Das Aussendepartement hat von der Finanzkontrolle mehrfach eins auf den Deckel bekommen. Statt die Missstände zu beseitigen, reagiert das EDA kreativ.
Es ist kaum zu glauben, wie unverantwortlich Schweizer Staatsdiener teilweise mit Steuermitteln umgehen.
Das Land kann froh sein, dass es die Eidgenössische Finanzkontrolle EFK hat. Nun braucht es nur noch viele Medien, welche analog zu muula.ch regelmässig über die gefundenen Missstände berichten.
Verschwendung von Ressourcen
Die EFK hat die Umsetzung der Empfehlungen geprüft, die sie in ihrer 2018 veröffentlichten Evaluation der diplomatischen Aktivitäten der kleinen Schweizer Vertretungen im Ausland ausgesprochen hatte.
Damals gab es unter den über 100 Botschaften 31 solcher kleinen Vertretungen mit jährlichen Kosten von rund 25 Millionen Franken, wo nur ein einziger Schweizer Diplomat vor Ort im Einsatz ist.
Die EFK hatte festgestellt, dass es diesen Botschaften an einem klaren Profil mangelte und deren Ziele auf kurzfristigen Ergebnissen und Routineaufgaben beruhten.
Ihr Mehrwert war schwer aufzuzeigen und ihre Visibilität gering. Mehr als die Hälfte ihrer Ressourcen sei für administrative und Managementaufgaben aufgewendet worden, hiess es ziemlich undiplomatisch.
Botschaften im Blindflug
Es gab aber weder eine Länderstrategie zur Verbesserung der bilateralen Beziehungen noch einen Aktionsrahmen mit mehrjährigen Zielen. Die Anforderungen an das Personal waren zudem hoch und die Funktion des Missionschefs in diesen Vertretungen war schwer vermittelbar.
Die Lokalangestellten fühlten sich nicht immer ausreichend unterstützt, insbesondere bei Problemen.
Das EDA hat zwar Prioritäten für grosse Botschaften in Ländern festgelegt, die für die Schweiz von vorrangiger Bedeutung sind.
Für die anderen Vertretungen existiert allerdings kein derartiger Aktionsrahmen. Das heisst mit anderen Worten, dass diese Botschaften in völligem Blindflug sind.
Kniff der Berner Beamten
Das Schweizer Aussenministerium hat darauf laut dem neuesten Untersuchungsbericht der Finanzkontrolle vom heutigen Donnerstag reagiert und einfach an viele kleine Botschaften einen weiteren Diplomaten entsendet. Sprich, das Problem mit den kleinen Botschaften ist verschwunden.
Die EFK begrüsste zwar, dass intern im Aussendepartement die Ressourcen umgeschichtet wurden, um kostenneutral mehr Diplomaten ins Ausland zu entsenden. Die Kontrolleure zeigten sich allerdings erstaunt darüber, dass dies völlig ohne ein Konzept für die Botschaften erfolgte.
Die Ressourcen von 35 Stellen seien einfach ohne Situationsanalyse und ohne Begutachtung der bilateralen Beziehungen umverteilt worden, hiess es im neuesten Untersuchungsbericht weiter.
Langweile unter Diplomaten
In der ursprünglichen Kritik der EFK wurde als Probleme angesprochen, dass es bei den kleinen Botschaften viel zu wenig Anfragen, ein viel zu geringer Mehrwert und eine zu geringe Sichtbarkeit der Schweiz gebe.
Wie diese Probleme nun mit zwei Diplomaten gelöst werden sollen, bleibt völlig schleierhaft. Ein Diplomat hat zu wenig zu tun, dann schickt man noch einen zur Seite. Alles ist unglaublich peinlich.
Die Idee des EDA sei, erst die Ressourcen zu erhöhen und dann die Wirkung zu prüfen. Die EFK bedauere, dass dieser Ressourcenaufstockung keine Überlegungen zur Notwendigkeit einer besseren Profilierung der einstigen kleinen Vertretungen und der Erwartungen beim Ausbau der bilateralen Beziehungen vorausgegangen seien.
Bei den einstigen kleinen Vertretungen in der EU erhielt die EFK nicht einmal keine Hinweise, die auf eine markante Verbesserung gegenüber 2018 hindeuteten.
Sinn der Vertretungen unklar
Die Kaskadenstrategie der Schweiz, welche die Aussenpolitik auf die grossen Regionen der Welt herunterbricht, ist dabei ebenfalls ein Dorn im Auge der Prüfer.
Für kleine Botschaften gibt es nämlich unter dem jahrelang amtierenden Aussenminister Ignazio Cassis gar keine Konkretisierung, was die Diplomaten in dem jeweiligen Land für ihre Heimat überhaupt machen sollen.
Hierbei liegt nunmehr die Hoffnung in der kommenden Strategieperiode 2024 bis 2027, dass das EDA da nacharbeitet.
Misshandlung von Lokalpersonal
Des Weiteren hatten die Finanzprüfer eine Überarbeitung der Kommunikation auf Sozialen Medien sowie die Installation eines Systems für Whistleblower angeregt, um Probleme rascher zu erfahren. Bekanntermassen gibt es in Schweizer Auslandsvertretungen ja zahlreiche Missstände, wie das Lokalpersonal behandelt wird.
Während diese zwei Punkte vom EDA ernst genommen wurden, fehlt lediglich, die ganzen neuen Richtlinien auch mit Leben zu füllen und etwa ein Monitoring der Kommunikation auf Sozialen Medien bei kleineren Botschaften zu installieren, um überhaupt zu sehen, was da von sich gegeben wird.
Ohne eine Erfassung der Ist-Situation kann man aber eben auch nicht beurteilen, ob es eine Verbesserung in der Kommunikation und bei der Sichtbarkeit der Schweiz in vielen Ländern gegeben hat, so die kreative Vorgehensweise des Aussendepartements diesbezüglich.
Beleidigte Leberwurst
Das EDA dankte diplomatisch der Finanzkontrolle für den neuen Bericht, der eine erste Analyse der Massnahmenumsetzung aus dem Jahr 2018 darstelle. Das ist natürlich nach fünf Jahren schon eine Frechheit, dies so zu formulieren.
Die Coronavirus-Pandemie und der Krieg in der Ukraine hätten zu Verzögerungen bei der Umsetzung der ursprünglichen Anregungen der Finanzkontrolle geführt, hiess es zur Begründung.
Doch Krisen gibt es eigentlich immer auf der Welt, umso wichtiger ist es, dass die Schweiz ein Konzept für ihre diplomatischen Vertretungen auf der ganzen Welt hat.
Wie willkürlich dann Sparmassnahmen in diesem Bereich sind, zeigte der Entscheid, die Schweizer Botschaft in Bolivien zu schliessen – vorher stand einfach die Vertretung in Guatemala immer auf der Streichliste.
Es trifft einfach völlig konzeptlos irgendeinen Staat, um die Sparvorgaben zu erfüllen.
Missstände aufdecken
Das Aussendepartement habe das System an Botschaften mit nur einem einzigen Diplomaten beendet, führte das EDA in seiner Stellungnahme weiter aus. Klar, man schickt einfach einen zweiten Diplomaten hin – ohne irgendein System und hat keine kleinen Botschaften mehr.
Des Weiteren werde das EDA seine Bemühungen zur Unterstützung von Lokalangestellten fortsetzen, hiess es obendrein lapidar.
Die Schweiz kann froh sein, hat sie die Finanzkontrolle. Ohne diese wichtige Behörde wären die Zustände in der öffentlichen Administration wahrscheinlich noch viel schlimmer.
09.11.2023/kut.