Die Berner Insel-Gruppe hat für 2022 einen Megaverlust ausgewiesen. Das Management jammert über den Fachkräftemangel, doch es vergisst, auf andere Probleme hinzuweisen.
Die Berner Insel-Gruppe hat einen Gewinneinbruch verzeichnet. Im abgelaufenen Jahr resultierte ein Minus von 80,0 Millionen Franken. Im Jahr 2021 war noch Konzerngewinn von 25,3 Millionen Franken angefallen.
Die finanzielle Verschlechterung auf Stufe Konzernergebnis sei auf mehrere Faktoren zurückzuführen, teilte die Gruppe am Mittwoch mit.
Absenzen wegen Corona
Der Hauptgrund liege in den Kapazitätseinschränkungen im Spitalbetrieb in Folge des Fachkräftemangels.
Zudem kamen noch Absenzen wegen Covid-Erkrankungen und verschärften die ohnehin angespannte Personallage, was zu Kapazitätseinschränkungen im Spitalbetrieb führte. Diese Situation verhinderte eine Rückkehr zum Leistungsniveau auf das Vor-Pandemie-Niveau.
Im Jahr 2022 wurden 59.735 akutstationäre Patientinnen und Patienten behandelt, was einer Abnahme um 3,6 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode entsprach.
Im Spitalbetrieb resultierte letztlich ein Verlust von 73,4 Millionen Franken.
Geheimniskrämerei statt Klarheit
Die Turbulenzen an den Finanzmärkten im vergangenen Jahr sind aber ein weiterer Grund für die finanzielle Verschlechterung der Insel-Gruppe.
Und da kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus, weil dieser Umstand in der Medienmitteilung nicht erwähnt wird, sondern erst durch Recherchen von muula.ch im Geschäftsbericht gefunden wurde.
Rund 21 Millionen verloren
Die weltweiten Kursverluste führten zu einer deutlich negativen Rendite der Wertschriften, hiess es dort. Insbesondere seien Mittel für die wissenschaftliche Tätigkeit negativ betroffen.
«Während im Jahr 2021 noch ein Wertschriftengewinn von 4,6 Millionen Franken erzielt wurde, war im Jahr 2022 ein Wertschriftenverlust von 16,8 Millionen Franken zu verzeichnen. Im Vorjahresperiodenvergleich verschlechterte sich das Wertschriftenergebnis somit um 21,4 Millionen Franken», hiess es lapidar zu diesem Millionenverlust an den Börsen.
2022 wurde eine Brutto-Jahresrendite von –13,4 Prozent beziehungsweise von –16,8 Millionen Franken erzielt. Im Vorjahr waren es noch +4,4 Prozent beziehungsweise +4,6 Millionen Franken gewesen.
Spitalschliessungen geplant
Da haben die Mediziner offenbar viel Geld verspekuliert. Als Sparmassnahmen beabsichtige die Insel-Gruppe deshalb, die Standorte Tiefenau und Münsingen zu schliessen, um damit die verfügbaren personellen Ressourcen besser zu bündeln und gleichzeitig die finanzielle Situation zu verbessern.
Die medizinischen Angebote der Standorte Tiefenau und Münsingen seien ohnehin an den anderen Standorten der Insel Gruppe weiterhin sichergestellt, hiess es.
Zu dem Entscheid kann man die Spital-Gruppe eigentlich nur beglückwünschen, weil die Schliessung eines Spitals eigentlich fast ein Unding, aber in der überversorgten Schweiz notwendig ist, wie auch muula.ch schon berichtete.
1000 Betroffene
Der Standort Münsingen soll per Ende Juni 2023 geschlossen werden, der Standort Tiefenau per Ende Dezember 2023.
Die geplante Schliessung betrifft laut dem Communiqué rund 1000 Mitarbeitende. Eine überwiegende Mehrheit der Mitarbeitenden soll aber an den Standorten Inselspital, Aarberg, Belp, Heiligenschwendi und Riggisberg weiterbeschäftigt werden.
Kündigung wegen Börsenverlusten?
Die Verantwortlichen gehen allerdings auch von rund 200 Kündigungen aus.
Für die Betroffenen kommt der bestehende Sozialplan der Insel Gruppe zur Anwendung.
Hätte das Management um das Inselspital aber nicht rund 21 Millionen Franken an der Börse verloren, könnte zum Beispiel jede der 200 Personen, welche die Kündigung in die Hand gedrückt bekommt, 105.000 Franken mit nach Hause nehmen.
Investitionen gestoppt
Zur finanziellen Entlastung wird die Insel Gruppe das Investitionsprogramm der nächsten Jahre deutlich reduzieren und auf einzelne Investitionsvorhaben gänzlich verzichten.
Das geplante neue Service- und Logistikgebäude wird aus dem Investitionsplan gestrichen. Insgesamt werden Einsparungen von über 200 Millionen Franken realisiert.
Einfache Betriebswirtschaft
Wenn eine Spital-Gruppe wie die Insel in einem Geschäftsjahr operativ rund 30 Millionen Franken weniger an Einnahmen hat, aber gleichzeitig rund 60 Millionen Franken mehr an Betriebsaufwand, dann braucht sich auch niemand lange zu wundern, dass es unter dem Strich nicht aufgeht.
Dabei ist das negative Finanzergebnis in diesen operativen Zahlen noch nicht einmal dabei.
Pensionskasse unter Wasser
Und lesen Interessierte dann noch, dass etwa die Verbindlichkeiten gegenüber Personalvorsorgeeinrichtungen per Ende 2022 nunmehr fast 12 nach 2,5 Millionen Franken im Vorjahr betragen und die immateriellen Vermögensgegenstände ein Plus von rund 30 Prozent auf 23,2 Millionen Franken aufweisen, wird der Ernst der Situation weiter richtig klar.
Die Bernische Pensionskasse (BPK) weist zudem per 31.12.2022 eine Unterdeckung von 2,1 Millionen Franken und einen Deckungsgrad von bloss noch 87,6 Prozent aus. Der Anteil der Konzerngesellschaften an der Unterdeckung explodierte auf 258,8 Millionen Franken nach 62,4 Millionen Franken im Vorjahr.
Kostenblöcke müssen weg
Hier liegt die Insel-Gruppe also insgesamt selbst auf der Intensivstation.
Sie muss sofort extrem an den Kostenblöcken feilen, um überhaupt weiterleben zu können.
22.03.2023/kut.