Die Universität Zürich ist die grösste Universität der Schweiz. Ein Institut zahlt Rednern hohe Honorare, obwohl man meinen könnte, es sei etwas Wissenschaftliches.
Sei es der britische Historiker Niall Ferguson, sei es der Aufsichtsratschef der Agnelli-Holding Exor und Ferrari John Elkann oder sei es der Starbanker Sergio Ermotti.
Sie alle hielten Vorträge am Schweizerischen Institut für Auslandsforschung an der Universität Zürich.
Die Liste der Redner ist ewig lang – von Politikern, Schriftstellern und Wissenschaftern ist jeweils im Winter- und Sommersemester so ziemlich alles dabei.
Sichtbar nach aussen
Das Schweizerische Institut für Auslandforschung (Siaf) ist 1943 auf Anregung des Bundesrates mit Sitz in Zürich gegründet worden.
Es sei ein politisch und wirtschaftlich unabhängiges Kompetenzzentrum für Wissensvermittlung und Hintergrund, heisst es auf der Webseite.
«Das Institut wirke durch öffentliche Veranstaltungen, insbesondere durch Vorträge, sichtbar nach aussen», steht weiter geschrieben und suggeriert, als würde intern so richtig über das Ausland geforscht.
Form des geistigen Austausches
Die Anlässe des Schweizerischen Instituts für Auslandforschung wollten sowohl Aktualitäten im Zeitgeschehen erfassen wie deren Hintergründe ausleuchten.
Das Institut verfolge dabei keine politisch-ideologische Parteinahme.
Es sei jedoch den Werten einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung verpflichtet und verstehe sich als Forum geistigen Austauschs vor diesem Hintergrund.
Verbindung zur «NZZ»
«Als eine der Universität Zürich assoziierte Körperschaft pflegt das Institut engen Kontakt zur Universität, wo in der Regel die Veranstaltungen stattfinden», heisst es zu den Beziehungen zur Uni.
Die Hochschule selbst freut sich über die Einrichtung und bezeichnet sie als Glücksfall sowie als «ausgezeichnete Gelegenheit, den Dialog mit Gesellschaft, Wirtschaft und Politik zu pflegen».
Seit Januar 2008 wirkt Martin Meyer (Jg. 1951) als Delegierter des Siaf und seit 2013 als Präsident des Vorstandes.
Er war früher Chef des Feuilletons der «Neuen Zürcher Zeitung».
Präsident leitet Institut
Etwas ungewöhnlich für ein Institut an einer Universität ist aber die Organisation. Das Siaf ist ein Verein nach Art. 60 ff. des ZGB mit Sitz in Zürich.
Es teilt sich in seinen Leitungsgremien in einen Vorstand und ein Kuratorium. Der Präsident des Vorstandes nehme die Institutsleitung wahr, hiess es weiter.
Doch wie die «Neue Zürcher Zeitung» am heutigen Montag anhand des Beispiels der linken Politikerin aus Deutschland, Sahra Wagenknecht, berichtete, zahlt das Institut durchaus auch exorbitante Honorare für einen Vortrag von nur einer beziehungsweise anderthalb Stunden.
Zehntausende bekommen
Die Star-Linke aus Deutschland erhielt 10.000 Euro brutto für den Vortrag «Warum wir wieder mehr Zusammenhalt und Gemeinsinn brauchen», wie von der Webseite des Deutschen Bundestages hervorging.
Zwar hat die Politikerin für Vorträge in der Schweiz noch mehrfach 10.000 Euro beziehungsweise 9985.02 Euro («Schweizer Monat») kassiert.
Der Chef des Schweizerischen Instituts für Auslandsforschung, Martin Meyer, relativierte aber die horrende Zahlung von 10.000 Euro in seinem Stammblatt mit den Worten, dass dies «für einen öffentlichen Auftritt einer Person mit ihrem Bekanntheitsgrad in der Schweiz ein übliches Honorar» sei.
Namhafte Konzerne
Gewiss, auf der Webseite des Instituts sind zahlreiche «Partner» aufgeführt, welche die Organisation finanziell und ideell unterstützten.
Darunter sind Sponsoren, wie die Krisenbank Credit Suisse, die Versicherer Zurich Insurance und Swiss Life, der Rückversicherer Swiss Re, die Schweizer Börse SIX, die Grossbank UBS, Vontobel oder etwa die Beratung McKinsey.
Vereinsmitglieder erhalten das Programm, den Jahresbericht und das Jahrbuch zugesandt.
Doch für Aussenstehende sieht die Veranstaltungsreihe, an der muula.ch ebenfalls teilnahm, aber schon so aus, als würden dort Vorträge im Rahmen einer wissenschaftlichen Vortragsreihe jeweils im Sommer- beziehungsweise Wintersemester stattfinden.
Geschenk als Dank?
Dass Honorare für Vortrage gezahlt werden, ist in Wissenschaftskreisen unüblich. Allenfalls Reise- und Übernachtungskosten sowie Verpflegung werden für die «Speaker» normalerweise übernommen.
In Zürich überrascht eine Honorarzahlung besonders, weil die Rednerinnen und Redner am Ende jeweils ein Geschenk erhalten und dies wie der einzige «Dank» für das Engagement aussieht.
Berset, Amherd & Co.
Eine Regel, wie gezahlt wird, scheint es aber nicht zu geben. Der deutsche Finanzminister und FDP-Chef, Christian Linder, führte auf der Seite der veröffentlichungspflichtigen Angaben des Deutschen Bundestages bisher kein Honorar für seinen Auftritt am Siaf auf.
Da aber auch Schweizer Politiker, wie etwa der aktuelle Bundespräsident Alain Berset, oder die Verteidigungsministerin Viola Amherd, ebenfalls Vorträge an dem Institut gehalten haben, erkundigte sich muula.ch bei dem Institut nach einer allfälligen Entschädigung.
Aula kostenlos nutzen
Die Geschäftsstelle des Siaf teilte auf Anfrage mit, dass Schweizer Politiker üblicherweise keine Honorare erhielten.
Die Vorträge würden vollständig über geldgebende Partner finanziert, hob das Siaf weiter hervor. In den USA oder Grossbritannien seien sogar noch viel höhere Honorare üblich, als das Institut je zahlen könnte, hiess es.
Steuergelder beanspruchten die Veranstaltungen zwar keine.
Die Räumlichkeiten der Universität, wo die Redner auftreten, könnte das Siaf aber als assoziiertes Institut der Uni kostenlos nutzen, erklärte das Siaf.
03.04.2023/kut.