Nach der Coronavirus-Pandemie hat der Pharmakonzern Roche dennoch stabile Resultate erwirtschaftet. Dies lag vor allem an einem Umstand.
Wenn europäische Firmen eine Akquisition in den USA tätigen, kann man eigentlich davon ausgehen, dass sich die Investition früher oder später in ein Milliardengrab verwandelt.
Es sind kaum Fälle bekannt, wo sich die Einkaufstour jenseits des Atlantischen Ozeans zu lukrativen Zukäufen entwickelt haben.
Kauf in Kalifornien
Doch nicht so beim Basler Pharmakonzern Roche, der in den USA die grösste Akquisition in der Geschichte der Schweiz getätigt hat. Die Rede ist von Genentech, einem Biotechnologie-Unternehmen in San Francisco.
Im Jahr 1990 war es Roche-Verwaltungsratspräsident und CEO, Fritz Gerber, der das amerikanische Unternehmen für gut befand und sich für rund 2,1 Milliarden Dollar mit 60 Prozent an Genentech eindeckte.
Spirit erhalten
Gerber erkannte auch, dass die innovative Biotechnologie-Firma weiterhin an der langen Leine gelassen werden musste.
Zur Akquisition sagte der unlängst verstorbene Schweizer Topmanager, ein Teil der Kultur von Genentech sei das besondere Klima des Unternehmertums. «Wir werden die Letzten sein, die diesen Spirit abwürgen wollen», betonte er.
Jahre später übernahm Roche die US-Firma laut einer Meldung der US-Börsenaufsicht SEC für rund 47 Milliarden Dollar vollständig und darüber kann der Basler Pharmakonzern trotz des hohen Kaufpreises nur froh sein.
Milliarden von Ocrevus
Wie Recherchen von muula.ch nämlich ergaben, stammen die Top-Umsatzbringer in der Pharmasparte von Roche aus den Laboren von Genentech. Im Jahr 2022 stieg der Umsatz von Roche in der Pharmasparte um 1 Prozent leicht auf rund 45,6 Milliarden Franken, wie der Roche-Konzern am Donnerstag mitteilte.
Von den meistverkauften Medikamenten lag mit rund 6 Milliarden Franken das Präparat zur Multiplen Sklerose Ocrevus auf dem ersten Platz.
Dreimal darf man raten, aus welcher Quelle das Medikament stammt. Klar Genentech.
Entwicklung in den USA
Auf dem zweiten Platz der meistverkauften Heilmittel lag Perjeta mit rund 4 Milliarden Franken an Umsatz. Es kommt auch von Genentech. Auf dem dritten Platz landete mit ebenfalls fast 4 Milliarden Franken an Jahresumsatz das Medikament Hemlibra, auch weiterentwickelt von Genentech.
Und so geht es fast ständig weiter. Platz Nummer vier auch mit fast 4 Milliarden Franken an Umsatz: Tecentriq aus der San-Francisco-Firma.
Die Summe ergibt schon 18 Milliarden Franken an Jahresumsatz für Roche.
Huttwil wird berühmt
Eigentlich braucht man bloss noch bekannte Medikamentennamen, wie Avastin oder Kadcyla, mit jeweils um die 2 Milliarden Franken an Jahresumsatz aus der Genentech-Schmiede nennen, um die Bedeutung und die geniale Idee des Managers Gerber aus Huttwil im Kanton Bern zu verstehen.
Der operative Profit der Pharmasparte betrug 14,8 Milliarden Franken. Der Gesamtkonzern machte 17,5 Milliarden Franken an Betriebsgewinn. Es zeigt sich, dass hierbei auch die Genentech-Musik spielt.
Hoher Reingewinn
Die zweite grosse Sparte von Roche ist Diagnostics und kam auf einen Umsatz von 17,7 Milliarden Franken sowie einen Betriebsgewinn von 3,3 Milliarden Franken.
Unter dem Strich blieb ein Konzerngewinn von 13,5 Milliarden Franken.
Unterstellt man einfach mal als Zahlenspiel, dass der ganze operative Gewinn der Diagnostics-Sparte auch als Konzerngewinn angefallen wäre, es also in diesem Segment keine Finanzierungskosten oder sonstige Aufwendungen beziehungsweise Steuern gebe, so käme Roche immer noch auf einen Reingewinn von 10 Milliarden Franken aus der Pharmasparte.
Premium-Schoggi abgehängt
Dies ergibt eine Umsatzrendite von zirka 22 Prozent. Zum Vergleich – der Premium-Schokoladen-Konzern Lindt kommt bei der Kennzahl auf rund 4 bis maximal 10 Prozent, wie muula.ch unlängst berichtete.
Gerber, der auch bei der Zurich Insurance aktiv war, hatte ein gutes Händchen, was Zukäufe angeht.
Und weil der Dank für die Erfolge in der Pharmasparte quasi nicht genug Lorbeeren sind: Mit der durch Gerber eingefädelten Übernahme von Boehringer Mannheim für 19 Milliarden Mark stärkte Roche nicht nur seine Pharmasparte, sondern auch den Diagnostics-Bereich entscheidend.
Blockbuster überall
Neben diesem Zukauf auch die Amerikaner von Genentech zu übernehmen und an der langen Leine zu lassen, waren geniale Ideen. Genentech liefert einen Kassenschlager nach dem anderen.
Danke Fritz Gerber – wirklich gute Topmanager sind eben jeden Rappen ihres Top-Salärs wert. Und die nächste Krise, bei der Tamiflu & Co. oder Corona-Tests von Roche gebraucht werden, kommt bestimmt.
02-03/02/2023/kut.