Die Qualität von medizinischen Leistungen spielt im Schweizer Gesundheitswesen noch viel zu wenig eine Rolle. Doch einige Beteiligte wollen dies ändern.
Solche Schlagzeilen dürfte es in Zukunft häufiger geben. «Die hohe Spezialisierung und grosse Erfahrung der Schulthess Klinik kommen direkt den Patienten zugute», teilte eine der bekanntesten Orthopädie-Kliniken der Schweiz unlängst mit.
Die Daten im Schweizer Implantatregister Siris zeigten es: Innerhalb von zwei Jahren nach einer Hüft- oder Knieprothesen-Operation bräuchten in der Schulthess Klinik deutlich weniger Patienten einen Revisionseingriff als durchschnittlich in Schweizer Kliniken, hiess es weiter.
Hohe Fallzahlen
Jährlich werden in der Schweiz mehrere tausend Prothesen implantiert. Darunter befinden sich mittlerweile über 21.000 Hüftprothesen und beinahe 20.000 Knieprothesen.
Davon werden jährlich rund 1200 Hüftprothesen und rund 850 Knieprothesen alleine in der Schulthess Klinik implantiert und damit verzeichnet das Spital bei den Hüftprothesen landesweit die höchste und bei den Knieprothesen die zweithöchste Fallzahl.
Schulthess Klinik vorne
Was man öfters tut, macht man sicher auch routinierter und besser. Und genau diese Routine zahlt sich offenbar nicht nur bei den hochspezialisierten Chirurgen aus, sondern auch bei den ganzen Abläufen.
Dank des nationalen Schweizer Implantat-Registers Siris lassen sich Daten zur Komplikationsrate einzelner Spitäler und Implantate nämlich mittlerweile überwachen und sogar vergleichen.
So zeigte die bereits 1883 gegründete Schulthess Klinik in dem öffentlich zugänglichen Bericht eine deutlich tiefere 2-Jahres-Revisionsrate bei Hüft- und Knieprothesen als der Schweizer Durchschnitt.
Qualität muss bekanntwerden
Bei den Hüftprothesen lag diese Rate in der Schulthess Klinik bei 1 Prozent und bei den Knieprothesen bei 1,1 Prozent. Dies ist über zweieinhalbmal beziehungsweise über dreimal tiefer als der Schweizer Durchschnitt.
Bei den Hüftprothesen kommt die Schweiz im Schnitt auf 2,6 Prozent und bei den Knieprothesen auf 3,4 Prozent. Es wurden die Daten von 2016 bis 2019 ausgewertet.
Mit über 9600 Operationen und über 131.400 ambulanten Patientenkontakten ist diese medizinische Einrichtung nicht umsonst eine der führenden Kliniken für Behandlungen am Bewegungs- und Stützapparat in Europa.
Die Qualität ist demnach viel besser und dies dürfte zu einem guten Teil daran liegen, dass die Eingriffe häufiger als andernorts durchgeführt werden.
Versicherer prescht vor
Genau in diese Richtung der Qualität will auch der aus der Romandie stammende Krankenversicherer Groupe Mutuel das Schweizer Gesundheitswesen weiterentwickeln.
Um die Kosten im Schweizer Gesundheitswesen in den Griff zu bekommen, treibt die Groupe Mutuel nämlich den Ansatz des «Pay for Quality» voran, wie die Krankenkasse unlängst vor den Medien, inklusive muula.ch, erläuterte.
Mehr Verantwortung
Dabei geht es unter anderem darum, medizinische Leistungen nur dann voll zu vergüten, wenn die Qualität stimmt und der Patient zufrieden ist. Die Leistungserbringer, wie Spitäler und Ärzte, stünden nämlich wenig in der Verantwortung, hiess es.
Eine repräsentative Umfrage der Groupe Mutuel zeigte, dass über die Köpfe der Patienten «hinwegbehandelt» werde. Fast zwei Drittel der Befragten wurden demnach noch nie nach der eigenen Zufriedenheit über das Behandlungsresultat gefragt. Bei der Patientengruppe der 30- bis 44-Jährigen seien es nahezu drei Viertel.
Abschläge bei Schlechteren
Die Spezialisierung und Erfahrung etwa der Schulthess Klinik schlagen sich klar in diesen offiziellen Qualitätszahlen nieder. Dies sollte sich daher auch in der Vergütung der Leistungen reflektieren.
Zwar sollen keine höheren Tarife bezahlt werden, weil das Schweizer Gesundheitswesen ja Geld sparen muss. Aber es sollte zu Abschlägen bei den nachweisbar Schlechteren führen, was ein absolutes Novum wäre.
Die Schlagzeilen über die Qualitätserfolge von Leistungserbringern sollten daher in Zukunft viel mehr die Runde machen.
16.01.2023/kut.