Die USA führen regelmässig Inspektionen bei Treuhändern in der Schweiz durch. Diesmal nahmen sie Deloitte unter die Lupe und wurden fündig.
Seit Jahren kommen die Amerikaner in die Schweiz und kontrollieren die hiesigen Treuhänder, ob sie ihre Arbeit auch korrekt machen.
Diesmal nahmen sie den Wirtschaftsprüfer Deloitte Schweiz unter die Lupe und fanden tatsächlich Schwachstellen.
Risikobasierter Ansatz
Dies geht aus dem aktuellen Report der US-Behörde PCAOB zu ihrer Inspektion in der Schweiz hervor, der in der Nacht auf den heutigen Dienstag veröffentlicht wurde.
Demnach führten die US-Inspektoren im Jahr 2022 ihre Kontrollen mittels eines risikobasierten Ansatzes durch.
Dabei pickten die Amerikaner die Prüfungshandlungen von Deloitte Schweiz bei drei Firmen heraus und gingen dann dort in die Tiefe.
Warnzeichen ignoriert
Bei einer dabei kontrollierten Handlung führte das Auftragsteam von Deloitte ein Verfahren durch, um festzustellen, ob es sich um kritische Prüfungsangelegenheiten handelte.
Doch dabei liessen die Schweizer Wirtschaftsprüfer bestimmte Angelegenheiten ausser Acht, die aber dem Prüfungsausschuss des Emittenten mitgeteilt worden und die für den Jahresabschluss wesentlich waren.
In diesem Fall habe Deloitte Schweiz gegen Regeln verstossen, wenn der Prüfer dann einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt.
Nur Stichprobe ausgewertet
Diese Nichteinhaltung bedeute zwar nicht zwangsläufig, dass andere kritische Prüfungsangelegenheiten im Bestätigungsvermerk hätten mitgeteilt werden müssen, schränkte das PCAOB selbst ein.
Jedoch sei der Vorfall ein klarer Missstand bei den Prüfungshandlungen, hiess es weiter.
Deloitte gelobt Besserung
Die publizierten Reports der Amerikaner werden aber meist nicht konkreter, wie schon der vorangegangene Bericht zu KPMG Schweiz zeigte, weil sie zwischen den Ländern und den betroffenen Firmen meist noch «weichgespült» werden. Das ist auch der Grund, weshalb die Berichte nur mit grosser Verspätung publiziert werden.
Schliesslich sind solche Qualitätsmängel ein gewaltiger Image-Schaden für die Betroffenen. Kommentare auf die gefundenen Schwachstellen würden aber ohnehin nicht publiziert, hiess es diesbezüglich vom PCAOB.
Deloitte Schweiz zeigte in einem Schreiben an die Amerikaner jedoch Reue und erklärte, dass der Treuhänder die Punkte mit den Verantwortlichen aufgenommen und Massnahmen in die Wege geleitet habe, damit künftig die Standards erfüllt würden.
Selbst China verärgert
Die Amerikaner vertrauen vielen Ländern nicht, wenn es um die Testate von Jahresabschlüssen geht. Daher führen sie in zahlreichen Staaten selbst Inspektionen bei Wirtschaftsprüfern durch, wie auch muula.ch über die Wiederaufnahme der US-Inspektionen in der Schweiz nach der Coronavirus-Pandemie berichtete.
Die gefundenen Missstände von den USA in China, die weltweit für Aufsehen sorgten und chinesische Firmen an der Schweizer Börse SIX unter Druck brachten, thematisierte muula.ch ebenfalls.
Probleme viel grösser?
Die zuständige Schweizer Behörde, die Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde RAB, dürfte kaum erfreut darüber sein, dass die Amerikaner nun in der Schweiz diese Defizite aufgedeckt haben.
Eigentlich sollte die RAB solchen Missständen im eigenen Lande vor den USA auf die Schliche kommen.
Und der stichprobenartige Ansatz der Amerikaner bei den Inspektionen könnte sogar bedeuten, dass die Schwachstellen in der Schweiz viel grösser sind, weil die Kontrollen gar nicht alle Qualitätsprobleme entdecken.
17.10.2023/kut.