Skaleneffekte sind beim Auflegen von Fonds & Co. der Erfolgsfaktor. Kleinere Anbieter werden daher – wie jetzt in Zürich – geschluckt.
Das jahrelange Drama um den Zürcher Asset-Manager GAM Investments hat ein Ende.
Nach der Verschiebung der Publikation von Jahresresultaten hatten die meisten schon das Schlimmste befürchtet.
Am heutigen Donnerstag lüftete GAM Investments das Geheimnis.
Sinkende Liquidität
Es sind im abgelaufenen Geschäftsjahr hohe Verluste von 290 Millionen Franken angefallen.
Auch 2021 hatte das Unternehmen schon einen Fehlbetrag von 23,3 Millionen Franken erwirtschaftet.
Der Verlust 2022 wurde grösstenteils durch nicht zum Kerngeschäft gehörende Aufwendungen in Höhe von 224.0 Millionen Franken verursacht, die eine Wertminderung der Marke in Höhe von 223,5 Millionen Franken und eine Abschreibung latenter Steueransprüche in Höhe von 27,2 Millionen Franken enthielten, teilte das Unternehmen zu den Resultaten weiter mit.
Weniger Vermögen
Die liquiden Mittel der GAM Holding AG verringerten sich um 75 Prozent von 19.6 Millionen Franken per Ende 2021 auf nur noch 4,9 Millionen Franken im Dezember 2022.
Die gesamten verwalteten Vermögen (AuM) betrugen per Dezember 2022 rund 75,0 Milliarden Franken im Vergleich zu 99,0 Milliarden Franken per Dezember 2021.
Vor nicht allzu langer Zeit waren die AuM noch deutlich dreistellig im Milliardenbereich gewesen.
Fees sinken rapide
Nun, angesichts der Situation zeigt sich, dass die Volumina implodieren und damit ein Asset Manager nicht mehr auf seine Gebühreneinnahmen kommt.
Bei GAM flossen immer weniger Management-Fees, Vermögensverwaltungsgebühren und performanceabhängige Gebühren.
Letztere sanken 2022 auf nur noch rund 4 Millionen Franken nach 19,3 Millionen im Jahr davor.
Die Fees bei der Vermögensverwaltung reduzierten sich um 22 Prozent auf 161,8 Millionen Franken.
Nur ein Ausweg
Alles nicht so schön und zeigt, dass die Wirkung von Skaleneffekten auch in die andere Richtung gehen kann, wenn Anbieter schrumpfen. Bei GAM sprachen Experten schon von einem Siechtum.
Daher verwunderte es am heutigen Donnerstag nicht, dass die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat gleichzeitig eine Lösung für die Misere präsentierten.
Liontrust, ein britischer Asset-Manager, gab die bedingte Übernahme des gesamten ausgegebenen und noch auszugebenden Aktienkapitals der GAM Holding AG (GAM) bekannt.
Liontrust will die Transaktion mit seinen eigenen Aktien bezahlen. Dies teilte die Gesellschaft über eine Adhoc-Mitteilung mit.
Closing Ende Jahr
Allerdings informiert auch der Group-CEO Peter Sanderson über den Deal. Das wäre eigentlich Aufgabe des Verwaltungsratspräsidenten David Jacob gewesen.
Nun gut. Der Erwerb der Aktien von GAM erfolgt durch die Ausgabe von 9,4 Millionen neuen Stammaktien von Liontrust, und es wird erwartet, dass die GAM-Aktionäre bei Abschluss der Transaktion einen Anteil von etwa 12,6 Prozent an der kombinierten Gruppe halten werden.
Die Übernahme wird voraussichtlich im vierten Quartal 2023 abgeschlossen sein.
Durch den Deal wird ein Anbieter als global tätiger Asset-Manager auf Pro-Forma-Basis mit rund 53 Milliarden Pfund an verwalteten Investmentvermögen entstehen.
Neben Skaleneffekten bei der Auflage von Investments erwarten die Verantwortlichen von der Transaktion erhebliche Vertriebsvorteile bei Pensionskassen, Versicherungen & Co.
Marke verschwindet
GAM war gestern an der Börse noch rund 20 Millionen Franken mehr wert gewesen. Mit der Klarheit über den Fortgang gingen auch die Millionen flöten.
Liontrust beabsichtigt, alle GAM-Fonds so bald wie möglich nach Abschluss der vorgeschlagenen Übernahme umzubenennen und das GAM-Geschäft unter der Marke Liontrust zu betreiben. Damit ist mit GAM Investment, gegründet 1983, schluss.
Liontrust ist an der Londoner Börse kotiert und existiert seit 1995.
Blackrock & Vanguard
Liontrust hat seinen Hauptsitz in London mit weiteren Büros in Edinburgh und Luxemburg.
GAM verfügt dagegen über ein globales Vertriebsnetz mit Niederlassungen in 14 Ländern und ist geografisch breit aufgestellt, mit Kunden auf fast allen Kontinenten.
Vielleicht spiegelt sich nur schon mit Blick darauf eher bei Liontrust ein Erfolgsrezept.
Mit der Transaktion verbindet sich aber auch die Hoffnung, endlich gute Skaleneffekte erreicht zu haben.
Die grössten Asset-Manager der Welt, Blackrock und Vanguard, kommen jedenfalls auf 10.000 beziehungsweise 8000 Milliarden Dollar an verwalteten Vermögen.
04.05.2023/kut.