Der Schweizerische Gewerbeverband sgv hat eine Lösung für seine Führungsschwäche gefunden. Ein Jurist soll die Angelegenheit nun richten.
Der Vorstand des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv hat die Flucht nach vorne angetreten und versucht, sein Führungsproblem in den Griff zu bekommen.
Dieses war entstanden, weil der langjährige sgv-Direktor Hans-Ulrich Bigler altershalber Ende Juni ausgetreten und sein gewählter Nachfolger, der Vizedirektor Henrique Schneider, zwar gewählt, aber dann vom Vorstand eigenmächtig abgesetzt worden war.
Darüber hat auch muula.ch berichtet.
Plötzliche Co-Leitung gezaubert
Schneider soll bei wissenschaftlichen Arbeiten unsauber zitiert haben, was für die Tätigkeit bei einem Dachverband aber unerheblich sein dürfte und auch von externen Experten so bescheinigt wurde.
Nun schlägt der Vorstand aber den 51-jährigen Urs Furrer als Direktor vor.
Der Jurist und Rechtsanwalt sei seit 2014 Geschäftsführer der Branchenverbände Chocosuisse und Biscosuisse, wie der sgv in einer Medienmitteilung am Montag bekanntgab.
Voraussichtlicher Amtsantritt sei der 1. Mai 2024 und die operative Führung obliege bis dahin der interimistischen Co-Leitung von Kurt Gfeller und Dieter Kläy.
Die Co-Leitung hatte der Verband eigenmächtig beschlossen, es wird offenbar zum Dauerprovisorium.
Bisher hiess es vom sgv immer, dass Schneider der Vizedirektor sei.
Kurze Frist bis zur Wahl
Für die Wahl des neuen Direktors am 25. Oktober 2023 in Bubendorf (BL) ist gemäss Statuten die Schweizerische Gewerbekammer zuständig.
Das sogenannte Parlament des Schweizerischen Gewerbeverbandes umfasst 100 wahlberechtige Mitglieder aus den Mitgliedorganisationen. Der Vorstand beantrage der Gewerbekammer diese Wahl von Furrer, hiess es weiter.
Seit 2014 arbeitet Furrer als Geschäftsführer der Verbände Chocosuisse und Biscosuisse. Zuvor war er Mitglied der Geschäftsleitung von EXPERTsuisse und von Economiesuisse sowie Wirtschaftsanwalt bei KPMG. Furrer ist Mitglied der FDP und wohnt im Kanton Aargau.
Viel Lob für Nachfolger
sgv-Präsident Fabio Regazzi erklärte, Furrer habe sich gegen zahlreiche Kandidaten in einem Auswahlverfahren durchgesetzt.
Der Kandidat von Chocosuisse habe grosse Führungs- und Wirtschaftsverbandserfahrung, verfüge über einen überzeugenden wirtschafts- und ordnungspolitischen Kompass und sei in Wirtschaft sowie Politik hervorragend vernetzt.
Jurist folgt auf Ökonomen
Warum man dann Furrers Namen in der Öffentlichkeit bisher praktisch nie gehört hat, lässt Regazzi offen. Und wie der Verband nun mit einem Juristen an der Spitze funktionieren soll, nachdem Bigler und Schneider ja Ökonomen sind, steht völlig in den Sternen.
Genauso wie die Frage vom sgv unbeantwortet bleibt, was mit dem Vizedirektor Schneider geschieht.
Medienanfragen wurden jedenfalls umgehend abgeblockt.
So stünde Furrer nicht für Medienanfragen zur Verfügung, hiess es gleich direkt im Communiqué.
16.10.2023/kut./Angaben zur Co-Leitung klarer formuliert