Topmanager mit einem grossen Ego schaffen es zwar auf die Titelseiten von Magazinen. Doch ihre Firmen könnten extrem leiden, wie eine bekannte Ökonomin mit einer neuen Theorie herausgefunden hat.
Fast jeder denkt, je mehr es ein Topmanager oder eine Topmanagerin in die Medien schafft, desto besser sei es für das Unternehmen.
Doch weit gefehlt, wie die bekannte Wirtschaftswissenschafterin Ulrike Malmendier herausgefunden hat.
Viele Auszeichnungen
Sie ist Wirtschaftsprofessorin an der renommierten University of California in Berkeley und Mitglied des Sachverständigenrates der deutschen Regierung, also eine sogenannte Wirtschaftsweise.
Malmendier fand wissenschaftlich heraus, dass Topmanager mit zu grossem Ego ihren Unternehmen schaden könnten.
Diese «Superhero-CEOs» hätten in ihrer Karriere beispielsweise Vieles richtig gemacht, seien mit Preisen überhäuft worden und hätten es auf die Titelseiten von Magazinen geschafft, umschrieb sie den Personenkreis gegenüber der Zeitung «Welt am Sonntag».
Umschlag in Selbstüberschätzung
Der Tesla-Gründer Elon Musk gehöre sicher zu den Superstars, wobei er nicht nur Manager, sondern auch Gründer und Eigentümer sei, sagte sie.
«Sein Ego scheint in der Tat besonders gross und an einem gewissen Punkt offenbar in Selbstüberschätzung umgeschlagen zu sein», erklärte die Wirtschaftsprofessorin.
Gefährlicher Punkt
Gefeierte Manager hätten viele gute Entscheide getroffen und bekämen wegen ihres Erfolges irgendwann intern den Status von Unangreifbaren.
«Nach 15 richtigen Entscheidungen wird die 16. von niemandem mehr infrage gestellt. Und dann wird es gefährlich», so der Tenor.
Superstar-CEOs verbrennen sogar Börsenwert, was die Wirtschaftsprofessorin in unterschiedlichen Studien nachweisen konnte, da Super-Firmenchefs plötzlich mehr Zeit mit Dingen verbrächten, die nicht zum Kerngeschäft ihrer Unternehmen gehörten.
Überteuerte Zukäufe tätigen
«Sie sitzen in allzu vielen Aufsichtsräten anderer Firmen, spielen Golf und schreiben ihre Autobiografie. Und noch etwas: Manager, die nach vergangenen Erfolgen zur Selbstüberschätzung neigen, gehen häufiger auf Einkaufstour», sagte Malmendier.
Diese Heros fügten ihren Firmen zusätzliche Unternehmensteile hinzu und zahlten dafür häufig überhöhte Preise.
Neue Erklärungsansätze
Solche Schwächen zeigen sich laut der Expertin daran, dass die Finanzmärkte auf die Übernahmeabsichten der Top-Manager mit grosser Hybris mit viel grösseren Kursabschlägen reagierten als bei den «normaleren» Chefs. Die Elon Musks & Co. machten also auf einen Schlag praktisch schlechtere Geschäfte.
«Ich würde da gar keine böse Absicht unterstellen», betonte die Wirtschaftsprofessorin. Darin unterscheide sich nämlich die moderne Verhaltensökonomie von traditionellen Erklärungsansätzen.
«Die traditionelle Ökonomie erklärt negative Ergebnisse meist damit, dass die Interessen von Managern und Eigentümern oft auseinandergehen – das Prinzipal-Agent-Problem.»
Das Falsche tun
Danach sei der Manager gerne König eines grösseren Reiches, weil dadurch sein Gehalt und sein Ansehen stiegen. Dafür würde er bei Zukäufen auch überhöhte Kosten in Kauf nehmen.
«Wir dagegen glauben, dass viele sehr motivierte und erfolgreiche Manager genau das Richtige machen wollen und doch das Falsche dabei herauskommt», sagte Malmendier bezüglich des neuen Erklärungsansatzes.
Erfolg von anderen
«Es ist schon so viel gut gegangen in ihrem Berufsleben. Sonst wären sie ja nicht Chef oder Chefin eines börsennotierten Unternehmens», führte sie weiter aus.
Vor lauter Erfolg berücksichtigten sie dann zu wenig, wie sehr ihnen günstige Umstände in der Vergangenheit geholfen hätten. Dies könnten eine prosperierende Branche, ein gutes Team oder gute Gelegenheiten gewesen sein.
«So etwas unterbewerten besonders selbstbewusste Menschen stark. Dafür überschätzen sie, wie viel Wert sie mit künftigen Projekten, etwa einer Übernahme, kreieren werden. Dadurch schaden sich die Manager letztlich.»
Somit wird auch klar, weshalb die grossen Rating-Agenturen um Standard & Poor’s & Co. etwa Abschläge in ihren Bewertungsmodellen machen, wenn es sich um einen dominanten CEO handelt.
Gegenkräfte installieren
Und auf die Frage, ob sich denn diese Manager mit übergrosser Hybris wieder in die richtige Spur bringen liessen, sagte die Expertin, dass es psychologisch schwer sei, sich jemandem in den Weg zu stellen, der in der Vergangenheit schon viel Erfolg gehabt hatte.
«Daher ist eine gute Corporate Governance schon in guten Zeiten wichtig.»
In den Boards und Aufsichtsräten dürften nicht zu viele Jasager sitzen. Es sei klug, sich auch Kritiker an Bord zu holen, wie muula.ch bereits in einem Interview mit dem Starökonom Bruno Frey über das wichtige Prinzip der Gegenrede berichtete.
Zügel in Zaum halten
«Aber nicht nur ein starker Aufsichtsrat, sondern auch kritische Grossaktionäre, die sich einmischten, können den Chef in Schach halten», führte Wirtschaftsweise Malmendier gegenüber der «Welt am Sonntag» weiter aus.
Bleibt zu hoffen, dass Wissenschafter auch solche Gegenkräfte an ihren Universitäten haben.
11.02.2023/kut.