
Der Clariant-Konzern war zu einer happigen Geldbusse verdonnert worden. Doch mit einer Klage wehrte sich das Chemieunternehmen erfolgreich.
Die ganze Whistleblower-Affäre beim Spezialchemiekonzern Clariant hat auch seine guten Seiten.
Ad-hoc-Publikationen im Fokus
Die Sanktionskommission der Schweizer Börse SIX hatte das Baselbieter Unternehmen wegen Verletzungen zur Ad-hoc-Publizität zu einer vergleichsweise hohen Gesamtbusse von 500.000 Franken ausgesprochen.
Damals standen die Vorwürfe im Raum, eine Ad-hoc-Mitteilung im Zusammenhang mit der im Winter 2021/22 laufenden Untersuchung von Bilanzierungsfragen vom 14. Februar 2022 zu spät und den Geschäftsbericht 2021 nicht mittels Ad-hoc-Mitteilung publiziert zu haben.
Normalerweise kommen Firmen mit ein paar Tausend Franken davon.
Genugtuung am Ende
In der Folge erhob Clariant AG allerdings gegen die Vorwürfe eine Klage beim Schiedsgericht der SIX Group.
Mit Entscheid vom 28. Februar 2025 habe das Schiedsgericht entgegen der Sanktionskommission festgestellt, dass die Ad-hoc-Mitteilung vom 14. Februar zeitgerecht erfolgte, gab der Regulierungsarm der SIX, die SER, bekannt.
Das Schiedsgericht habe die entsprechende Geldstrafe aufgehoben, hiess es weiter. Die Verantwortlichen von Clariant errungen also einen Sieg.
Eigene Boni «boostern»
Für die von der Sanktionskommission festgestellte fahrlässige Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflichten bei der Verbreitung des Geschäftsberichts 2021 kam Clariant aber nicht davon.
Das Schiedsgericht sprach dafür eine Busse von 100.000 Franken aus. Für Verletzungen der Rechnungslegung hatte die Börse auch noch 150.000 Franken an Strafe in einem separaten Verfahren verhängt.
Mitarbeiter von Clariant hatten Rückstellungen anders gebildet, um ihre Boni zu pushen.
Geheimnis um Unterlagen
Da viele Firmen an dem Fall interessiert sein dürften, wollte muula.ch den Sanktionsentscheid aufarbeiten.
Kotierte Unternehmen äussern nämlich häufig Kritik, dass unklar sei, was der Börsenbetreiber eigentlich genau will. Was für bizarre Streitereien da manchmal entstehen, hatte muula.ch in einem anderen Fall geschildert.
Doch die SER gab die Unterlagen zu dem rechtskräftigen Entscheid von Clariant nicht heraus.
Späteres Lernen möglich
Zum Zeitpunkt der Publikation könne sich die SER aufgrund regulatorischer Vorgaben nicht weiter zu der Angelegenheit äussern, teilte ein Mediensprecher auf die Anfrage von muula.ch lediglich mit.
Die Aufschaltung der Entscheide in anonymisierter Form erfolge aber grundsätzlich zeitversetzt, hiess es weiter. Ein genaues Datum wollte die SER nicht nennen.
Somit müssen Interessenten regelmässig auf die Webseite der SER schauen und die Bussenreduktion von 500.000 auf 100.000 Franken suchen.
Damit können Unternehmen mehr zu dem Erfolg von Clariant gegen die SIX erfahren, weshalb die Ad-Hoc-Mitteilung zur Whistleblower-Affäre doch zeitgerecht war.
18.04.2025/kut.