Schweiz muss Sicherheit von Kunstwerken verstärken

Jugendliche sollen Kunst geniessen und nicht zerstören. (Bild: PD Kunstmuseum Bern)

Klimaaktivisten verunstalten derzeit Kunstwerke – sei es mit Tomatensuppe oder Kartoffelstock. Schweizer Museen müssen daher ihre Sicherheits- und Ausstellungskonzepte prüfen.

Der Zweck heiligt nicht die Mittel, lautet eine Redensart. Aktivisten, die sich für den Schutz des Klimas einsetzen und auf ihre Ziele aufmerksam machen wollen, haben vor rund einer Woche in London ein Vincent-Van-Gogh-Gemälde mit Tomatensuppe verschmutzt.

Nun passierte in Deutschland, dass Klimaaktivisten im Museum Barberini in Potsdam ein Gemälde des französischen Künstlers Claude Monet mit Kartoffelstock beschmierten.

Schweiz exponiert

Experten warnen daher davor, dass die Vandalismus-Aktionen schwerwiegende Folgen für die Kunstwelt haben könnten. Insbesondere sind auch Schweizer Museen betroffen, weil sie umstrittene Ausstellungen mit möglicher Nazi-Raubkunst, wie die Bührle-Sammlung oder das Erbe von Cornelius Gurlitt, beherbergen.

Während die Bührle-Ausstellung im Kunsthaus Zürich eine Leihgabe ist, gehört dem Kunstmuseum Bern mit dem Legat von Cornelius Gurlitt die Sammlung. Insofern müssen unterschiedliche Bedingungen beachtet werden.

Die Diskussionen um Nazi-Raubkunst könnten aber besonders viele Aktionen anlocken, weshalb Schweizer Museen besonders vorsichtig sein müssen.

Hinter Glas und keine Taschen

Recherchen von muula.ch zeigen, wie weit es gehen kann. Betreiber von Museen und Kunstgalerien in Deutschland diskutieren nämlich bereits strengere Sicherheitsmassnahmen. Der Deutsche Museumsbund empfiehlt als Sicherheitsmassnahme unter anderem, mehr Personal einzusetzen und Kunstwerke – wenn möglich – zu verglasen.

Daneben setzen Einrichtungen unter anderem auf verschärfte Kontrollen und Taschenverbote.

Die Expertin Alke Dohrmann, die im Auftrag der deutschen Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen einen Sicherheitsleitfaden für Museen entwickelt hat, begrüsst vergleichbare Massnahmen: «Eine simple und sehr wirkungsvolle Massnahme ist, das Mitführen von Taschen, Rucksäcken, Jacken und Mänteln in die Ausstellung zu unterbinden», sagte sie gegenüber der Zeitung «Welt».

Kunst brauche Originale

Vollständige Sicherheit bietet dies aus Sicht der Expertin jedoch nicht: «Eine kleine Tube Sekundenkleber lässt sich sehr leicht verbergen», so Dohrmann. Kunstwerke vor Vandalismus zu schützen, sei sehr schwierig, wenn man Besucher nicht unter Generalverdacht stellen und vor jedem Besuch durchsuchen möchte, hiess es weiter.

Die Möglichkeit, Kopien von Kunstwerken auszustellen, lehnen Verantwortliche mehrheitlich ab. «Kunst lebt vom Original. Die Aktivisten hätten den an Kunst interessierten Menschen einen Bärendienst erwiesen, wenn in der Zukunft nur noch Kopien gezeigt werden könnten», sagte etwa der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, gegenüber der Zeitung.

Keine Hochsicherheitszonen

«Museen leben von der Aura und Einzigartigkeit der Objekte. Wenn wir aus Angst vor Protestierenden keine Kunstwerke mehr ausstellen können, dann wäre ein wichtiger Konsens in unserer Gesellschaft weggebrochen», meint auch Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preussischer Kulturbesitz (SPK).

Zu strenge Sicherheitsmassnahmen sieht er kritisch: «Ich möchte nicht, dass Museen zu Hochsicherheitszonen werden», so Parzinger.

Wir könnten nicht neben jedes Bild, jede Skulptur einen Wachmann stellen, führte er weiter aus. Museen sollten offene, soziale und einladende Orte für alle Menschen sein, dieses Vertrauen sollte man nicht missbrauchen.

Naive Jugendliche

Vor dem Hintergrund der Attacken von Klimaaktivisten auf weltberühmte Gemälde in den vergangenen Wochen sieht SPK-Präsident Parzinger zudem die Möglichkeit einer weiteren Eskalation: «Wir erleben in der Tat eine neue Qualität des Protestes, der Kultur angreift, nur um Aufmerksamkeit zu erzielen.»

Wenn jede Form eines auch noch so berechtigten Protestes solche Aktionen durchführe, würde das die Museen verändern.

Schweizer Museen sollten ihre Sicherheits- und Ausstellungskonzepte prüfen, um die unschätzbaren Werte vor naiven Klimaaktivisten zu schützen. Die Einstellung, hierzulande passiere so etwas schon nicht, darf angesichts der Gefahren nicht gelten.

25.10.2022/kut.

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