![Eine Flagge der Schweiz vor blauem Himmel mit weissen Wolken](https://muula.ch/wp-content/uploads/2025/01/Loyloy_Thai_pixabay_flag_switzerland_swiss-2468486-scaled-e1736148300879-1024x644.jpg)
Die Schweiz profitiert in zahlreicher Hinsicht vom Ausland. Für bisher kostenlose Dienstleistungen anderer muss das Land bald zahlen.
Die Schweiz ist vielerlei Hinsicht ein Parasit.
Damit ist ein Schmarotzer gemeint, der aus dem Zusammenleben einseitig Nutzen zieht.
Andere garantieren Sicherheit
Viele Schweizer nehmen dies aber bisher kaum wahr, doch damit dürfte bald Schluss sein.
«Aus sicherheitspolitischer Sicht ist die Schweiz ein Loch in Europa, was den atomaren Schutzschirm, die Luftverteidigung und vieles andere angeht», sagte der berühmte Publizist und Historiker Herfried Münkler gegenüber den Tamedia-Zeitungen.
«Die Schweiz profitiert davon, dass andere diese Sicherheit garantieren», betonte der Politikwissenschafter.
Kurzfristiges Interesse im Fokus
Es könne aber sein, dass die Europäer irgendwann der Schweiz gegenüber auftritt wie Trump ihnen gegenüber, erklärte der 73-jährige geopolitische Vordenker zur Situation, dass der designierte US-Präsident Donald Trump die ganze Ausrichtung der Vereinigten Staaten von Amerika seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges infrage stellt.
«Trump fühlt sich nicht mehr verpflichtet, der weltweite Hüter einer grösseren Ordnung zu sein», betonte Münkler.
Der US-Präsident folge nur noch kurzfristigen amerikanischen Interessen, hiess es weiter.
Brücke zu liberalen Demokratien
Anders als nach dem Ersten Weltkrieg entschieden sich die Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa zu bleiben.
Die Idee dahinter sei gewesen, die gegenüberliegende Küste des Atlantiks unter Kontrolle zu halten und damit einerseits das amerikanische Sicherheitsinteresse zu wahren sowie andererseits eine Brücke nach Europa zur Wertgemeinschaft rund um liberale Demokratien zu schlagen, so der Wissenschafter zur Situation.
Dabei droht Trump nun den Europäern, mehr für die eigene Sicherheit zu bezahlen und dies könnten die Europäer dann auch auf die Schweiz übertragen.
«Wenn ihr dieses öffentliche Gut weiter konsumieren wollt, müsst ihr euch auch ausreichend daran beteiligen», sagte der Professor in Richtung Schweiz.
Machtpolitische Folgen
Auch die Neutralität stünde dabei zur Disposition, wie der Angriff Russlands auf die Ukraine verdeutliche.
Was, wenn Russland nach der Ukraine andere europäische Länder angreift, fragte er.
«Neutralität begünstigt in einer solchen Lage immer den Regelbrecher, das heisst den Angreifer», betonte der renommierte Autor zu Kriegen, Weltordnungen und politischen Ideen.
Dies sei nicht nur ein normatives Problem für die Schweiz, sondern eines, das schnell auch machtpolitische Folgen habe, warnte Münkler das Land.
Europa als Ganzes in Gefahr
«Wahrscheinlich täuscht sich die Schweiz, wenn sie glaubt, ihre Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts einfach weiterschreiben und sich aus allen Konflikten heraushalten zu können».
Gerate Europa als Ganzes in Gefahr, stelle sich die Frage der Neutralität nämlich anders. Dies habe die Bürgenstock-Friedenskonferenz zur Ukraine eindrücklich gezeigt, denn die habe sich als Chimäre, also als Fantasie, als ein Luftschloss, entpuppt.
«Kein Neutraler kann zwischen Moskau und Kiew vermitteln, sondern nur einer, der fähig ist, dem Schwächeren, der Ukraine also, die nötigen Sicherheitsgarantien zu geben».
Ausland darf Schweiz gerne helfen
Und genau dies wird derzeit auch in anderen Bereichen deutlich.
Braucht die Schweiz etwa Lebensmittel, um in diesen Weihnachtstagen eine Hungersnot abzuwenden, ist das Ausland gut genug.
Gibt es ein entführtes Flugzeug, darf die Flugbereitschaft der EU gerne den Schweizer Luftraum verteidigen.
Klub-Gedanken neu denken
Wenn die Schweiz beispielsweise hoch qualifizierte Ärzte, IT-Fachkräfte & Co. aus der EU anlockt, ohne auch nur einen Rappen für deren Ausbildung bezahlt zu haben, könnte dies als Schmarotzertum ausgelegt werden.
Gleichzeitig leben hunderttausende Schweizer auch in Spanien, Frankreich, Deutschland & Co. beziehungsweise verbringen dort ihre Ferien, ohne auch nur einen Cent für die Erstellung der Flughäfen, Bahnstrecken, Spitäler oder etwa Museen im «Klub der EU» beigetragen zu haben.
Doch die Rechnung für all diesen «Konsum der Schweiz» sollen immer die anderen tragen.
06.01.2025/kut.