Laut Groupe Mutuel kann nur eine Zusammenarbeit der Akteure im Gesundheitswesen die Zunahme der Kosten bremsen. Die Krankenkasse macht dazu Vorschläge.
Die Groupe Mutuel befürchtet, dass das Gesundheitssystem der Schweiz gefährdet ist, wenn die Erhöhungen der Krankenkassenprämien nicht eingedämmt wird.
Der Krankenversicherer will daher Vorschläge zum Sparen mit den Akteuren des Gesundheitswesens diskutieren und schlägt dazu eine Taskforce vor. Zu diesen Akteuren zählen der Bund, die Kantone, die Ärzte und die Krankenversicherer.
Hohe Kostenanstiege
«Die Prämien folgen den Gesundheitskosten», sagte Thomas Boyer, CEO der Groupe Mutuel, am Dienstag in Lausanne vor den Medien.
Wenn man Kosten sparen wolle, müssten aber auch die Spitäler, Ärzte und Arzneimittel einbezogen werden, führte der Chef der Krankenkasse an der Medienkonferenz zum Thema Taskforce weiter aus.
Das Sparpotenzial ist mit Blick auf die Ausgaben enorm. Von 2012 bis 2022 sind die Kosten zulasten der Krankenversicherungen für ambulante Behandlungen in Spitälern laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) um 57 Prozent und jene für stationäre Behandlungen um 19 Prozent gestiegen.
Die Kosten der Ärzte nahmen um 48 Prozent zu, während der Aufwand für Medikamente um 40 Prozent stieg.
Insgesamt umfassen die Kosten für die Gesundheitsversorgung rund 90 Milliarden Franken. Würden da nur zehn Prozent gespart, wären dies 9 Milliarden Franken.
Millionen an Einsparungen
Einsparungsmöglichkeiten sieht die Groupe Mutuel etwa in vier Bereichen: bei der obligatorischen Digitalisierung der Patientendossiers, durch die Förderung der Prävention, durch eine Verkleinerung der Anzahl an Spitälern sowie durch die Förderung von Allgemeinärzten und billigeren Medikamentenpreisen.
Mit der Digitalisierung der Patientendossiers könnten wiederholte identische medizinische Behandlungen vermieden werden, hiess es.
Die Groupe Mutuel lancierte zudem mit anderen Teilnehmern des Gesundheitswesens, wie Helsana, Swica, und Hirslanden, die digitale Gesundheitsplattform Compassana. Sie hat das Ziel, den Zugang zum Gesundheitssystem zu erleichtern, und den Behandlungsverlauf besser zu koordinieren, wie die Krankenkassengruppe in einer Broschüre zu den Möglichkeiten der Digitalisierung schreibt.
Für mehr Prävention
Boyer wies an der Medienkonferenz darauf hin, dass sich das Gesundheitssystem bisher hauptsächlich auf die Behandlung von Krankheiten konzentriert habe. Mehr Mittel sollte das Land jedoch in die Prävention investieren.
So könnten Programme für mehr Bewegung, zugunsten einer gesünderen Ernährung und zur Gesundheitsförderung in Unternehmen geschaffen werden.
Das Ziel der Prävention sei es, schlimme Krankheiten zu vermeiden, darunter Krebs, Herz-Kreislaufkrankheiten, Diabetes, chronische Atemwegerkrankungen sowie Leiden des Muskel-Skelettsystems.
Regionale Planung
Bei der Spitalplanung schlägt die Groupe Mutuel vor, dass nicht mehr einzelne Kantone darüber bestimmen. Stattdessen sollten sich die Kantone in etwa 5 bis 7 Regionen zusammenschliessen und die Planung aufgrund der Patientenfluktuation vornehmen.
Als Referenz wird Dänemark genannt. Dort verfüge jede Region über ein Universitätsspital mit spezialisierten Notfallabteilungen, während die Anzahl an Allgemeinspitälern von 40 auf 21 reduziert wurde.
Die Schweiz gebe es 576 Spitäler, das sind laut Groupe Mutuel zu viele. Zudem erreiche nur die Hälfte der Spitäler die minimale Anzahl von Behandlungsfällen, was sich negativ auf die Qualität auswirke.
So hätten etwa für die Behandlung von Brustkrebs nur 30 von 83 Spitäler die erforderliche Fallzahl.
Förderung von Allgemeinmedizinern
Die Groupe Mutuel spricht sich weiter dafür aus, die Allgemeinmediziner aufzuwerten, etwa indem ihre Vergütung durch die Senkung der Tarife für Spezialisten verbessert wird.
Mit 8,6 Milliarden Franken waren die ambulanten Ärzte im Jahr 2022 eine der grössten Kostenposition. Die Groupe Mutuel fordert dort eine bessere Verteilung der Ärzte zwischen Grundversorgern und Spezialisten.
Laut der Ärzteorganisation FMH seien im vergangenen Jahr 39 Prozent der Ärzte in der Grundversorgung tätig gewesen, während diese Quote im Jahr 2010 noch bei 45 Prozent lag.
Damit das Gesundheitssystem optimal funktioniere, sollte das Verhältnis zwischen Grundversorgern und Spezialisten aber eigentlich genau umgekehrt sein, so Groupe Mutuel an der Medienkonferenz in Lausanne, an der auch muula.ch teilnahm.
Hohe Preise für Generika
Die Medikamente sind mit 6,9 Milliarden Franken ebenfalls ein bedeutender Kostenfaktor zulasten der obligatorischen Krankenversicherung. Die Preise sind höher als in den Nachbarländern.
Generika würden aber nur wenig genutzt und kosten oftmals doppelt so viel wie in anderen europäischen Ländern. Mit einer Anpassung der Medikamentenpreise könnten laut der Groupe Mutuel jährlich etwa 800 Millionen Franken gespart werden.
Mit Blick auf die Berner Krankenkasse KPT, die aus dem Verband Curafutura austreten will, wie muula.ch berichtete, gab Boyer aber der Hoffnung Ausdruck, dass dies eigentlich eine Annäherung der Krankenkassen ermögliche.
Im Gesundheitsbereich seien Gespräche schon mit vielen verschiedenen Akteuren nötig. Da brauche es nicht noch eine Spaltung der Krankenversicherer. Ein einziger Dachverband sei daher sinnvoller, so Boyer gegenüber muula.ch.
28.11.23/mat.