Pierre-Yves Maillard hechelt den Themen nur hinterher

Pierre-Yves Maillard
Der Waadländische Politiker Pierre-Yves Maillard gesteht das Versagen der Linken ein. (Bild: PD)

Pierre-Yves Maillard dämmert, wie die Bürgerlichen die Linken über den Tisch ziehen. Doch der SP-Politiker setzt wieder auf falsche Rezepte.

Besser spät als nie – so könnte man die Einsicht des SP-Politikers und Präsidenten des Schweizer Gewerkschaftsbundes Pierre-Yves Maillard bezeichnen.

«Die breite Bevölkerung subventioniert heute die Gesundheitsversorgung der Reichen», sagte der Ständerat im Interview mit der «NZZ am Sonntag».

Späte Einsicht

Für einen Chefarzt, der ein Topsalär habe, seien die Krankenkassenprämien in der Schweiz ein Schnäppchen, erklärte der Politiker weiter.

Doch das Problem mit den Reichen in der Grundversicherung besteht schon seit der Einführung der obligatorischen Grundversicherung, dem KVG, im Jahr 1996.

Bloss haben es die Linken und SP-Politiker, wie Maillard, der sich seit Jahrzehnten mit dem Gesundheitswesen und Sozialem beschäftigt, kaum gemerkt.

Reiche waren dagegen

Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter bekanntlich selber, könnte man ihm sogar zuraunen. Denn in der KVG-Abstimmung hätte die Linke auf diesen Konstruktionsfehler der Grundversicherungen hinweisen müssen.

Doch die Kantone Genf und Waadt stimmten sogar mit den höchsten Zustimmungsraten für das KVG-Gesetz, das den Reichen hilft. Im Kanton Jura, wo die neue Innenministerin und SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider herkommt, wollten das Gesetz sogar 84 Prozent der Bürger.

In den reichen Kantonen Zug und Schwyz lehnten die Menschen die Vorlage dagegen mit fast 60 beziehungsweise 64,4 Prozent sogar ab.

Originalzustand wiederherstellen

Auch bei der einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Behandlungen (EFAS) kapiert Maillard nicht viel und lehnt die Reform ab. «Der Spareffekt ist minimal», sagte er. Die Gewerkschaften würden das Referendum dagegen unterstützen, denn selbst die Landesregierung erklärte, dass trotz der Reform die Krankenversicherungsprämien mittelfristig massiv weiter steigen würden.

Nicht verstanden hat Maillard an dieser Stelle, dass es bei EFAS eigentlich nur darum geht, die Kantone wieder in die Finanzierung des Gesundheitswesens zurückzuholen, wo sie sich aufgrund des technischen Fortschritts aus der Verantwortung ziehen konnten.

Um Kosteneinsparungen im Schweizer Gesundheitswesen ging es dabei eigentlich gar nicht.

Absurdeste Forderungen

Und auch bei der zweiten Grossbaustelle der Schweiz, den Beziehungen zur EU, ist Maillard stur und setzt wieder auf das falsche Pferd. «Ja, wir sind an Bord», sagte er zu einem Rahmenabkommen der Schweiz mit der EU.

«Wir haben uns schlussendlich beim Lohnschutz bewegt und sind bereit, die dynamische Rechtsübernahme zu diskutieren, sofern das heutige Kontrollniveau und die jetzigen Schutzinstrumente garantiert sind», führte der SP-Politiker weiter aus.

Mit den konkreten Forderungen nach mehr Gesamtarbeitsverträgen, besseren Regeln bei der Temporärarbeit, keine Übernahme des EU-Spesenreglements und gegen die Öffnung des Schweizer Schienenverkehrs sowie des Strommarktes machten die Gewerkschaften konkrete Vorschläge für die Verhandlungen, betonte der 55-Jährige und verunmöglicht damit aber eigentlich weitere Gespräche.

Mit Komplexität erschlagen

«Diejenigen, die glauben, dass die Gewerkschaften am Schluss dann schon einlenken, täuschen sich», mahnte Maillard in dem Interview.

Niemand solle sich Illusionen machen, dass die Gewerkschaften dem vom Bundesrat präsentierten Paket für die EU zustimmen würden. Lösungen und Kompromisse verhindert der SP-Politiker also. Ein konstruktiver Dialog sieht wohl anders aus.

Damit ist aber auch klar, dass die Bürgerlichen wieder ein Trickli anwenden und die tatsächlichen Wirkungen eines EU-Abkommens auf die kleinen Leute analog zum KVG verschleiern werden, bis es Maillard & Co. dann Jahrzehnte später merken.

Ewiger Steigbügelhalter?

Ohne einen sinnhaften Dialog wird der Politiker sicher nie Bundesrat. Bereits 2011 verlor der damalige Regierungsrat in der Waadt für Soziales und Gesundheit gegen Alain Berset.

Und als Eva Herzog aus der Deutschschweiz die Nachfolge der zurückgetretenen SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga antreten sollte, wurde überraschend die unbekannte Linke Baume-Schneider aus dem Kanton Jura in den Bundesrat gewählt, damit die Romands bei der nächsten Wahl nicht plötzlich mit Maillard einen Erfolg verzeichnen können.

Offenbar hat er zumindest diese Nachricht verstanden, denn auf eine Kandidatur für die Berset-Nachfolge verzichtete Maillard und assistiert nun Baume-Schneider. Und damit kann er den Themen weiter hinterherhecheln.

07.01.2024/kut.

Pierre-Yves Maillard hechelt den Themen nur hinterher

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