Starökonom Sinn schockt Rechte der Schweiz

Wirtschaftsprofessor Hans-Werner Sinn an der Universität Luzern
Professor Hans-Werner Sinn hielt einen spannenden Vortrag an der Universität Luzern. (Bild: muula.ch)

Starökonom Hans-Werner Sinn erklärte an der Uni Luzern das Weltgeschehen. Tausende blieben in Schockstarre zurück – ausser Christoph Blocher.

Dies hatten sich das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik IWP an der Universität Luzern und die unterstützenden Kreise der SVP wohl anders vorgestellt.

Sie luden den deutschen Starökonomen Hans-Werner Sinn erneut zum Vortrag ein.

Schweiz unter den Tisch gekehrt

Doch statt in ihrem Sinne zu referieren, fiel der berühmte Wirtschaftsexperte beim Thema Trump und der neuen internationalen Handelsordnung sowie bei Staatsschulden den rechten Kreisen der Schweiz gleich mehrfach in den Rücken.

Dies merkten die über 2000 Zuschauer am Donnerstagabend – teils per Videoübertragung, weil die Räumlichkeiten vom Ansturm an Interessenten zu klein waren – gleich zu Beginn des Vortrages.

Sinn erklärte die Hintergründe zu Trumps Handelskrieg und wie sich dies auf den Aussenhandel auswirkt. Dabei sagte der Professor, dass mit «Deutschland» der deutschsprachige Raum, also auch die Schweiz, subsumiert sei, was viele im Publikum sichtbar verärgerte.

«Kalligraphische Produkte»

Neben diesen kleinen Fauxpas rieben sich die Anwesenden aber auch die Augen, als Sinn die neuen gigantischen Staatsschulden Deutschlands lobte und als Lösung gegen den Trumpsche Angriff auf das Welthandelssystem die «Vereinigten Staaten von Europa» propagierte.

Die USA lebten schon immer über ihre Verhältnisse. Doch das Ausland finanziert ihnen dieses schönere Leben.

Im Gegenzug von Importen aus vielen Ländern zahlten sie einfach mit «kalligraphischen Produkten», wie Wirtschaftsfachmann Sinn das gedruckte Dollar-Geld bezeichnete und für Lacher sorgte.

Grossangelegter US-Plan

Der neue starke Mann im Weissen Haus muss dieses Jahr gigantische US-Staatsschulden refinanzieren, deren Höhe Experte Sinn mit 36.000 Hamburger Elbphilharmonien für je 1 Milliarde veranschaulichte.

Dabei sank zuletzt die Lust der Gläubiger, den USA weiter ihr Leben auf Pump zu ermöglichen. Mit den Strafzöllen auf Importe zwingt Trump die Welt quasi an den Verhandlungstisch.

Ein Land, das kein verarbeitendes Gewerbe hat, habe auch keine Kriegswirtschaft mehr, erklärte der Starökonom. Trump wolle da die USA reindustrialiseren, um gegen Russland, China & Co. wieder mitspielen zu können.

Dabei würden die USA «öffentliche Schutzgelderpressung», wie zuletzt bei der Ukraine gesehen, als Druckmittel ansetzen.

Die Blockchain-Welt erobert China auch viel schneller als das alte Dollar-Swift-Transfersystem. Selbst in der Krypto-Welt wolle Trump wieder die Oberhand gewinnen.

Erholung braucht Zeit

Sinn nahm den Zuschauern, zu denen auch Alt-Bundesrat und SVP-Stratege Christoph Blocher gehörte, selbst die Illusion, dass die von Trump angezettelte Wirtschaftskrise bald vorbeisein könnte.

Ökonomische Anpassungsprozesse während verschiedener Krisen
Ökonomische Anpassungen brauchen ihre Zeit. (Bild: muula.ch)

Das Platzen der Dotcom-Blase oder die Asien- und Lehmann-Krise beziehungsweise die Weltwirtschaftskrise von 1930 dauerten je fast drei Jahre. Nur die Krise um Corona sei Dank des Impfstoffes deutlich kürzer verlaufen, betonte Sinn.

Auch bei dieser Aussage gab es Stirnrunzeln im Saal, wo viele Corona-Impfkritiker sassen.

Last, but not least, entlarvte Sinn auch die Lobbygruppen in kleinen Ländern, die Protektionismus à la Trump umsetzen, wobei sich so mancher im Saal ertappt gefühlt haben dürfte.

Nach Währungs- auch Politikunion

Gegen all die Machtspiele von Trump fand Sinn die gigantischen neuen Staatsschulden Deutschlands, die an der Schuldenbremse vorbeigehen, plötzlich gut und sorgte in konservativen Kreisen für Überraschung.

Das Geld müsse allerdings für Sinnvolles eingesetzt und nicht ans Volk verteilt werden, mahnte der deutsche Starökonom.

Europa müsse zudem als Gegengewicht zu Trump die politische und verteidigungspolitische Union vorantreiben, erklärte Sinn und betonte im gleichen Atemzug, dass er vor vier Wochen selbst noch nicht gedacht hätte, einmal so eine Aussage zu machen.

Die Einheit Europas sei mit dem Euro zwar von hinten aufgezogen worden. Doch nun könnte Europa diesen Missstand mit gemeinsamer EU-Politik beheben, hob der Euro-Kritiker sogar hervor.

EU als Ersatzidentität

Im Saal herrschte nach alldem Positiven über grössere Staatsschulden und Stärkung der EU regelrecht Schockstarre.

Den Anwesenden wurde offenbar klar, dass die Schweiz im Alleingang kaum eine Chance in der neuen Welt habe.

Doch Blocher blieb locker. Auf die Fragen von muula.ch nach dem Vortrag sagte er ganz locker, dass Sinn eben ein deutscher Ökonom sei.

Politiker würden andere Lösungsansätze als Wirtschaftsexperten sehen. Gleichzeitig sei den Deutschen nach dem 2. Weltkrieg die Identität genommen und durch diesen EU-Gedanken ersetzt worden, betonte Blocher.

Schweiz kann für Sicherheit zahlen

Zentralismus führe immer in die Irre, gab sich der SVP-Chefstratege überzeugt.

Die Amerikaner hätten schon immer für die Sicherheit der Schweiz gesorgt, ordnete der Alt-Bundesrat die Situation weiter ein.

Und wenn dies nun etwas kosten würde, sei dies für das Land ein Problem, gab sich der SVP-Chefstratege überzeugt.

11.04.2025/kut.

Starökonom Sinn schockt Rechte der Schweiz

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