Gewährt sich die Credit Suisse selbst Kredite?

Credit Suisse am Zürcher Paradeplatz
Die Credit Suisse am Zürcher Paradeplatz. (Bild: muula.ch)

Die Credit Suisse ist in eine Schieflage geraten. Dabei kommen Details ans Tageslicht, die vielleicht besser im Dunkeln geblieben wären.

Die Grossbank Credit Suisse (CS) ist von gigantischen Geldabflüssen betroffen und die Schweizerische Nationalbank SNB hat dem kriselnden Geldhaus rund 50 Milliarden Franken an Liquidität zur Verfügung gestellt.

Das sollte für ein paar Wochen und zur Wiederherstellung des Vertrauens bei Kunden sowie der Finanzwelt reichen.

Massnahmen verpuffen

Doch wie die «Financial Times» unter Berufung auf Insider meldete, waren die Geldabflüsse in den vergangenen Tagen rund 10 Milliarden Franken jeden Tag. Damit wäre die Hilfe durch den SNB-Kredit, dessen Konditionen ohnehin nicht öffentlich bekannt sind, nur für wenige Tage ausreichend.

Und genau da platzt ganz harmlos wieder mal eine Hiobsbotschaft zur CS herein.

Die Grossbank soll sich während der jüngsten Finanzkrise mit einem Kniff geholfen haben, als sie Geld besorgen musste – etwa von Katar.

Professor deckt auf

«Es wurde zwar etwas getrickst, denn das Kapital kam teilweise von der Credit Suisse selbst – in Form von Krediten, die sie kurz zuvor an Katar vergeben hatte», sagte der Professor für Wirtschaftsgeschichte von der Universität Zürich, Tobias Straumann, gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung».

«Doch weil die Öffentlichkeit das nicht mitbekam, ging die Bank mit einem gestärkten Ruf aus der Krise hervor», erklärte der Wissenschafter weiter.

Bank prüft sich selbst

Das ist schon harter Tobak. Wie muss man sich dies, vereinfacht ausgedrückt, vorstellen? Eine Person oder ein Staatsfonds kommt zur CS und will sich Geld leihen. Die Bank fragt, was wollen sie mit dem Geld machen?

Und als Antwort erhält die CS, dass man den Kredit zum Kauf von Aktien eines taumelnden Kreditinstituts verwenden wolle.

Die Bank prüft dann, ob sie den Kredit gewährt und genau dabei findet sie, dass das Investment in das Geldinstitut ja keine schlechte Idee sei, denn es ist für die Stärkung des Eigenkapitals der eigenen Bank.

Kapitalstärke fraglich

Verboten ist so etwas wahrscheinlich nicht. Allerdings hat es einen Beigeschmack, weil die Bank dabei keine ordnungsgemässe Kreditprüfung vornehmen kann.

Insofern ist auch die damit erreichte Kapitalstärke eigentlich fraglich. Das Risiko für den Kredit geht aber durchaus auf die Golfaraber über.

Buchhalterisch ist die Geldleihe nämlich ein «normaler» Kredit, der sich gleich wieder in Eigenkapital bei der eigenen Bank wandelt. Die Bank selbst dürfte den Kredit als werthaltig einstufen.

Solange die Gegenseite keine grossen Berichtspflichten hat, kommen solche Geschäfte auch nicht heraus, denn die Grossbank selbst wird nie zu einzelnen Kundengeschäften extern irgendwelche Angaben machen.

Verschwiegener Regulator

Vielleicht war es in der Situation die beste Lösung für die Schweiz. Einzig der Regulator dürfte die Details kennen.

Doch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma siegelt regelmässig ihre Dokumente im Bundesarchiv für einen längeren als den üblich vorgesehenen Zeitraum, so dass die Öffentlichkeit von solchen Vorfällen kaum zeitnah etwas erfährt.

Es soll offenbar Gras über die Sache wachsen.

Geldgeber vom Golf

Nun hat die CS unlängst eine Kapitalerhöhung von der Saudi National Bank – auch SNB abgekürzt – erhalten, die zumindest teilweise dem Königreich Saudiarabien direkt gehört.

Ob in diesem Zusammenhang ein Kredit oder mehrere Kredite von der CS zu den Golfarabern geflossen sind, ist zwar nicht bekannt.

Jedoch ist mit der Wahl des Partners just wieder ein verschwiegener Geldgeber eines Golfstaates gewählt worden.

Die SNB hatte im Rahmen einer Kapitalerhöhung laut dem CS-Geschäftsbericht 9,88 Prozent der Aktien gezeichnet und war mit einem Vier-Milliarden-Betrag zum grössten Aktionär der CS aufgestiegen.

Kater erneut dabei

Und dann ging Anfang Januar 2023 noch etwas durch die Medien.

Die Qatar Holding, die eigentlich im Jahr 2021 ihren Anteil an der CS auf unter 5 Prozent reduziert hatte, stockte ihren Anteil bei dem kriselnden Schweizer Kreditinstitut plötzlich wieder aufstocken.

Die Rede war von einem Anteil auf 6,9 Prozent. Dies war aus einer Meldung der Qatar Investment Authority QIA hervorgegangen, dem Staatsfonds des Emirats Katar, dem die Qatar Holding zu 100 Prozent gehört.

Hilfe unter Bekannten

Und die QIA hatte sich im April 2021 auch an einer Wandelanleihe im Umfang von rund zwei Milliarden Dollar beteiligt, mit der die CS-Bilanz gestützt wurde, nachdem die Krisenbank rund 5,5 Milliarden Dollar mit dem zusammengebrochenen Hedgefonds Archegos Capital Management verloren hatte.

Man kennt sich, man hilft sich, man macht Geschäfte miteinander.

Historiker auf Entdeckungstour

Ob bei der jüngsten Kapitalerhöhung, bei der Wandelanleihe oder sonst in diesen Zusammenhängen wieder Kredit von der CS selbst gewährt wurde, wie das während der jüngsten Finanzkrise offenbar schon mal erfolgreich praktiziert worden war, ist bisher nicht bekannt.

Vielleicht wird es aber eines Tages wieder ein Wirtschaftshistoriker, wie Straumann, aufdecken und zufällig in einem Interview als Randbemerkung erwähnen.

19.03.2023/kut.

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