Russland-Sanktionen nehmen abstruse Ausmasse an

Der Kreml in Moskau
Der Kreml in Moskau dürfte Sanktionen gegen Russland genau beobachten. (Bild: Walkerssk / pixabay)

Die Schweiz vollzieht zahlreiche Sanktionen gegen Russland. Doch langsam scheint die Situation völlig skurrile Ausmasse anzunehmen.

Es gibt keine Frage, dass der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sofort beendet gehört.

Doch um Druck auf Russland auszuüben, sollten Sanktionen helfen, das Land und vor allem die russische Führung in die Knie zu zwingen.

Rotes Kreuz betroffen

Je länger der Angriffskrieg aber dauert, desto mehr zeigt sich, wie schwierig das Ganze ist.

Die Schweiz kennt zwar keine eigenen Sanktionen. Sie schliesst sich aber fallweise den Sanktionen der Uno beziehungsweise der Europäischen Union EU an.

Derzeit macht jedoch ein trauriger Fall in den Sozialen Medien die Runde, über den unlängst sogar die deutsche «Bild»-Zeitung berichtete und derzeit für viel Kopfschütteln sorgt.

Es geht um hunderttausende Euro an Spendengeldern für die Ukraine, die bei einer Einrichtung des Roten Kreuz in Deutschland in ein Insolvenzverfahren gerutscht sind.

Hohe Energiepreise

Die Spendengelder einer Sammelaktion sind nämlich auf ein Konto des Deutschen Roten Kreuzes geflossen, doch durch die Sanktionen gegen Russland schnellten vielerorts, wie auch in der Schweiz, die Energiepreise in die Höhe.

Und genau dies führte bei Pflegeeinrichtungen, welche der betroffenen Einheit des Roten Kreuzes angesiedelt sind, neben der mangelnden Auslastung sogar zur Insolvenz.

Damit sind auch die Spendengelder ein Teil der Konkursmasse und auch wenn es dem Insolvenzverwalter persönlich leidtäte, gehen die Spenden laut Gesetz nunmehr an die Gläubiger und nicht an Ukraine-Hilfsprojekte.

Bürger von Moldawien im Fokus

In der Schweiz sorgen solche Auswirkungen auch für Kopfschütteln. So kamen aber auch vor wenigen Tagen neue Sanktionsbedingungen vom Staatssekretariat für Wirtschaft Seco auf die Bühne, die Stirnrunzeln hervorgebracht haben.

Zwar versteht man noch, dass Sanktionen direkt Russland und auch Weissrussland betreffen.

Doch das Sanktionsregime geht nunmehr sogar gegen Bürger von Moldawien vor, weil sie in die Ukraine gereist waren und dort den Angriffskrieg unterstützt haben sollen, wie das Seco schrieb.

Doppelbürger als Problem

Zwar haben die zwei Personen auch noch die russische Staatsbürgerschaft, jedoch werden die Restriktionen offenbar immer komplizierter.

Wenn es so weitergeht, und bald die halbe Welt von Sanktionen betroffen ist, muss wahrscheinlich auch SVP-Nationalrat und Verleger der «Weltwoche» Roger Köppel aufpassen, dass er mit seinen russlandfreundlichen Äusserungen und seiner Reise nach Moskau nicht auch bald in den Fokus von Sanktionen gerät.

Wie schnell das gehen kann und Schweizer Doppelbürger auf US-Sanktionslisten, wie Ofac, landeten, zeigte unlängst der Fall des Treuhänders Sequoia Treuhand Trust, über den viele Medien, wie etwa der «Tages-Anzeiger», berichteten.

Die Betroffenen, deren Konten weltweit sofort gesperrt wurden, hatten allerdings keine russische Staatsbürgerschaft, sondern sollen Russland-Sanktionen verletzt haben.

Schweizer Fluglizenzen als Tabu

Für einen Aufschrei in der Schweiz sorgte vor wenigen Tagen zudem die Meldung, dass Schweizerisch-russische Doppelbürger aufgrund der Sanktionen keine Fluglizenzen mehr erhielten und bestehende Lizenzen auch nicht mehr erneuern könnten. Betroffen sind auch Lizenzen für die private Fliegerei und die Sportfliegerei.

Dies war als Diskriminierung kritisiert worden. Doch das Lizenzwesen in der Aviatik werde grundsätzlich von der EU und deren Europäischer Agentur für Flugsicherheit (Easa) geregelt, entgegnete das Schweizer Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) in einer Antwort im Parlament.

Doppelbürger seien bei dem Sanktionsregime der EU eingeschlossen und die Schweiz habe diese Rechtslage nachvollzogen, hiess es.

Zehn Vollzeitstellen mehr

Auch sollte die Schweiz nicht mehr nur so passiv nur auf Meldungen zu russischen Oligarchengeldern bei Schweizer Banken um UBS, Credit Suisse & Co. warten, sondern aktiv mittels Taskforce nach ihnen zu suchen.

Doch der Ständerat brachte die Vorlage des Nationalrates zu Fall. Eine Taskforce wird es somit in der Schweiz zur Suche von Russland-Vermögen nicht geben.

Die Mehrheit der Rechtskommission des Ständerats wollte dem Land keine organisatorischen Massnahmen vorschreiben. Die Umsetzung der Sanktionen gegen Moskau und die Zusammenarbeit unter den Schweizer Departementen mit ausländischen Stellen funktionierten, hiess es zur Begründung.

Ausserdem habe der Bund bereits zehn Arbeitsplätze beim Seco dafür aufgestockt. Es kostet die Schweizer Steuerzahler also doch ziemlich viel Geld.

Firmen jammern

Gewiss steht die Beendigung des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges im Vordergrund. Da gibt es keine Frage.

Eigentlich versteht es sich von selbst, angesichts der Situation vom Geschäften mit Russland gewissen Abstand zu nehmen.

Aber Sanktionen gegen ein grosses Land mit vielen Ausweichmöglichkeiten, wie Russland, scheinen für den Westen mittlerweile eine komplexe Angelegenheit geworden zu sein.

Der Bundesrat hat soeben extra angemahnt, dass der Rechtsstaat und die Verfassung des Landes auch in diesen Punkten bei russischen Vermögensgegenständen zentral seien, wie die Administration in Bern mitteilte.

Und Schweizer Firmen bemängeln sogar hinter vorgehaltener Hand, dass sie Kunden in der Türkei, in China, in den Vereinigten Arabischen Emiraten, je selbst im russlandfreundlichen Serbien, auch nur sehr schwer vorschreiben könnten, ihre Produkte nicht nach Russland oder Zentralasien mit grossem russischen Einfluss weiterzuverkaufen.

15.06.2023/kut.

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