Der neue Finma-Direktor Stefan Walter will dem Schweizer Finanzplatz das Fürchten lehren. Aus dem Tiger dürfte schnell ein Bettvorleger werden.
Einen schlechteren Start hätte sich der neue Direktor der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma, Stefan Walter, wohl selbst kaum geben können.
An seinem ersten öffentlichen Auftritt sagte er am heutigen Dienstag, es sei von entscheidender Bedeutung, dass die Finma die notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten habe, um frühzeitig bei Finanzinstitutionen eingreifen und Missstände beheben zu können.
Me-Too-Regulierung
Dabei will er die Regulierungskeule und den Aktivismus der Behörde stärken. Die Finma müsse schon vor der Phase der Instabilität eingreifen können, betonte er am Kleinbankensymposium. Ihm strebe dabei eine Best-Class-Aufsicht vor, wie er weiter ausführte.
Andere grosse Bankaufsichtsbehörden wie die Federal Reserve Bank Fed, die Europäische Notenbank EZB, und die Bank of England – aber auch kleinere Aufsichten, wie in Singapur – hätten bereits die Kompetenzen, alle ihre aufsichtlichen Massnahmen früh, also im Normalbetrieb, einzusetzen, sagte Walter diesbezüglich.
Eingreifen ins Geschäftsmodell
Der Finma fehlten viele dieser Möglichkeiten, früh zu handeln, betonte der neue Direktor und verwies zum Beispiel auf die fehlende gesetzliche Kompetenz, Ausschüttungen und Vergütungen einzuschränken, falls vorausschauende Stresstests eine potenzielle Kapitallücke offenlegten.
«Wir brauchen auch ein Senior Manager Regime, die Möglichkeit, Bussen zu verhängen sowie mehr Transparenz über Verfahren zu schaffen», erklärte der seit 1. April 2024 amtierende Chef des Regulators.
Wirtschaftsfreiheit gefährdet?
Dabei nahm Walter, der von der EZB kommt und zuvor auch bei Ernst & Young gearbeitet hatte, auch die Worte «wirksame Frühintervention» in den Mund und musste wohl in offene Münder am Symposium blicken.
Denn die Schweiz ist alles andere als eine aktive Finanzmarktaufsicht für Banken und Versicherer gewohnt. Wenn sie etwas macht, ist der Aufschrei in der Branche meist gross.
Frühe Eingriffsmöglichkeiten des Regulators sieht Walter dabei aber nicht als Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit.
Erstens kämen diese sonst nämlich zu spät. Und je besser die Aufsicht, zweitens, greife, «umso weniger braucht es letztlich weitere marktverzerrende Eingriffe», hob der neue Direktor zu seiner Vorstellung über die Finma-Aufsichtstätigkeit hervor.
Eingestehen von Fehler
Sein Fokus werde er auf die vorbeugende Aufsicht und damit zentral auf die Frühintervention legen. Die Finma werde aber auch bei Geldwäscherei, Marktmissbrauch und Sanktionen genau hinschauen, warnte Walter zudem.
Die Wirksamkeit der Finma müsse zeitlich vorverlagert werden, betonte er dabei mehrmals.
«Ein frühzeitiges Eingreifen verhindert, dass die Aufsicht und im Extremfall der Staat später viel stärker eingreifen muss», sagte er.
Dies impliziert aber auch, dass die Finanzmarktaufsicht bei der Notfusion von Credit Suisse mit der Grossbank UBS zu spät gehandelt hat.
UBS muss Eigenkapital stärken
Und der Grossbank UBS raunte der 1965-geborene Deutsche zu, die Finma müsse die Kompetenz haben, Geschäftsaktivitäten, Praktiken oder Verflechtungen zu verhindern, die einer effektiven Abwicklung des Instituts im Wege stehen könnten.
Für Beteiligungen der UBS brauche es die volle Kapitalisierung, was die komplette Streichung der aktuellen Rabatte bedeutet.
Gleichzeitig sollen sich die Grösse eines Finanzinstituts und die Systemrelevanz in den Eigenmitteln widerspiegeln.
Steuern mit Kommunikation
Walter und die Finma wollen künftig auch kein Blatt mehr vor den Mund nehmen und Missstände verschweigen beziehungsweise schönreden.
«Wir werden proaktiver kommunizieren, wo wir neue Risiken sehen, was wir machen, um diesen vorzubeugen, und wie wir abgeschnitten haben», mahnte er.
Auch werde die Finma bekanntgeben, wo es neuen Regulierungsbedarf im sich ständig wandelnden Finanzsystem gibt.
An diesen Worten muss sich Walter aber auch mit Resultaten messen lassen.
Der Redetext auf der Webseite der Finma unterscheidet sich schon mal von der Version, was die Medien vorab erhalten haben. Das ist schon mal ein Zeichen von geringer Professionalität.
Schweizer Realitäten verkennen
Aus einem zahnlosen Tiger, wie die Finma oft bezeichnet wird, entsteht über Nacht wohl sicher keine proaktive und interventionistische Finanzmarktaufsicht.
Vielleicht muss der neue Finma-Direktor aber erst einmal die Realitäten in Bern und in der Schweiz kennenlernen. Normalerweise ordnet sich dem Finanzplatz Schweiz nämlich alles andere unter.
Walter hat allerdings mit seiner ersten Rede in der Öffentlichkeit zumindest die Politik und die Finanzmarktlobby aufgeschreckt. Ein Schweizer Weg sieht für einen neuen Direktor aber wahrscheinlich anders aus.
14.05.2024/kut.