietet, macht eben dort den grossen Unterschied.
In den Oasen des Luxus der First-Class überbieten sich gerade die Airlines aus Asien, wie Singapore Airlines, Thai Airways und All Nippon Airways, oder aus der Golfregion um Emirates, Qatar Airways und Etihad.
Dies geht mit der Grundeinrichtung von privaten Suiten oder Einzelkabinen los, die überschwänglich viel Raum zum Entspannen, Arbeiten sowie Schlafen bieten und dabei auf absolute Privatsphäre setzen. Etihad setzt sogar auf eine Mehrzimmerwohnung in den Lüften mit ihren «Residences».
Fünf-Sterne-Hotels in der Luft
Komfortable Sitzgelegenheiten und Betten sowie geräumige Badezimmer, teils mit Duschen an Bord, sorgen für ein exklusives First-Class-Flugerlebnis. Hochwertige Bettwäsche, Kissen und Decken sollen den Komfort von Fünf-Sterne-Hotels nachempfinden.
Die kulinarischen Erlebnisse in der First-Class sind von höchster Qualität und bieten eine breite Palette von Gourmet-Speisen und erlesenen Getränken. Champagner um Dom Pérignon oder Krug, edle Bordeaux-Weine und eine Auswahl an exquisiten Köstlichkeiten um Rinderfilets oder tropischen Fischen tragen zu einem unvergesslichen Gastronomieerlebnis bei.
Passagiere werden dabei von speziell geschulten Flugbegleitern begleitet, um einen aussergewöhnlichen und persönlichen Service zu bieten.
Massagen vor Abflug
Um noch ein Stockwerk im High-End draufzusatteln, bieten Fluggesellschaften den First-Class-Passagieren schon am Boden mit exklusiven Lounges ein hochwertiges Erlebnis, um mit Essen in Michelin-Star-Qualität und Luxusgetränken den Luxus-Passagieren die Wartezeit am Flughafen angenehmer zu gestalten.
Bei Thai-Airways bekommen First-Class-Passagiere in Bangkok sogar vor dem Abflug eine einstündige traditionelle Thai-Massage und schweben dann förmlich in die Maschinen.
Die First-Class ist eine Welt von Raffinesse und Extravaganz. Dabei kann das Business-Class-Produkt kaum mithalten. Das Problem der Airlines ist allerdings dabei, dass es nicht genügend gutzahlende First-Class-Passagiere gibt.
Kunst des Reisens erkannt
Auf der anderen Seite hat die Business-Class zweifellos eine beeindruckende Transformation erfahren. Von der Einführung geräumiger Sitze mit Liegefunktion bis hin zur Schaffung von Mini-Büros in der Luft ist die Business-Class ein Magnet für Geschäftsreisende und Vielflieger geworden.
Die Privatsphäre spielt mittlerweile genauso eine grosse Rolle, wie hochauflösende Bildschirme, schnelles WLAN und edle Speisen sowie Getränke. Die Business-Class hat die Kunst des Reisens aufgewertet und bietet zumindest einen Hauch von Luxus.
Doch nun hat die Golfairline Qatar Airways entschieden, dass sie ihre neuen Flugzeuge nicht mehr mit First-Class-Abteilen ausstattet. Weltweit wird seither wieder heftig die alte Streitfrage diskutiert, ob es First-Class überhaupt braucht oder ob nicht Business-Class ausreichend sei.
Zürich im Anflug
Qatar-Airways-Chef Akbar Al Baker hat für sich festgelegt, dass das neue Qsuite-Produkt der Business-Class genauso gut wie First-Class ist.
Nun muss man allerdings dazusagen, dass die First bei Qatar-Airways nicht das Nonplusultra der Luxusklasse ist. Zwar gibt es viel Platz und einen komfortablen Sitz, aber beim Catering bekommen die First-Class-Passagiere oftmals nur das Business-Angebot.
Wer aber einmal in einer Qsuite geflogen ist, die ab November auch auf der Strecke zwischen Zürich und Doha zum Einsatz kommen, will praktisch nichts anderes mehr fliegen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist absolut top.
Pärchen können sogar zwei Qsuiten kombinieren und im Doppelbett schlafen. Familien können im Vierer-Abteil reisen.
Statt leere Sitze in der First-Class herumzufliegen oder fast ausschliesslich Passagiere zu befördern, die ihre Meilen für ein Upgrade in die First-Class verwendet haben, kommt bei Qatar Airways künftig als höchstes Premium-Produkt nur noch die Qsuite zum Einsatz.
Hohe Auslastung
Bei Lufthansa und Swiss hat man sich aber gerade erst entschieden, die First-Class aufzuwerten, wie auch muula.ch berichtete. Der Chef der Lufthansa-Gruppe Carsten Spohr verwies dabei darauf, dass die First-Class nach der Coronavirus-Pandemie so gut wie noch nie ausgelastet sei.
Ob dies von Dauer so sein wird oder nur ein vorübergehender Zustand ist, weil sich die Menschen nach der Coronavirus-Pandemie mal wieder etwas gönnen wollen, wird sich noch zeigen.
Es könnte aber auch nur sein, dass die Passagiere noch rasch First-Class fliegen wollen, weil sie befürchten, das Produkt bald flächendeckend für immer abgeschafft wird.
Die Debatte über die Notwendigkeit der First-Class gegenüber der Business-Class dreht sich nicht zudem nur um den materiellen Luxus, sondern auch um den Wert, den Reisende auf ihr Erlebnis legen und ob die Airlines damit auch Geld verdienen. Gerade Letzteres ist immer fraglich.
Alternative zum Privatjet
Während einige sich nach der unvergleichlichen Verwöhnung und der opulenten Umgebung der First-Class sehnen, schätzen andere die Effizienz und die Annehmlichkeiten der Business-Class. Die Wahl zwischen den beiden Klassen hängt auch stark von der Flugdauer ab.
Manche Fluggesellschaften vertreten dabei die Ansicht, dass ein Premium-Carrier auch eine First-Class braucht. Andernfalls sei ihre Anziehungskraft bei der Kundschaft nicht so gross.
Qatar Airways hat sich jedenfalls entschieden, die Differenz zwischen Business-Class und First-Class so kleinzumachen, dass es kaum noch materielle Unterschiede gibt.
Die cleveren Airline-Manager der Golfairline wissen wahrscheinlich, dass die wenigen First-Class-Passagiere in Zukunft ohnehin fast ausschliesslich im Privatjet unterwegs sein werden.
Und in den einzigen grossen Abstand, den es dann noch gibt, also jene Lücke zwischen Economy- und der gehobenen Business-Class, positionieren viele Airlines ein neues Produkt, nämlich die Premium-Economy-Class.
05.08.2023/kut.