Der Lonza-Konzern hat zumindest teilweise sein Führungsproblem erkannt. Allerdings fehlt noch die richtige Lösung.
Der Aktienkurs der Basler Lonza-Gruppe ist innerhalb eines Jahres um über 30 Prozent gefallen und doch will die Führung um CEO und Verwaltungsratspräsident (VRP) Albert Baehny nicht erkennen, dass er das Problem statt der Lösung ist.
Von Bier zu Pharma
Die doppelte Führungsspitze in Personalunion, weil ein Konzernchef nach dem anderen gehen muss, ist zum Dauerprovisorium geworden. Am heutigen Freitag gelang der 71-jährige Romand zumindest zu einer Teileinsicht.
Baehny werde sich nicht zur Wiederwahl als VRP stellen, teilte das Chemie- und Pharmaunternehmen in einem Communiqué mit. Der Generalversammlung vom Mai 2024 werde der aktuelle VRP des Bierkonzerns Heineken Jean-Marc Huët vorgeschlagen, hiess es weiter.
Eigenlob vom Vorgänger
Huët, der in der Schweiz aufgewachsen ist und derzeit auch hierzulande lebt, war früher Finanzchef von Unilever und Bristol-Myers Squibb. Er ist derzeit – neben dem Bierkonzern Heineken – noch Chairman der in Private-Equity-Besitz befindlichen Caterer Vermaat Groep.
Seine Wahl werde den Lonza-Konzern auf dem Weg der Transformation begleiten, erklärte der Konzern. Baehny lobte seinen eigenen Entscheid, denn der Manager sei genau der Richtige für die sich ständig wandelnden Märkte und Investoren.
Risiko für die eigene Firma
Doch es ist ein halbherziger Wechsel an der Spitze von Lonza. Baehny werde als CEO erhalten bleiben, hiess es überraschend von dem strauchelndem Konzern, seit die Corona-Impf-Erfolge mit dem Pharmakonzern Moderna auslaufen.
Wenn jemand nicht loslassen kann, so wie Baehny, werden diese Manager selbst zum Risiko für Firmen.
Doppelspitzen, die eigentlich laut guter Corporate Governance verpönt sind, werden zur Gefahr, wenn eine Persönlichkeit in Ungnade fällt. Dann haben Firmen gleich ein Doppelproblem.
«Verdienste» werden verkannt
Als der VRP und CEO die neue Strategie unlängst präsentierte, sackte der Aktienkurs der Lonza-Titel am selben Tag im zweistelligen Prozentbereich ab. Das wäre eigentlich der Zeitpunkt für Baehny gewesen, vollständig den Rückzug einzuleiten, wie muula.ch berichtete.
Christoph Mäder, der Verwaltungsrats-Vize, danke Baehny in der Medienmitteilung für seine Verdienste. Gewiss, in der Coronavirus-Pandemie hat Baehny mit Investitionen in Visp im Oberwallis für Aufsehen gesorgt.
Doch das hätte sicher jeder andere Manager in dieser Situation auch erreicht. Die Verdienste von Baehny sind daher eher unterirdisch – der Konzern ist schlecht aufgestellt.
Fehlentscheid in Visp
In einem separaten Communiqué gab der Konzern einen 50-prozentigen Gewinneinbruch für das abgelaufene Geschäftsjahr auf nur noch 655 Millionen Franken bekannt.
Der Umsatz legte jedoch um 8 Prozent auf 6,7 Milliarden Franken zu. In den Vorjahren hatte Lonza aber zweistellig zugelegt.
Das aktuelle Wachstum ist also alles andere als profitabel. Die Investitionen in Visp ist indirekt ein Fehlentscheid, wenn man die ganzen adjustierten Geschäftszahlen im Jahresbericht 2023 einmal beiseite wischt.
Drei Mandate als Präsident
Ein VRP hat für das langfristige Wohl einer Firma zu sorgen. Wenn das langfristige Wohl aber vom Abgang des Hauptdarstellers abhängt, wird es für Unternehmen schwierig, weil es die Person selbst erkennen muss.
Wie viel Zeit der Neue nunmehr neben zwei VRP-Posten für Lonza aufbringen kann, um CEO Baehny auf die Finger zu schauen, steht aber bereits wieder in den Sternen. Und wie Huët kontrollieren will, dass Baehny seine eigene Strategie korrekt umsetzt, ist völlig unklar.
Die Führungskrise des Basler Konzerns kann nur mit einem kompletten Neuanfang ohne Baehny beendet werden. An der Börse kamen die Nachrichten dennoch gut an. Die Lonza-Titel legten gleich zu Handelsbeginn um über zehn Prozent zu.
26.01.2024/kut.