Knall bei der Invalidenversicherung

Analyse
Medizinische Gutachten sind für Versicherungsfälle sehr wichtig. (Bild: Sigmund / unsplash)

Die Gutachter bei Versicherungsfällen sind regelmässig Streitpunkte. Von einer umstrittenen Gutachterfirma trennt sich der Bund nun.

Die Recherchen zu der Gutachterfirma hatten Wellen geschlagen. Patienten hatten moniert, dass sie unter den Folgen fehlerhafter Abklärungen litten.

Die Rede ist von der Firma PMEDA, die offenbar tatsächlich fehlerhafte medizinische Gutachten angefertigt haben. 

Kündigung der Verträge

Die Invalidenversicherung (IV) vergebe keine medizinischen Gutachten mehr an die PMEDA, teilte das Bundesamt für Sozialversicherungen BSV am Mittwochnachmittag überraschend mit.

Die IV käme damit der Empfehlung der Eidgenössischen Kommission für die Qualität bei der medizinischen Begutachtung (EKQMB) nach, weil diese in ärztlichen Gutachten der PMEDA formale und inhaltliche Mängel festgestellt habe.

Es habe eine Stichprobe gegeben und aktuelle Streitfälle seien von der EKQMB analysiert worden. Die Evaluation habe gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit der untersuchten Gutachten gravierende formale und inhaltliche Mängel aufweise, hiess es zudem von der Kommission.

Die PMEDA erstellte bis anhin im Auftrag der IV-Stellen bi- und polydisziplinäre Gutachten, also Expertisen mit zwei oder mehr medizinischen Fachrichtungen. Sie hat seit dem 1. Juli 2023 keine neuen Aufträge mehr angenommen und die Verträge über die Gutachtertätigkeit gekündigt.

Folgen noch unklar

Das BSV hat laut der Medieninformation die IV-Stellen angewiesen, bereits vorliegende Gutachten der PMEDA einer erneuten Qualitätskontrolle zu unterziehen, wenn im konkreten Fall noch kein rechtskräftiger Leistungsentscheid vorliegt. Rechtskräftige Leistungsentscheide blieben aber bestehen, hiess es.

Die EKQMB hat noch nicht darüber informiert, welche Anforderungs- und Qualitätskriterien anzuwenden sind und welche formalen und inhaltlichen Mängel sie bei Gutachten der PMEDA festgestellt hat.

Sobald das BSV diese Informationen erhält, wird es die IV-Stellen und Regionalärztlichen Dienste (RAD) entsprechend instruieren.

Viel Geld im Spiel

Genügt ein Gutachten den Kriterien der EKQMB, kann die IV-Stelle die Verfügung erlassen; anderenfalls muss die IV-Stelle eine neue Begutachtung anordnen. Das heisst, es müssen alle Altfälle wieder aufgerollt werden.

Die Auswirkungen auf die private Versicherungswirtschaft sind auch noch unklar, weil die Firma möglicherweise auch dort als Gutachter aufgetreten ist.

Bei solchen Analysen geht es immer um viel Geld – einerseits erhalten die Gutachter hohe Summen und entscheiden damit, ob jemand hohe Rentenzahlungen erhält.

Selbständige Ärzte

Aktuell laufen für die IV bei der PMEDA noch Aufträge über 16 bi- und 55 polydisziplinäre Gutachten, die vor dem 1. Juli vergeben wurden. Auch diese müssen die Behörden entsprechend überprüfen, sobald sie der IV-Stelle vorliegen.

Damit beendet der Bund ein Kapital, dass sich schon seit längerer Zeit hinzieht. Die Gutachterfirma war von Medien und Patienten immer wieder wegen Mängel ins Scheinwerferlicht geraten.

Offenbar stimmen laut dem Bund nunmehr die Informationen, dass die Gutachten, die laut der Webseite von PMEDA zahlreiche freischaffende Ärzte für das Unternehmen anfertigen, nicht den gewünschten Qualitätsstandards entsprechen.

05.10.2023/kut.

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