Die strategisch taktischen Spielchen des Bundesrats

Die Schweiz dürfte künftig mehr und nicht weniger Geld für das Militär ausgeben. (Bild: VBS)

Die Schweiz steht finanziell mit dem Rücken zur Wand. Doch beim Sparen macht der Bundesrat bloss Spielchen, wie Beispiele zur EU und zur Kürzung des Wehretats zeigen.

Der Bundesrat denkt eigentlich strategisch, doch wenn es darauf ankommt, macht er taktische Spielchen. Dies können Bürgerinnen und Bürger am Sparwillen der Schweizer Regierung sehen.

Dort, wo im Haushalt gekürzt werden sollte, wie etwa beim Stellenwachstum in der Bundesverwaltung, wird es nicht getan.

Schuldenbremse dehnen

Und dort, wo kaum gespart werden kann, reduziert der Bundesrat einfach das Budget.

Dies dürfte einerseits daher geschehen, weil die Auswirkungen der Sparübungen langfristig und vor allem beim Volk nicht sofort spürbar sind.

Andererseits, wenn die Kosten dann doch anfallen, ist es ja dringlich und da kann dann die Landesführung nichts dafür, falls die Schuldenbremse nicht eingehalten wird.

Pflichtbeitrag ohne Pflicht

All dies zeigt sich deutlich beim Pflichtbeitrag der Schweiz zum EU-Forschungsprogramm Horizon und beim Wehretat.

Bei beiden werden laut der Administration im Finanzplan einfach gekürzt, weil die Schweiz finanziell mit dem Rücken zur Wand steht, wie muula.ch unlängst berichtete.

Der Schweizer Pflichtbeitrag, der für eine Assoziierung an das europäische Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe notwendig gewesen wäre, solle ab 2024 nicht mehr budgetiert werden, hiess es lapidar.

Vorsichtige Buchhaltung

Der Bundesrat strebe die Assoziierung zwar weiterhin an, die EU sei zurzeit aber diesbezüglich nicht gesprächsbereit. Die Schweizer Regierung schiebt den Schwarzen Peter also einfach weiter. Die Massnahme bringt immerhin 0,6 Milliarden Franken an finanzieller Frischluft für die Schweiz.

Will die EU dann plötzlich doch mit der Schweiz reden oder willigt das Land dann überraschend doch zur langfristigen Zahlung ein, wäre die Budgetüberschreitung ja positiv für die Schweiz und die Ausgaben erwünscht. Der Bundesrat kann dann ja nichts dafür.

Auch ist unklar, warum der Bundesrat sich den Beitritt zum Horizon-Programm wünscht, die Gelder dafür aber gar nicht mehr bereithält. Ein vorsichtiger Kaufmann würde wahrscheinlich anders budgetieren.

Aufstockung statt Kürzung

Und die Armeeausgaben sollen laut dem Bundesrat langsamer wachsen als im Finanzplan 2024-2026 vorgesehen. Für das Jahr 2024 sieht die Landesregierung ein Armeebudget von gut 5,6 Milliarden Franken vor, was aber heisst, dass 0,3 Milliarden Franken eingespart werden.

Doch jeder weiss, dass angesichts des Ukraine-Krieges auf die Schweiz, wie auf praktisch jedes Land, eigentlich höhere Verteidigungsausgaben zukommen.

Die Schweiz dürfte um eine Aufstockung ihres Militäretats kaum herumkommen, da sie ohnehin vergleichsweise wenig für die Landesverteidigung ausgibt und die Nachbarländer das Trittbrettfahrertum der Schweiz wegen ihrer leeren Kassen kaum akzeptieren werden.

BIP-Anteile erhöhen

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg brachte es auf den Punkt.  Er rechnet damit, dass die Mitgliedstaaten der Allianz das Zwei-Prozent-Ausgabenziel vom jeweiligen Bruttoinlandprodukt BIP nach oben anpassen werden.

«Ich gehe davon aus, dass es ein neues Ziel bei Verteidigungsausgaben geben wird, wenn wir uns im Juli dieses Jahres zum Nato-Gipfel in Vilnius treffen», sagte Stoltenberg der Zeitung «Welt» vom Mittwoch.

«Das Zwei-Prozent-Ziel galt zunächst für ein Jahrzehnt, also bis 2024. Wir müssen es jetzt also aktualisieren.»

Erfolgreich mit Brutalität?

«Russland hat einen Angriffskrieg gegen eine unabhängige, souveräne Nation gestartet, und es wäre eine Tragödie für die Ukraine, wenn Präsident Putin damit durchkommt. Es wäre auch gefährlich für uns, denn dann würden Putin und andere autoritäre Regierungschefs wissen, dass sie ihre Ziele mit brutaler Gewalt erreichen können.», sagte Stoltenberg weiter.

Es liege deswegen in unser aller Sicherheitsinteresse, dafür zu sorgen, dass sich die Ukraine durchsetze.

Militärausgaben der Schweiz zum BIP
Militärausgaben Grossbritannien absolut und im Verhältnis zum BIP

«Die Autokraten dieser Welt schauen genau, wie wir auf diese Invasion reagieren. Wir haben zudem gelernt, dass Russland Energielieferungen als Waffe eingesetzt hat. Und auch China nutzt seine ökonomische Macht im Sinne seiner Interessen», hob der Nato-Chef hervor.

Man müsse verstehen, dass ökonomische Entscheide sicherheitspolitische Konsequenzen haben können, erklärte er.

UK zeigt Grösse

Die Nato kämpft um die Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf über zwei Prozent des BIP. Der Schweizer Bundesrat hat das Militärbudget gerade gesenkt – obwohl die Schweiz, wie die Tabelle zeigt, gerade einmal 0,7 Prozent ihres BIP für die Verteidigung ausgibt.

Ein Vergleich mit Grossbritannien, das nicht mehr der EU angehört, zeigt, dass das Land fast 70 Milliarden Dollar jedes Jahr für das Militär ausgibt. Da sehen die 5 Milliarden Franken der Schweiz ziemlich mickrig aus.

Nachbarn sollen helfen

Und wenn das nächste Mal für die Schweiz eine Gefahr droht und die Flugbereitschaft nicht verfügbar ist, weil die Schweizer Flugstaffel nur zu Bürozeiten auf Angriffe wartet, dann dürfen sicher EU-Staaten wie Frankreich und Italien wieder mit ihren Abfangjägern die Souveränität der Schweiz verteidigen. Oder?

Taktische Spielchen bringen nämlich strategisch meist nicht viel.

26.01.2023/kut.

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