Der neue CEO von Holcim Miljan Gutovic hat starke Resultate präsentiert. Doch seinen Vorgänger stellt er nicht nur damit in den Schatten.
Auch wenn die Journalisten an der Medienkonferenz am heutigen Freitag noch so tief in den Halbjahresresultaten bohrten, der neue CEO des Holcim-Konzerns Miljan Gutovic liess sich nicht beirren.
Strategie klar vor Augen
Der Verkauf der Aktivitäten in Russland, was Medienvertreter brennend interessierte, sei nicht materiell, so Gutovic gelassen.
Gewinnmargen in Hintertupfingen etwas gesunken, so what.
Der strategische Weg zu höherer Profitabilität sei doch glasklar.
Betriebsgewinn legt zu
Auch wenn der Umsatz und der Konzerngewinn bei dem Baustoffhersteller im ersten Halbjahr angesichts Gegenwinde in der Baukonjunktur um 1,9 Prozent auf 12,8 Milliarden Franken beziehungsweise um 3,4 Prozent auf 1,2 Milliarden Franken leicht sanken.
Der operative Gewinn auf Stufe Ebit stieg um 3,3 Prozent auf rund 2 Milliarden Franken und die Betriebsgewinnmarge kam damit auf stattliche 16 Prozent.
Boom in Lateinamerika
Klar, Europa schwächelt und das Segment Asien, Nahost und Afrika geht konjunkturbedingt etwas zurück.
Dagegen herrscht ein Boom in Lateinamerika und auch in den USA läuft es angesichts Infrastrukturprojekten sowie dem Re-Shoring, also dem Rückführen von Geschäftsaktivitäten aus Asien nach Nordamerika, nicht schlecht.
Holcim-CEO Gutovic nannte Amazon beim Namen, deren Cloud-Sparte Amazon Web Services, mit dem Schweizer Baustoffkonzern als bevorzugter Partner eines Grossprojekts neue Rechenzentren baue.
Anlaufen nach Hurrikan
In Mexiko boomten regelrecht die Geschäfte, hiess es. In Texas sorgte ein Hurrikan für den Stopp auf einigen Baustellen, doch da werde weitergebaut.
Es bestünde also kein Grund zur Besorgnis, so der neue Konzernchef zuversichtlich.
Das Ziel, sei aber nicht etwa Umsatzwachstum, sondern höhere Profitabilität, legte der Manager gleich mehrfach dar.
Ablenken vom Umsatz
Es gehört viel Mut dazu, gleich beim ersten grossen Auftritt vor der Öffentlichkeit die Prognose des Jahres zu kappen.
Doch der in Sarajevo geborene Australier Gutovic wird sich gesagt haben, lieber gleich die Umsatzerwartungen an die Realität anpassen als später.
Zudem ist die Ablenkung vom Umsatz clever, denn der Holcim-Konzern wird bald zweigeteilt und mit der Abspaltung des Nordamerika-Geschäfts verliert Gutovic ohnehin rund 40 Prozent seines Umsatzes.
Etwas mehr Goodwill getilgt
Vom Herauskehren von «Leichen» seines Vorgängers, dem Verwaltungsratspräsidenten und CEO in Personalunion Jan Jenisch, wie es andere CEOs gleich zum Arbeitsstart oft machen, war am Freitag auch nichts zu spüren.
Ein bisschen Abschreiben von Goodwill hier und ein paar Milliönchen von Abwertung bei Beteiligungen da – aber mehr nicht, wie aus dem Halbjahresbericht ersichtlich ist.
Aufbruchstimmung versprühen
Spürbar war hingegen sehr, dass der seit Mai 2024 amtierende Gutovic dem Machtmenschen Jenisch, in dessen Schatten er seit gut einer Dekade arbeitet, in nichts nachstehen will und ehrgeizig ist.
Der Fokus liegt zwar bei beiden auf profitableren, innovativeren Zuschlagsstoffen am Bau und so weit wie in dem Geschäft möglich, die Umwelt zu schonen.
Börse reagiert beeindruckt
Doch Gutovic will seinem Verwaltungsratspräsidenten klar zeigen, dass aus Holcim noch mehr herauszuholen ist, als es Jenisch in seinen Jahren als CEO je fertiggebracht hat.
An der Börse kam der neue Kurs von Gutovic positiv an. Die Holcim-Titel legten fast ein Prozent zu.
26.07.2024/kut.