
Der Rohwarenhändler Gunvor will Teile des russischen Erdölkonzerns Lukoil kaufen. Doch die Amerikaner lassen den Milliarden-Deal vorerst platzen.
Es war ein merkwürdiger Schlagabtausch, welchen sich das US-Finanzministerium und der Genfer Rohwarenkonzern Gunvor in den Sozialen Medien lieferten.
Lizenz verweigert
Die USA bezichtigten den Energiehändler seiner Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin, und daher dürfte das Unternehmen die Auslandsaktivitäten des russischen Erdölkonzerns Lukoil nicht kaufen.
Seit dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine ist Lukoil mit Sanktionen belegt, weshalb das US-Finanzministerium an Gunvor keine Lizenz für das Betreiben der Lukoil-Aktivitäten erteilen würde, so der Schlagabtausch.
Von Russland distanziert
Zuvor hatte Gunvor ein Übernahmeangebot für die Auslandsaktivitäten von Lukoil um Raffinerien in Bulgarien und Tankstellen in Rumänien gemacht.
Umgehend reagierte das Unternehmen auf die Angaben in den Sozialen Medien und wies die Darstellung, zu nah beim Kreml zu sein, zurück.
Das US-Finanzministerium sei bezüglich Gunvor fundamental falsch informiert und liege auch falsch, hiess es etwa. Gunvor sei bezüglich seiner Besitzverhältnisse und Geschäfte stets transparent, erklärte der Rohstoffhändler.
Seit über einer Dekade habe sich der Konzern von Russland distanziert, den Ukraine-Krieg verurteilt und seine Assets in Russland verkauft.
Swift sieht alle Dollar-Transaktionen
Doch die Vorwürfe, eine Marionette des Kremls zu sein, kann der Eigentümer Torbjörn Törnqvist nicht ganz entkräften.
Er gründete den Konzern mit Gennadi Timtschenko, der als Putin-Freund gilt. Törnqvist übernahm kurz vor den Sanktionen bezüglich der Krim-Annexion die Firmenanteile des Russen und besitzt somit Gunvor fast vollständig.
Das US-Finanzministerium kann über den Dollar alle Geldflüsse der Welt kontrollieren, denn jede Transaktion ist beim Zahlungssystem Swift für die Amerikaner einsehbar.
Daher sagen die Amerikaner, dass Putin sogar selbst von Gunvor profitiere.
Nur Aufschub der Gespräche
muula.ch bat Gunvor um eine Stellungnahme an. Der Genfer Rohwarenkonzern erklärte zur Situation, was er schon in den Sozialen Medien verbreitet hatte.
Doch das Unternehmen zeigte sich erfreut, die Missverständnisse mit den Amerikanern aus dem Weg räumen zu können.
«In der Zwischenzeit zieht Gunvor sein Angebot für Lukoils internationale Assets zurück», erklärte ein Mediensprecher.

Damit ist klar, dass hinter den Kulissen weiterverhandelt wird.
Der Deal soll zwischen 10 und 22 Milliarden Dollar gross sein. Niemand weiss die Zahlen genau, und Gunvor-Präsident Törnqvist gab sich in einem Interview mit der Agentur «Bloomberg» auch diesbezüglich bedeckt.
Allerdings zeigte er sich optimistisch, dass die US-Behörden mit der Übernahme positiv gestimmt werden könnten.
Geldnot im Kreml?
Die Transaktion ist womöglich nicht geplatzt, sondern die Amerikaner treiben nur den Preis in die Höhe, für den die Schweizer das Lukoil-Auslandsgeschäft kaufen dürfen.
Warum verkauft Lukoil seine Besitzstände im Ausland eigentlich?
Nun, da ranken sich die Argumente von Geldnot im Kreml bis hin zu möglichen Sanktionen. Neben Gazprom, Rosneft & Co. agieren oft unbehelligt, weil sich der Westen nicht mit Sanktionen ins eigene Fleisch schneiden will.
Bald Sanktionen für Lukoil
Der viel kleinere Lukoil-Konzern könnte aber bald von Sanktionen betroffen sein und da wollen die Russen zuvor noch ihre Besitztümer in sichere «Schweizer Häfen» bringen.
Andernfalls könnte es nämlich bei dem Sanktionsschritt zu Verwerfungen am Erdölmarkt kommen, was auch die Amerikaner ganz klar nicht wollen.
Doch ein bisschen mehr Geld dürfte es für die Lukoil-Auslands-Assets aus der Schweiz schon noch sein, selbst über eine Schlacht in den Sozialen Medien.
Und wie hoch die Zahlungsbereitschaft von Gunvor sein dürfte, wissen die USA über ihre Inspektionen bei der Schweizer Rohstoffbranche genau.
08.11.2025/kut.






