Ein aktivistischer Investor greift den Softwarehersteller Temenos an. Dieser ermöglicht aber sogar schnelle Gewinne mit fallenden Kursen.
Der Softwarekonzern Temenons, der Computerprogramme für hunderte von Banken herstellt, leidet unter einer Attacke des aktivistischen Investors Hindenburg Research. Die Genfer Firma macht den Angriff aber auch leicht möglich.
Vorwürfe entkräften
Dies wird an der Reaktion des Managements deutlich, welche seit dem Bekanntwerden des Angriffs am 15. Februar erfolgten. Erst gab es nur ein Statement der Firma mit vagen Aussagen zu den Vorwürfen.
Die fast 50 Seiten an «Research» liessen sich aber zum Teil sehr leicht als Unsinn widerlegen. Doch das Management von Temenos drückte sich um klare Aussagen und machte es dem Angreifer einfach.
Weiterer Gegner
Der Aktienkurs gab nämlich umgehend rund 30 Prozent nach, was Hindenburg Research in die Hände spielte, denn der Investor hatte mitgeteilt, bei Temenos auf fallende Aktienkurse gesetzt zu haben. Die Wette ging somit auf.
Die Aktien von Temenos wurden dann sogar vom Handel ausgesetzt und nach Wiederaufnahme des Handels ging es gleich wieder bergab.
Der aktivistische Investor Petrus Advisers schloss sich den Vorwürfen von Hindenburg Research später noch an.
Viele vage Aussagen
Zur Bekanntgabe der Jahresergebnisse 2023 am gestrigen Montagabend wurde erneut klar, wie leicht Temenos sich zur Zielscheibe von solchen Investoren macht.
So erklärte Verwaltungsratspräsident Thibault de Tersant mit weichem französischem Akzent auf Englisch gleich zu Beginn der Veranstaltung ein paar Worte zur Situation.
Dies hätte aber in die Tagesordnung aufgenommen werden müssen. Zu Beginn der Erklärung war nicht einmal klar, wer da jetzt sprach.
Zudem wolle das Temonos-Management nunmehr zwei renommierte Anwaltskanzleien in den USA und in der Schweiz mit einer unabhängigen Untersuchung beauftragen.
Gleichzeitig sollen bekannte Wirtschaftsprüfer die Vorwürfe untersuchen. Aber das hätte auch alles konkreter sein müssen.
Unsicherheit muss weichen
Fragen, bis wann die Untersuchungsergebnisse vorliegen, konnte de Tersant genauso wenig beantworten, wie die Frage nach den Namen der unabhängigen Kontrolleure.
Dies wäre in einer solchen Situation mit viel Unsicherheit aber sehr wichtig gewesen.
Zum Investorentag am heutigen Dienstag wiederholte der Verwaltungsratspräsident die vagen Aussagen erneut. Vielleicht hätte ein Muttersprachler im Wall-Street-Englisch das Ganze sogar besser herübergebracht.
Friedhof an Zahlen
Was Shortseller noch gerne als Argument gegen ihre Opfer in den Händen halten, sind Vorwürfe nach unklaren Angaben in den Reports.
Beim Softwarehersteller Temenos wimmelte es dann auch zur Präsentation des Jahresergebnisses sowie zum heutigen Investorentag nur so von «Non-IFRS»-Kennzahlen. Diese können Firmen jedoch definieren, wie sie wollen.
Fast logisch finden Shortseller die Interpretationen dann auch nicht in Ordnung. Bei Temenos unterscheiden sich diese Werte aber kaum von den IFRS-Kennzahlen, insofern stiften sie eher Verwirrung als mehr Klarheit.
Vorbereitete Stützen fehlen
Was bei Temenos noch fehlt, sind etwa Aussagen von Kunden, welche die Software des Genfer Herstellers installiert haben und nun der Firma mit viel Lob den Rücken stärken.
Solche Statements haben viele Firmen für den Fall der Fälle vorbereitet – bei Temenos fehlt dies, analog zu den Namen der Anwälte und der unabhängigen Wirtschaftsprüfer für die Sonderuntersuchung.
Hängepartie beim CEO
Last, but not least, müsste Temenos auch im Führungsgremium viel besser auf solche Angriffe vorbereitet sein. So ist seit gefühlten Ewigkeiten die Suche nach einem CEO im Gang.
Der vorhergehende Verwaltungsratspräsident Andreas Andreades sprang als Konzernchef ein. Es bräuchte keine Hängepartie, sondern klare Personalentscheide.
Abwehrstrategie vorbereiten
Obendrein ist in Schweizer Aktiengesellschaften ein Austausch von Verwaltungsräten mittlerweile sehr leicht möglich. Die Wahlen sind nur auf ein Jahr ausgerichtet – auch das spielt Angreifern eher in die Hände.
Firmen müssen gute Abwehrstrategien für solche Angriffe im Vorfeld entwickeln. Es geht nicht, erst in der Krise anzufangen, länger nachzudenken.
Und wie es Temenos insgesamt so unbeholfen macht, sollten es andere Unternehmen eher nicht tun.
20.02.2204/kut.