«Inside Paradeplatz» sticht in ein Wespennest

Ein Wespennest
Eine Medienbericht sticht bei der Migros wie in ein Wespennest. (Bild: A. Rössel / Pixabay)

Schweizer Medien decken kaum Missstände auf. «Inside Paradeplatz» fällt nicht in diese Kategorie und scheucht diesmal die Migros auf.

«Dutti» würde sich wahrscheinlich im Grabe umdrehen, wüsste er von manchen Zuständen bei der heutigen Migros.

Der von Gottlieb Duttweiler, alias «Dutti», ins Leben gerufene Detailhandelsriese hat sich nämlich nicht nur mit Expansionsgelüsten nach Österreich und Deutschland verhoben oder in Machtkämpfe zwischen den zehn regionalen Genossenschaften verloren.

Stelle für Ehemann

Nunmehr steht auch die Corporate Governance, also die gute Unternehmenspraxis, auf dem Spiel.

Wie das Portal «Inside Paradeplatz» nämlich publik machte, soll es eine anrüchige Personalangelegenheit beim orangen Riesen geben.

Die Chefin der Migros Genossenschaft Basel, Anita Weckherlin, habe offenbar ihren Ehemann intern ein schönes Pöstchen finden können.

Basel und Luzern

Die Managerin, die erst seit Kurzem die Migros Basel führt, sei nämlich mit einem ranghohen Manager des Discounters Lidl verheiratet und da musste wohl eine andere Lösung her.

Laut den Aussagen des Mediums erhielt der Ehemann von Weckherlin ein gutes Jobangebot auf Kaderstufe im Team von Migros Luzern-Chef Guido Rast.

Weckherlin war selbst jahrelang bei Lidl Schweiz tätig gewesen, bevor sie bei der Globus-Warenhausgruppe eine Führungsfunktion erhielt.

Totschweigen der Sache

Wie Recherchen von muula.ch nun ergaben, stach «Inside Paradeplatz» messerscharf in ein Wespennest. Der Fall scheute förmlich die ganze Migros auf.

Intern gebe der Medienbeitrag quasi überall auf den Fluren zu reden, hiess es laut den Informationen.

Anita Weckherlin
Anita Weckherlin, Chefin der Migros Basel (Bild: PD)

Lediglich Weckherlin selbst gehe dem Thema offenbar aus dem Weg.

GmbH-Besitzerin

Doch nicht nur die Personalie selbst, die eine Migros-Sprecherin aber als regelkonform gegenüber «Inside Paradeplatz» bezeichnete, sorgt für Unmut.

Auch eine GmbH, bei der Migros-Basel-Chefin Weckherlin die Mitbesitzerin ist, sorgt offenbar für enormen Gesprächsstoff. Es geht um die Duuly GmbH, die seit 2017 existiert.

Eine Suche von muula.ch im Handelsregister des Kantons Zürich ergab, dass Anita Weckherlin tatsächlich 20 Prozent der Firma gehören und sie dort gleichzeitig Geschäftsführerin ist.

Firma mit Ehemann?

Als weitere Besitzer werden ein Herr mit 20 Prozent sowie ein anderer Herr mit 60 Prozent in dem öffentlich zugänglichen Verzeichnis aufgeführt. Alle drei sind mit Einzelunterschrift zum Handeln berechtigt und führen die Gesellschaft.

Laut «Inside Paradeplatz» soll Weckherlin diese GmbH nebenbei mit ihrem Ehemann besitzen.

Die Domiziladresse der Kapitalgesellschaft wurde im September 2021, also kurz vor Weckherlins Amtsantritt bei Migros Basel, innerhalb Zürichs geändert.

«Die Gesellschaft bezweckt die Erbringung von IT-Dienstleistungen und Beratung im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung», hiess es zum Gesellschaftszweck.

Zeit für anderes

Die GmbH betreibt auch eine Webseite, duuly.me, auf der man Events beziehungsweise Termine elektronisch planen kann. Ein Hinweis auf die Migros-Basel-Chefin fehlt allerdings, kritisierte «Inside Paradeplatz» weiter.

Es soll nun aber auch genau diese GmbH sein, die Migros-intern für Probleme sorgt. Diese Geschäftsaktivitäten von Weckherlin seien völlig unbekannt gewesen, so der Tenor.

Kann eine Top-Kaderfrau bei Migros-Basel noch Zeit für solche Engagements finden?

Name schwankt

Vielleicht hatte die Migros-Basel-Chefin gehofft, die GmbH falle nicht weiter auf.

Laut unterschiedlichen Handelsregistereinträgen ist Weckherlin nämlich bei zahlreichen Firmen ein- und bei anderen ausgeschieden. Es ist also ein Sammelsurium an Meldungen im offiziellen Register der Schweiz.

Allerdings heisst sie dort manchmal Weckherlin, Anita Silvia Maria. Bei anderen Einträgen neueren Datums steht dagegen nur Weckherlin, Anita.

Notare müssten solche Angaben eigentlich genau prüfen und stets auf den Eintrag des vollständigen Namens bestehen.

Unterschiedliche Angaben

Doch es geht noch weiter.

Weckherlin ist bei der jüngsten Publikation im Handelsregister für die Stiftung Adele-Duttweiler-Preis und auch bei anderen neuen Einträgen der Migros-Genossenschaften mit «von Schongau, in Berikon» aufgeführt.

Bei anderen Gesellschaften steht dagegen, wie etwa bei der privaten Duuly GmbH, unter den Personalangaben «von Schongau, in Oberwil-Lieli».

Dies müsste bei Geschäftsführern eigentlich auch aktuell gehalten sein.

Eventuell sollen aber unterschiedliche Adressen, genau wie verschiedene Namen, zu Verwirrung führen.

Genossen sind gefragt

Naja, wie auch immer. Die Genossen der Migros müssen mit ihren Managerinnen und Managern zufrieden sein. Die Kundschaft kann auch zu Coop, Aldi oder Lidl zum Einkaufen gehen.

«Dutti» würde sich aber wahrscheinlich im Grabe umdrehen, wüsste er von all solchen Ungereimtheiten bei seiner Migros.

08.06.2023/kut.

«Inside Paradeplatz» sticht in ein Wespennest

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