30 Prozent des Bundespersonals mit ihrer Arbeit unzufrieden

Der Bund entlässt nicht so schnell seine Belegschaften
Der Bund ist ein vergleichsweise sicherer Arbeitgeber. (Bild: Gerd Altmann / pixabay)

Es ist immer heikel, wenn Chefs ihre Angestellten zu Befindlichkeiten befragen. Der Bund tut es, doch er zieht die falschen Schlüsse.

Die Personalbefragungen des Bundes bei den Beamten sind eigentlich seit Jahren ein Hohn.

Die Bundesverwaltung präsentiert regelmässig fast die gleichen Resultate. Die Bundesbeschäftigten seien zufrieden und würden gerne für den Staat überdurchschnittliche Leistungen erbringen, hiess es dieses Jahr im Communiqué wie auch beispielsweise schon in der Medienmitteilung zu 2021.

Lauschen im Zug

Der Bundesrat nimmt dann die Angaben stets mit Genugtuung zur Kenntnis.

Doch wer mal in die Verwaltung hineinhört oder nur schon von Bern mit einem Zug nach Zürich, Olten oder nach Basel fährt und Telefonate mithört, traut oft seinen Ohren kaum, was die Staatsdiener über ihre Tätigkeiten so alles erzählen und wie das Arbeiten beim Bund tatsächlich ist.

Positive Selbsteinschätzung

In diesem Sinne dürfen die Angaben der jährlichen Befragungen tatsächlich im Grunde nach angezweifelt werden.

Doch der Bund schreibt erst einmal alles positiv: In der 2022er-Version schätzten Bundesbeschäftigte das Commitment, also die Bindung, Identifikation und Engagement, mit dem staatlichen Arbeitgeber leicht besser als im Vorjahr ein.

Auch die Führung durch die direkt vorgesetzte Person und das mobile Arbeiten sei auf Basis einer Stichprobenbefragung etwas positiver geworden.

Auf gutem Niveau

Nachdem das Ergebnis bei der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben im Vorjahr markant gestiegen sei, konnte der Wert in diesem Jahr sogar gehalten werden, hiess es weiter.

Die Werte bezüglich der Einschätzung der psychischen und körperlichen Verfassung seien zwar leicht gesunken, doch sie seien immer noch auf einem guten Niveau, so das Fazit des Bundes.

Unbeantwortete Fragebögen

Doch schaut man in die Zahlenreihe für die vergangenen zehn Jahre, so liegt die Arbeitszufriedenheit praktisch fast konstant bei 70 Prozent. Das heisst aber auch, rund 30 Prozent sind unzufrieden.

Der Rücklauf der Fragebögen mit bloss rund 70 Prozent zeigt zudem, dass sich viele gar nicht an der Umfrage beteiligen und ihnen ihr Arbeitgeber eigentlich völlig egal scheint.

Es ändere sich sowieso nichts, war diesbezüglich mehrmals von Bundesbeschäftigten zu hören und lässt auf Resignation schliessen.

Kein «Hire» und «Fire»

Über 20 Prozent geben bei der Personalbefragung sogar an, dass sie nicht wieder eine Stelle beim Bund wählen würden, wenn sie sich heute entscheiden müssten.

Die Werte sind zwar in den vergangenen zwei Jahren etwas gesunken. Aber dies dürfte mit der Coronavirus-Pandemie und dem Staat als sicherer Arbeitgeber zusammenhängen, weil er nicht sofort jeden feuert.

Probleme aussitzen

Den Punkt «Meine Arbeitssituation ermöglicht es mir, Arbeit und Privatleben in Einklang zu bringen», schätzen immerhin rund 25 Prozent als nichtzutreffend ein.

Ein Viertel der Befragten verneinte sogar die Frage, in «meiner Verwaltungseinheit kann flexibel gearbeitet werden». Das sind deutlich mehr als eine externe Benchmark des Bundes.

Die Frage, ob die oberste Führungsebene der Verwaltungseinheit die dringendsten Probleme angehe, beantworten bloss 59 Prozent mit einem «ja».

Da dürfen Bürger schon fragen, ob die Prioritäten bei den Leitungsgremien des Bundes stimmen, wenn über 40 Prozent die eigenen Mitarbeiter ein solch negatives Urteil bei diesem Aspekt fällen.

Fehlende Rückmeldungen

«Der oder die direkte Vorgesetzte geben klare Ziele» verneinen fast 25 Prozent, obwohl die externe Benchmark hier nur bei 16 Prozent liegt. Da gäbe es also doch sicher etwas zu verbessern.

«Der oder die Vorgesetzte gibt regelmässig Feedback zu meiner Arbeitsleistung» liegt auch nicht über der Norm.

Und auch zu dem Punkt mit den Vorgesetzten erzählen Bundesangestellte wilde Storys. Klar, weiss man nicht, ob das alles so stimmt. Allerdings scheinen die Leute, wenn sie überhaupt Feedback von ihren Chefs erhalten, sich nicht korrekt eingeschätzt zu fühlen.

Verbot von Homeoffice?

Pickt man noch das mobile Arbeiten aus der Befragung heraus, so fällt auf, dass die Zahl jener, die Homeoffice & Co. mehrmals pro Woche nutzen, nunmehr von 48 auf 41 Prozent eingebrochen ist. Rund 64 Prozent gaben zudem an, mehr Arbeiten etwa von zu Hause aus erledigen zu wollen.

Und genau diesen Umstand hört man auch nicht selten aus der Verwaltung. Offenbar wollen Bundesarbeiter lieber vom Homeoffice aus arbeiten, dürften es aber aufgrund von Anweisungen ihrer Chefs gar nicht mehr.

Der Bund zahlt viel zu hohe Löhne, wie auch muula.ch neulich berichtete, und als Grund wird die überdurchschnittliche Qualifikation des Personals für die entsprechenden Tätigkeiten angegeben.

Dies deckt sich zumindest auch mit der Umfrage, denn hohe 84 Prozent der Belegschaft gaben an, den Herausforderungen der Digitalisierung gewachsen zu sein.

Hoffen auf 2023

Für die Personalbefragung 2022 wurden von den knapp 40.000 Angestellten des Bundes vom 17. Oktober bis 11. November 2022 in einer Stichprobenbefragung rund 1’500 Mitarbeitende befragt.

Im Jahr 2023 soll nun eine Vollbefragung mit Ergebnissen bis auf Ebene der Verwaltungseinheiten stattfinden, die dann hoffentlich auch zu kritischeren Schlussfolgerungen in der Teppichetage sowie beim Bundesrat führt.

22.12.2022/kut.

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