Der Basler Pharmakonzern Novartis hat im abgelaufenen Geschäftsjahr deutlich weniger Gewinn erzielt. Es zeigt sich, dass man Tafelsilber nur einmal verhökern kann.
Die Akrobatik mit Kennzahlen beim Basler Pharmakonzern Novartis ist beachtlich. Für das Geschäftsjahr 2022 sei der Wachstumskurs fortgesetzt worden, jubelte das Unternehmen am Mittwoch.
Die Ergebnisse 2022 kommentierte der Chef von Novartis, Vas Narasimhan, mit den Worten, dass sein Konzern auf dem besten Weg sei, ein ausschliesslich auf innovative Arzneimittel fokussiertes Unternehmen zu werden, das einzigartig positioniert sei, um von seiner globalen Präsenz sowie seinen Forschungs- und Entwicklungsplattformen zu profitieren.
Nur Potenzielles
Der Nettoumsatz 2022 zu konstanten Wechselkursen sei um vier Prozent gestiegen und das operative Kernergebnis mit stabilen Wechselkursen habe sich um acht Prozent verbessert, hiess es weiter.
In einer Fussnote teilte der Pharmakonzern aber sogleich mit, dass es sich bei diesen Angaben um «potenzielle Umsätze» handle und Werte zu konstanten Wechselkursen sowie Kernergebnisse keine definierten Angaben gemäss dem Rechnungslegungsstands IFRS seien.
In Tat und Wahrheit schaut der Jahresabschluss von Novartis nämlich ziemlich schlecht aus, wie muula.ch herausfand. Der Nettoumsatz sank im vierten Quartal um 4 Prozent auf 12,7 Milliarden Dollar. Im Gesamtjahr ging es bei den Einnahmen um 2 Prozent auf 50,5 Milliarden Dollar nach unten.
Nur Minuszeichen
Das Betriebsergebnis reduzierte sich im vierten Quartal um 24 Prozent auf 1,9 Milliarden Dollar. Auf das ganze Jahr gesehen sank der operative Gewinn um 21 Prozent auf 9,2 Milliarden Dollar. Da halfen auch die Adjustierungen zu konstanten Wechselkursen wenig.
Denn sowohl die Quartalszahlen als auch die Jahresresultate gingen immer noch um 14 beziehungsweise 13 Prozent in die Knie.
Unter dem Strich brach der Reingewinn im letzten Quartal um gigantische 91 Prozent auf 1,5 Milliarden Dollar sowie im Gesamtjahr um 71 Prozent auf rund 7 Milliarden Dollar ein.
Anpassungen helfen wenig
Was ist passiert? Im Vorjahr hatte Novartis seine Beteiligung am anderen Basler Pharmakonzern Roche reduziert und dabei Mega-Gewinnsteigerungen erzielt.
Doch selbst wenn man auf die Zahlenakrobatik ohne den Einfluss der Verkaufsaktivitäten des Tafelsilbers um die Roche-Beteiligung blickt, sieht es nicht gut bei Novartis aus.
Klar, an den Rückgängen beim Nettoumsatz und dem Einbruch des operativen Gewinns ändert sich nichts, weil die Roche-Beteiligung damit nichts zu tun hatte.
Der Reingewinn wäre aber im vierten Quartal immer noch um 12 Prozent auf 1,4 Milliarden Dollar ohne die Erträge von Roche gesunken.
Für das Gesamtjahr 2022 liegt der Konzerngewinn von den besagten 7 Milliarden Dollar im Vergleich mit den Vorjahresresultaten ohne den Roche-Ertrag immer noch 20 Prozent unter Wasser.
Umstrukturierung kostet
Als Hauptursachen für die Rückgänge gibt der Konzern höhere Restrukturierungskosten (1,2 Milliarden Dollar) vor allem im Zusammenhang mit der angekündigten Straffung des Unternehmensmodells, höhere Wertminderungen (1,0 Milliarden Dollar) sowie niedrigere Veräusserungsgewinne (0,6 Milliarden Dollar) an.
Der Verwaltungsrat von Novartis schlägt für 2022 trotz des Mega-Gewinneinbruchs dennoch eine Dividende von 3,20 Franken pro Aktie vor. Dies würde einer Erhöhung um 3,2 Prozent gegenüber der Vorjahresdividende entsprechen, hiess es im Communiqué.
Es wäre zudem seit der Gründung von Novartis im Dezember 1996 die 26. Dividendenerhöhung in Folge. Zumindest hierbei wollte der Basler Pharmakonzern keine Unterbrechung bekanntgeben müssen.
Börse reagiert negativ
Die Investoren reagierten auf all dies erschrocken und der Aktienkurs der Novartis-Titel sank am Mittwochvormittag um rund 2,5 Prozent auf 80,44 Franken je Titel.
Das Schwergewicht Novartis im Schweizer Aktienindex SMI zog das Barometer gleichzeitig fast um 1 Prozent nach unten.
01.02.2023/kut.