Die SNB will transparent informieren. Dabei verstösst die Schweizerische Nationalbank aber dauernd gegen Bestimmungen der Rechnungslegung, um keine Details nennen zu müssen.
Die Schweizer Notenbank SNB hat am heutigen Montag ihre Semesterresultate publiziert.
Dabei zeigt sich, dass der Gewinn von rund 26,9 Milliarden Franken aus dem ersten Quartal fast zur Hälfte im zweiten Quartal wieder zunichtegemacht wurde und die Zentralbank im ersten Halbjahr bloss noch auf einen Gewinn von 13,7 Milliarden Franken kommt.
Aufwerten des Franken
Hintergrund ist die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank SNB, welche derzeit die Inflation aus dem Ausland mit einer Frankenstärke bekämpft und daher die Heimwährung aufwerten lässt.
Doch dies macht sie auch mit dem Verkauf von Devisen, denn dann bekommt sie Franken dafür und das Angebot wird knapper, was die Währung steigen lässt, wie muula.ch immer wieder berichtete.
Da die SNB ihre Fremdwährungsanlagen aber zu einem Zeitpunkt erworben hat, als sie den Franken schwächen wollte und die Marktwerte noch viel höher waren, macht die Zentralbank nun einen Verlust beim Abgang dieser Vermögensgegenstände. Das tut zwar weh, aber entspricht ihrer unabhängigen Politik.
SNB schränkt Transparenz ein
Gleichzeitig stösst man dabei aber auf noch ein Problem, denn die Notenbanker können dabei eigentlich machen, was sie wollen.
So ignoriert die SNB unter der Führung von SNB-Chef Thomas Jordan zahlreiche Bestimmungen des von ihr gewählten Rechnungslegungsstandards Swiss-GAAP-FER.
Im heute publizierten Communiqué hiess es beispielsweise dazu, dass die Notenbanker in Abweichung von Swiss-GAAP-FER keine Geldflussrechnung erstellten.
Vermeiden von Begehrlichkeiten
Die Rechnungslegung verlangt eigentlich auch den Ausweis des Ergebnisses pro Aktie.
Doch auch da kneift die SNB, denn angesichts der spezialgesetzlichen Bestimmungen für die Nationalbank habe dieser Ausweis keine Aussagekraft, hiess es lediglich mit blumigen Worten.
Beobachter vermuten aber vielmehr, dass die Zentralbank durch das Weglassen der Angabe bloss das Wecken von Begehrlichkeiten vermeiden wolle.
Insbesondere werde der Dividendenanspruch auf höchstens 6 Prozent des Aktienkapitals beschränkt, also auf maximal 15 Franken pro Aktie mit einem Nominalwert von 250 Franken, erklärte die SNB dazu.
Der übrige ausschüttbare Gewinn stehe zu einem Drittel dem Bund und zu zwei Dritteln den Kantonen zu. Vor diesem Hintergrund erfolge keine Offenlegung des Ergebnisses pro Aktie. Ausweisen könnte die SNB diesen Wert dennoch problemlos.
Zusammenfassen von Positionen
Gemäss Standards zur Rechnungslegung müssten auch bedeutsame Geschäfte immer klar und verständlich ausgewiesen werden. Doch auch dabei drückt sich die SNB vor der Transparenz.
Die Position «Gedeckte Darlehen», die gegenüber dem Ende 2022 um 62 Milliarden Franken angeschwollen ist und praktisch nur Covid-Refinanzierungsgeschäfte beinhaltete, wurde einfach in «Gedeckte Darlehen und Darlehen nach Notrecht» umbenannt.
Somit ist nicht klar, wie viel Geld zur untergegangenen Credit Suisse und zur Grossbank UBS per Notrecht floss.
In einer Fussnote gibt die SNB lediglich an, dass die Position auch Forderungen aus den zusätzlichen Liquiditätshilfe-Darlehen mit Konkursprivileg (ELA+) sowie Forderungen aus Liquiditätshilfe-Darlehen mit Konkursprivileg und Ausfallgarantie des Bundes (Public Liquidity Backstop, PLB) subsumiere, die beide auf der Notverordnung des Bundesrats vom 16. März 2023 basierten.
Wie hoch die gigantischen jeweils Staatshilfen sind, erfährt das Volk nicht im Detail.
Ahnungslose Wirtschaftsprüfer
Im Semesterabschluss weist die SNB ausserdem darauf hin, dass die ganzen Angaben ungeprüft seien und die externe Revisionsstelle lediglich den Jahresabschluss prüfe.
Wenn es dann aber um Swiss-GAAP-FER geht, schreiben die Treuhänder um KPMG in ihrem Testat zum Geschäftsbericht 2022 folgenden Passus:
«Sofern zur Berücksichtigung der besonderen Natur der SNB keine abweichenden Bestimmungen definiert sind, orientieren sich die Rechnungslegungsgrundsätze an den Swiss-GAAP-FER».
All dies heisst aber bloss, dass an den Stellen, wo die SNB denkt, das müssen wir niemanden zeigen, selbst ihre Regeln definiert und die Prüfer dies sogar so absegnen, ohne es zu hinterfragen.
Entwicklung der Volkswirtschaft als Massstab
Ein wichtiger Punkt in einem Jahresabschluss sind beispielsweise Rückstellungen. Doch diese bildet die SNB gemäss Nationalbankgesetz, um die Währungsreserven auf der geld- und währungspolitisch erforderlichen Höhe zu halten, hiess es im Geschäftsbericht zum Zweck von Rückstellungen.
«Bei der Bildung der Rückstellungen für Währungsreserven orientiert sich die Nationalbank an der Entwicklung der schweizerischen Volkswirtschaft», schrieb die Zentralbank dann zur Höhe der gebildeten Rückstellungen und dies zeigt, wie schwammig die ganzen Regeln sind.
Die Wirtschaftsprüfer haben bei alldem aber nichts zu melden, weil sich die SNB dabei auf das Nationalbankgesetz beruft.
Abgespeckter Micky-Mouse-Standard
Selbst international ist der Vergleich zwischen Zentralbanken nur sehr eingeschränkt möglich, weil die SNB nicht auf Internationale Rechnungslegungsstandards wie IFRS oder US-GAAP setzt.
Mit Swiss-GAAP-FER nimmt die Schweizer Nationalbank ohnehin ein Regelungswerk, das bloss in der Schweiz genutzt wird und meist auch als Micky-Mouse-Standard bezeichnet wird, weil viele Bestimmungen nur sehr rudimentär sind.
Und von diesem abgespeckten Rechnungslegungsstandard pickt sich die SNB dann auch nur die Rosinen ohne jegliche externe Kontrolle heraus, die ihr genehm sind.
31.07.2023/kut.