Das neue Schweizer Aktienrecht gibt Firmen die Möglichkeit für flexible Kapitalbänder. Holcim spürt nun, dieses nicht eingeführt zu haben.
Der Zementkonzern Holcim hat seinen jüngsten Aktienrückkauf abgeschlossen.
Doch damit ist das Unternehmen bei der Sache noch nicht am Ziel.
Ja von Eigentümern nötig
Rund 12,2 Millionen eigene Titel kaufte Holcim laut einer Medieninformation vom Montag für 1 Milliarde Franken zurück, was rund 2,1 Prozent des Aktienkapitals entspricht.
Nun muss das Management des Baustoffkonzerns aber noch die Aktionäre fragen, ob sie mit der Vernichtung der zurückgekauften Aktien einverstanden sind.
Dafür muss Holcim die Generalversammlung (GV) am 14. Mai 2025 über die anstehende Abstimmung informieren und hat ein separates Traktandum auf der Agenda.
Zurich Insurance zeigt Weg
Viel eleganter wäre es, die Firma hätte das neue Aktienrecht genutzt, welches die Schweiz nach vielen Jahren der Abstimmung unlängst eingeführt hat.
Dies enthält die Möglichkeit eines Kapitalbandes für Kapitalherabsetzungen und Kapitalerhöhungen.
Nach einem Aktienrückkauf, wie ihn Holcim soeben abgeschlossen hat, könnte der Verwaltungsrat per Beschluss die Aktien vernichten, ohne die Aktionäre fragen zu müssen.
Der Versicherungskonzern Zurich Insurance Group machte es unlängst vor und muss bei seinem Aktienrückkauf nicht bis zur nächsten Generalversammlung warten.
Dort kann der Verwaltungsrat an einer nächsten Sitzung einfach die Titel vernichten.
Aktionäre stimmten zu
Die Vorteile dieses flexiblen Kapitalbandes liegen da also auf der Hand und waren in der Vernehmlassung auch unbestritten.
muula.ch wollte daher von Holcim wissen, warum der Konzern diese Möglichkeit quasi verschmäht hat.
«Dies war ein Entscheid zum Zeitpunkt der generellen Anpassung unserer Statuten ans revidierte Aktienrecht», hiess es lediglich von einem Mediensprecher, ohne die Gründe zu nennen.
Die Anpassungen seien von den Holcim-Aktionären an der GV 2023 dann gutgeheissen worden.
Flexibilität vergeben
Holcim steht zwar nicht alleine da, wenn es um die Nicht-Nutzung des Kapitalbandes geht.
Diverse Schweizer Konzerne, darunter die Grossbank UBS, nutzen das neue Aktienrecht diesbezüglich ebenfalls nicht.
Für die Aktionäre wäre die einmalige Delegation solcher Kapitalmassnahmen an den Verwaltungsrat viel weniger Aufwand, als jedes Mal an den Generalversammlungen darüber befinden zu müssen.
Auch das Firmenmanagement würde mit einem Kapitalband eine viel grössere Flexibilität erhalten – und dies nicht nur beim Vernichten zurückgekaufter eigenen Aktien.
Kapitalmassnahmen könnten auch rasch umgesetzt werden, ohne jedes Mal die Eigentümer befragen zu müssen.
Erst einmal Zuschauen
Vielleicht sind die Schweizer Konzerne etwas risikoscheu und wollen erst einmal schauen, wie sich das Kapitalband und die Nutzungsmöglichkeiten bei den Vorreitern entwickeln.
Dies wäre wohl eine typische Schweizer Vorgehensweise. Jahrelang hat das Land um das neue Aktienrecht gekämpft und dann endlich umgesetzt.
Doch das heisst noch lange nicht, dass die vollen Möglichkeiten des Neuen auch genutzt werden, wie der Zementkonzern Holcim eindrücklich zeigt.
17.12.2024/kut.