Der Shortseller Hindenburg Research hat die Genfer Softwarefirma Temenos in die Mangel genommen. Nun legt der aktivistische Investor nach.
Es sollte ein Befreiungsschlag werden. Doch das externe Gutachten von zwei Anwaltskanzleien und einer forensischen Beratungsfirma ging nach hinten los.
Nur Zusammenfassung publik
Der Genfer Softwarekonzern Temenos reagierte auf die Vorwürfe nach Intransparenz und Manipulationsvorwürfen in der Rechnungslegung des Leerverkäufers Hindenburg Research mit einem externen Gutachten, wie muula.ch berichtete.
Allerdings machte die Banken-Softwarefirma nur einen Extrakt von 10 Seiten, statt des ganzen Berichtes, publik. Und siehe da, selbst in der öffentlichen Zusammenfassung sieht sich Hindenburg Research bestätigt.
Sieben Geschäftsvorfälle, welche die externen Prüfer gefunden und in ihrer Zusammenfassung erwähnt hatten, würden genau die Umstände belegen, welche der aktivistische Investor in seinem Bericht im Februar gemeint hatte, teilte Hindenburg Research in der Nacht auf den heutigen Freitag mit.
Herunterspielen von Situation
Die Analysen, welche auf zahlreiche ehemalige Mitarbeiter von Temenos beruhten, würden durch das externe Gutachten nicht widerlegt, sondern bestätigt, hiess es weiter.
Temenos-Verwaltungsratspräsident (VRP) Thibault de Tersant hatte die Fälle auch in einem Interview mit «Finanz und Wirtschaft» angesprochen, aber heruntergespielt. Grosse Probleme stellten sie nicht dar, erklärte der Manager.
Allerdings sieht Hindenburg Research gerade die Tatsache, dass sieben Verträge rückdatiert und vier Beispiele von Umsatzverschiebungen in Vorquartale als Belege für seine Vorwürfe nach Bilanzmanipulation an.
Auch die von den renommierten Anwälten und forensischen Analysten um die Kanzleien Schellenberg Wittmer und Sullivan & Cromwell sowie den Wirtschaftsprüfern von Alvarez & Marsal Switzerland thematisierten Gespräche mit einem Kunden, seine Unterschrift rückzudatieren, sprächen eine entsprechende Sprache.
Keine Gegenwehr vor Gericht
Generell äusserte sich Hindenburg Research kritisch über solche «unabhängigen Untersuchungen», die ja nichts anderes darstellen würden, als von den Betroffenen bezahlte Auftragsgutachten.
Für Temenos ist die Angelegenheit aber mehr als unangenehm. Auch die Frage, weshalb der Genfer Softwarehersteller nicht gerichtlich gegen das Analysehaus und Leerverkäufer Hindenburg Research vorgeht, beantwortete die Firma ausweichend.
Es hätte noch nie jemand in den USA gegen das hohe Gut der Meinungsfreiheit vor Gericht recht bekommen, erklärte VRP de Tersant lediglich.
Vielleicht ist es aber auch ein Anhaltspunkt, dass Temenos vor den Richtern schlechte Karten hat.
Aktienkurs im Tiefflug
An der Börse sank der Aktienkurs bei den Temenos-Titeln am heutigen Freitag gleich zu Handelsbeginn um rund 2 Prozent. Nach einem Zwischenhoch zur Bekanntgabe des Gutachtens waren sie um 15 Prozent in die Höhe geschnellt.
Doch im 5-Jahres-Chart brach der Kurs um 62 Prozent ein.
19.04.2024/kut