Das Kartell der Schweizer Bauern Fenaco muss sich einen neuen Chef suchen. Die Form des Wechsels in der Führung gibt aber zu reden.
Die Helvetia-Versicherung tut es. Die Schweizerische Nationalbank SNB tut es. Und die Agrargenossenschaft Fenaco, der Zusammenschluss Schweizer Bauern, tut es auch.
Berset als schlechtes Vorbild
Die Rede ist von der Unsitte, dass die Chefs zurücktreten, aber das Rücktrittsdatum in ferner Zukunft liegt.
Bestes Beispiel in der Politik war SP-Bundesrat Alain Berset, der sich fast ein ganzes Jahr lang ein lockeres Leben als zurückgetretener Bundespräsident machte und sinnlos in der Weltgeschichte herumflog und damit Steuergelder vergeudete.
Unklare Nachfolge
Bei der Versicherungsgruppe Helvetia trat Philipp Gmür viele Monate vor seinem eigentlichen Rücktritt zurück. Am Ende hatte der Versicherer nicht einmal einen Nachfolger gefunden und Gmür musste noch länger im Amt bleiben.
Bei der Schweizerischen Nationalbank trat am Freitag SNB-Präsident Thomas Jordan am Freitag auf Ende September 2024 zurück, wie muula.ch berichtete.
Beruflich neu orientieren
Und am Freitagnachmittag gab Fenaco bekannt, dass sich Martin Keller, Vorsitzender der Geschäftsleitung der fenaco Genossenschaft, entschieden habe, die Organisation per Ende Juni 2025 zu verlassen.
Nach 13 Jahren an der Spitze der Agrargenossenschaft wolle sich der 54-Jährige beruflich neu orientieren, hiess es. Keller werde sich auf strategischer Führungsebene ausserhalb der fenaco-Landi Gruppe weiterentwickeln.
Abprallen jeglicher Kritik
Während man für den Präsidenten der Schweizer Zentralbank noch Verständnis aufbringen kann, dass er ohne Not einen reibungslosen Übergang in der Führung der SNB gewährleisten will, zumal eine Stelle im Dreier-Führungs-Gremium noch nicht aktiv besetzt ist, liegt die Situation bei den Firmen anders.
Bei Fenaco und Helvetia sind die langen Rücktrittszeiten eher hinderlich, Neues anzustossen und mit Altem abzuschliessen. So prallt an den Zurückgetretenen jegliche Kritik ab, weil sie ja ohnehin schon zurückgetreten sind.
Ein Quartal ist ausreichend
Und eine Neuausrichtung geht ebenfalls noch nicht, weil die scheidenden CEOs ihren Nachfolgern nicht ins Geschäft hineinreden wollen.
Wohl gemerkt, hat niemand etwas gegen zwei oder drei Monate bis zum Ausscheiden eines Topmanagers.
Reibungslose Übergänge müssten in solchen Zeiträumen für hochqualifiziertes Personal durchaus möglich sein.
Verwaltungsrat lässt Unsitte zu
Mit solchen langen Rücktrittszeiten, in denen sich die Manager weiterhin ihre Topsaläre und Pensionsansprüche sichern, herrscht allerdings Stillstand in den Organisationen.
Hinzu kommt lange Unsicherheit um eine Hängepartie, wie es mit den Organisationen führungstechnisch weitergeht.
Eigentlich dürften die Aufsichtsgremien solch unsägliches Gebaren nicht zulassen. Doch auch so mancher Verwaltungsrat ist schon auf diese Weise «zurückgetreten».
Hängepartie von 16 Monaten
Bei Fenaco hiess es, die Suche nach einer Nachfolge für Keller, der 13 Jahre lang an der Spitze der Agrargenossenschaft wirkte, sei eingeleitet worden.
Als Grund für den Rücktritt gab Keller an, dass Firmen von Zeit zu Zeit neue Impulse bräuchten. Warum er sich dafür noch 16 Monate an Zeit lässt, erklärte Fenaco nicht.
Unter seiner Führung sei der Nettoerlös von unter 6 Milliarden auf rund 8 Milliarden Franken gestiegen und damit habe er die Schweizer Landwirte bei der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer eigenen Unternehmen unterstützt, so die Würdigung.
Höchstpreise wegen Monopols
Ökonomisch gesprochen, ist dies die Abschöpfung der sogenannten Monopol-Rente, die sich aufgrund der Alternativlosigkeit der Schweizer Abnehmer bei Landwirtschaftsprodukten, dem Getreidehandel, der Agrartechnik, der Gastronomiebelieferung sowie Weinproduktion und Co. ergibt.
Durch den fehlenden Wettbewerb auf der Angebotsseite müssen Abnehmer mehr bezahlen.
Vielleicht ist Keller nach 13 Jahren an der Spitze von Fenaco dahintergekommen, was sein «Erfolg» am Markt eigentlich bedeutet. Um davon langsam Abstand zu gewinnen, braucht er eventuell fast anderthalb Jahre und nutzt die Unsitte des ewigen Rücktritts.
Doch möglicherweise dreht der Manager den Spiess einfach um und nimmt sich vom Kuchen der Schweizer Bauern einfach etwas.
02.03.2024/kut.