Die Schweizerische Nationalbank SNB hat ihre definitiven Resultate für 2022 bekanntgegeben. Es zeigt sich eine fast völlig verkehrte Welt.
Auch für Zentralbanken, die sich gerne in Schweigen hüllen, kommt irgendwann der Tag der Wahrheit.
Am heutigen Montag war für die Schweizerische Nationalbank SNB so ein Tag.
Die Notenbanker um SNB-Direktor Thomas Jordan gaben bekannt, dass ihr Verlust für das abgelaufene Geschäftsjahr nochmal eine halbe Milliarde Franken höher ausgefallen ist, als sie es der Öffentlichkeit bereits zu Jahresanfang provisorisch gebeichtet hatten und muula.ch berichtete.
Gigantische Dimensionen
Nun sind 132,5 Milliarden Franken an Verlust angefallen, eine horrende Summe, wenn man bedenkt, dass im Jahr davor ein Gewinn von 26,3 Milliarden Franken angefallen war. Das ist immerhin eine Verschlechterung von fast 160 Milliarden Franken.
Bezieht man diese auf 365 Tage, so verlor das Team um Jordan jeden Tag fast eine halbe Milliarde Franken, genaugenommen 435 Millionen Franken.
Die Zahl muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.
Sie verdeutlicht aber, mit was für Geldmengen die Notenbanken mittlerweile jonglieren.
Verlust als Erfolg?
Im Jahr 2022 herrschte bei der SNB quasi eine verkehrte Welt. Praktisch überall, wo 2021 noch ein positiver Wert in der Jahresrechnung stand, stehen nun negative Werte.
Da scheint es fast sarkastisch, die grösste Verlustposition mit 131 Milliarden Franken in den Miesen als «Erfolg aus Fremdwährungspositionen» zu bezeichnen. Im Jahr 2021 war hierbei noch ein Gewinn von rund 26 Milliarden Franken angefallen.
Negative Ausschüttung
Klar spiegelt sich in den Zahlen die Geldpolitik der SNB wider. Sie wollte den Franken jahrelang schwächen, schuf deshalb Geld und kaufte weltweit kräftig ein.
Mit den Zinserhöhungen brachen die Kapitalmärkte ein und liessen die von der SNB angehäuften Vermögensgegenstände in ihrer Höhe schmelzen. Das haut eben rein.
Fast lustig sieht die Position «Ausschüttbares Jahresergebnis» bei der SNB aus, denn diese beträgt 142 Milliarden Franken im Minus, nach einem Plus von 17,6 Milliarden Franken im Vorjahr.
Lange Gesichter der Aktionäre
Logisch auch, dass bei einem solch schlechten Jahresergebnis nicht noch Geld ausgeschüttet und Bund, Kantone sowie Aktionäre mit einer Dividende beglückt werden sollen.
Der Tag der Wahrheit kam für die SNB aber noch an einer anderen Stelle. So zeigt die Jahresbilanz, dass die Schweizer Notenbank ein neues Werkzeug für ihre Geldpolitik aktiv nutzt und somit das Instrument offenbar auch braucht.
Ende September 2022 hatte die SNB bekanntgeben, dass sie neu eigene Schuldverschreibungen (SNB Bills) ausgibt und liquiditätsabschöpfende Repogeschäfte einsetzt.
Zuvor hatte sie Tests mit den SNB Bills gemacht. Die haben sich also als brauchbar gezeigt.
Neue Schuldenposition
Gemäss der nun publizierten Bilanz verschuldete sich die SNB auf diese Weise aber mit fast 100 Milliarden Franken, konkret mit 98,2 Milliarden Franken.
Zudem kamen Repro-Geschäfte von rund 67 Milliarden Franken zur Anwendung. All diese neuen Verbindlichkeiten muss die Notenbank auch irgendwann wieder zurückführen. Einfach dürfte dies nicht werden.
Beruhigend stimmt bei all den Verlusten allerdings, dass die SNB zumindest diesmal den Goldbestand von 1040 Tonnen nicht angefasst hat.
Bewährtes behalten
Darauf resultierte immerhin fast eine halbe Milliarde Franken an Bewertungsgewinn, weil der Goldpreis in diesen verrückten Kapitalmarktzeiten um 0,7 Prozent zugelegt hat.
Es ist also nicht alles verkehrte Welt, wenn in unsicheren Zeiten wenigstens das Gold als «Sicherer Hafen» an Wert zulegt.
Dies zeigt, dass auch Notenbanken oftmals nur mit Wasser kochen und irgendwann auch für sie der Tag der Wahrheit zu ihrem «guten Händchen» am Kapitalmarkt kommt.
06.03.2023/kut.