Inflation trifft nur Alternativlose

Verbraucher können häufig der Inflation noch ausweichen. (Bild: M. Lin Kim / unsplash)

Die Teuerung ist fast überall sichtbar. Dabei sticht aber auch hervor, dass nur ein Personenkreis tatsächlich von dem Problem betroffen ist.

Wer am vergangenen Samstag bei Migros, Coop, Manor oder Globus einkaufen war, wird wissen, was gemeint ist. Es gab vielerorts lange Schlangen an den Kassen, wohin man nur schaute.

Dabei mögen sich die Wartenden gefragt haben, wieso dies angesichts der Teuerung so ist, dass das Einkaufen in den höherpreisigen Geschäften der Schweiz noch so gut funktioniert.

Möglichkeiten zum Sparen

Solange die Menschen ihr Einkaufsverhalten nicht ändern, ist die Inflation für ein Land nämlich kein Problem. Viele Kunden von Migros, Coop, Manor oder sogar Globus könnten ihre Wocheneinkäufe nämlich auch bei günstigeren Anbietern, wie den Discountern Denner, Lidl oder Aldi vornehmen und dabei jede Menge an Geld sparen.

Auch ein Einkauf jenseits der Landesgrenzen in Deutschland, Frankreich oder in Italien wäre noch als Alternative denkbar, wo Schweizer die aktuellen Vorteile der starken Währung ausnutzen könnten.

Akzeptiere Produktwechsel

Die Teuerung schlägt nur zu, wenn Menschen keine Alternativen mehr haben. Zunächst wechseln Konsumenten bei Einkäufen meist zu günstigeren Marken, wenn sich die Preise ihrer regulären Waren erhöhen. Steigen die Preise auch hier zu stark, schwenken sie später auf ein preiswertes Austauschprodukt um.

Ökonomen bringen dabei meist das Standardbeispiel, wenn Verbraucher etwa Butter durch günstigere Marmelade substituieren. Der Produktwechsel ist dann zwar nicht schön, aber als Alternative in Zeiten knapper Kassen allemal akzeptiert.

Weniger Tanken

Lebensmittel sind aber nur ein Teil des Warenkorbes, bei dem die Inflation zuschlägt. In anderen Bereichen lässt sich das Sparverhalten auch ablesen. Gespart wird laut einer aktuellen Studie der Beratungsgesellschaft EY, die sich auf Deutschland bezieht und wo die Inflation mit fast zehn Prozent viel markanter, als in der Schweiz ist, vor allem bei Mode und bei Unterhaltungselektronik.

Jeweils 56 Prozent der Befragten gaben bei der Umfrage an, sich in diesen Bereichen zurückzuhalten und wenig oder gar nichts Neues zu kaufen.

Aber auch Tankstellen und Apotheken würden mittlerweile vielfach gemieden. «Fast jeder Zweite tankt aktuell weniger und mehr als jeder Vierte gibt an, bei Medikamenten zu sparen», hiess es in der Studie, über welche die Zeitung «Welt» exklusiv berichtete.

Ferienreisen und Gym

Ganz oben auf der Streichliste der Deutschen stehen EY zufolge Bestellungen bei Lieferdiensten. So will die Hälfte der Verbraucher sowohl weniger zubereitetes Essen ordern als auch seltener auf die Dienstleistung von Lebensmittellieferanten zurückgreifen.

Gleichzeitig haben deutsche Konsumenten auch Sparpotenziale bei Freizeitaktivitäten ausgemacht: etwa bei Ferienreisen, bei Besuchen in Restaurants, Bars und Kinos, bei den Mitgliedsgebühren für Fitnessstudios oder auch bei der Zahl gebuchter Streamingdienste. 

Überall hier haben die Menschen noch Möglichkeiten, höheren Preisen auszuweichen beziehungsweise Einsparungen vorzunehmen, um mit dem Haushaltsbudget auszukommen.

Ende der Fahnenstange

Schwieriger wird es für Personen, die keine Alternativen haben und die der Teuerung voll ausgesetzt sind. Dabei sei an Pendler aus ländlichen Gebieten gedacht, die eben zur Arbeit kommen müssen und dann unweigerlich die teureren Kraftstoffe beim Tanken am Geldbeutel zehren.

Konsumenten können Energieanbieter zudem in praktisch allen Kantonen kaum wechseln, und sind deren Preiserhöhungen auch weitgehend ausgeliefert.

Auch die Menschen, die bereits alle Möglichkeiten zum Sparen ausgereizt haben, kommen unter Druck und dies sind die eigentlichen Betroffenen. Sie können ihren Warenkorb nicht mehr auf weniger Produkte und Dienstleistungen anpassen, die nicht so stark von der Teuerung betroffen sind.

Fast-Food statt Gourmet

Laut der EY-Studie planen die Befragten mehr Geld für den Kauf von Lebensmitteln ein. Dies scheint logisch, wenn es kein Besuch im Restaurant mehr sein darf, dann kochen die Menschen zu Hause, um weniger Geld auszugeben. Doch bevor das passiert, schwenken die Verbraucher meist auf preiswertere Alternativen wie Schnellrestaurants.

Kein Wunder also, stiegen die Umsätze von McDonald’s im dritten Quartal 2022 auf vergleichbarer Basis weltweit um hohe 9,5 Prozent.

Auch die Einnahmen der Detailhändler legten zu. Der US-Einzelhandelsriese Walmart meldete, die Kundenfrequenz erhöhte sich im dritten Quartal um 2,1 Prozent und die Einnahmen legten um 8,2 Prozent zu.

Signale im Detailhandel

Allerdings würde die amerikanische Kundschaft an Unterhaltungselektronik und Haushaltsgütern sparen. Ein neuer Fernseher muss es dann vielleicht doch nicht sein. Dies deckt sich mit den Aussagen aus Deutschland. Und der Detailhandel merkt all dies sofort, wenn die Lagerhaltung steigt.

Laut einer Studie der Grossbank UBS, über die das «WSJ» berichtete, erhöhten sich in den USA die Rabattangebote markant. Die Verbraucher griffen deutlich mehr zu Sonderaktionen.

Switch bei Marken

Walmart stellte aber in diesem Jahr, trotz all der Preiserhöhungen, noch keinen spürbaren Wechsel der Verbraucher von den Premium- auf günstigere Eigenmarken fest.

Für die Schweiz stiegen die Umsätze im Detailhandel ebenfalls markant, wie muula.ch berichtete.

Nunmehr muss man bloss im Auge behalten, ob es am Samstag weiterhin lange Schlangen bei Migros, Coop, Manor oder Globus gibt, oder, ob sich die Schlangen bei den Discountern Denner, Lidl oder Aldi bilden.

22.11.2022/kut.

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