Der ETH-Rat soll den ETH-Bereich beaufsichtigen. Doch das Gremium jammert nur über die Sparmassnahmen und deckt interne Missstände.
Das Jammern des ETH-Rates über die Sparmassnahmen des Bundes im ETH-Bereich ist unüberhörbar. Fast 4 Milliarden Franken an Einnahmen im Jahr sind für die Forschung im Elfenbeinturm offenbar nicht genug.
Schuldenbremse wirkt
«Dem ETH-Bereich stehen ab 2025 jährlich rund 100 Millionen Franken weniger zur Verfügung als geplant», hiess es am Freitag vom ETH-Rat in einer Medieninformation.
Die wegen der Schuldenbremse des Bundes vorgeschlagenen Kürzungen schwächten den ETH-Bereich und sowohl einige national bedeutende Forschungsinfrastrukturprojekte als auch strategische Initiativen könnten nicht umgesetzt werden, hiess es.
Verpulvern von Geld
Doch Leser der Jahresberichte des ETH-Rates oder des Finanzberichtes der ETH Zürich können ihren Augen kaum trauen. Millionen über Millionen von Verlusten bei der Kapitalanlage kommen dort nämlich zum Vorschein
Wieso jammert der ETH-Rat über ein paar Prozentchen an Sparmassnahmen, wenn seine Organisationen doch Geld dafür haben, an der Börse zu spekulieren? Die Antwort über das Verpulvern von Geld an den Finanzmärkten wird überraschen.
Missstände bis zum Präsidium
Die Medienstelle des ETH-Rates dementierte gegenüber muula.ch nämlich einfach, dass Millionen an der Börse verzockt worden seien.
Doch im Geschäftsbericht 2022 allein der ETH Zürich steht beispielsweise klipp und klar: «Der Rückgang der Wertpapiere, Festgelder und Fondsanlagen (–51 Millionen Franken) resultierte insbesondere aus dem negativen Asset-Management-Ergebnis (–44 Millionen Franken)», was Fehlspekulationen an den Finanzmärkten einfach nur etwas freundlicher umschreibt.
Die Medienstelle des ETH-Rates ist also offenbar nicht über die Millionenverluste an den Börsen informiert. Für den gestrigen Freitag stellte sie noch eine Stellungnahme in Aussicht, die dann nicht kam, obwohl sogar das Büro des ETH-Ratspräsidenten Michael Hengartner involviert war.
Warum die Wissenschafter mit dem Geld, das vorwiegend vom Bund kommt, an der Börse spekulieren, bleibt also unklar.
Geheimnis um Finanzrechnung
Dies allein ist schon ein Skandal für sich und zeigt, dass es noch viel Sparpotenzial im ETH-Bereich mit nutzlosen Mitarbeitern gibt. Doch es wird noch schlimmer.
«Die Reserven werden aktiv bewirtschaftet und sind 2023 um 180 Millionen Franken abgebaut worden», erklärte der ETH-Rat in seinem Communiqué weiter. Die Kürzungen führten zu einem strukturellen Defizit, das nicht längerfristig mit den Reserven ausgeglichen werden könne, hiess es weiter.
Was konkret im Finanzbericht 2023 steht, will die Medienstelle des ETH-Rates zwar nicht verraten und erklärte auf Nachfrage von muula.ch lediglich, dass der ETH-Rat den Finanzbericht 2023 verabschiedet habe.
Der Bericht gehe aber nunmehr erst zum Bundesrat. «Dieser wird ihn genehmigen und dann veröffentlichen», hiess es mit Bestimmtheit.
Milliarden an Eigenkapital
Schaut man dann in den verfügbaren Finanzbericht 2022 zum ETH-Bereich fallen nicht nur die Millionenverluste an den Finanzmärkten auf, sondern auch das Eigenkapital der Bildungseinrichtungen sticht mit hohen 3,3 Milliarden Franken in die Augen.
Die Reserven ohne Zweckbindung betragen allein zum Jahresende 2022 noch 561 Millionen Franken. Selbst mit einem Abbau von 180 Millionen Franken wären immer noch mehr als genug Eigenmittel verfügbar, um die Sparmassnahmen des Bundes aufzufangen.
Insofern sind die Aussagen des ETH-Rates mehr als unglaubwürdig. Dies schadet aber der Schweizer Spitzenforschung, weil ja in der Öffentlichkeit nunmehr berechtigte Zweifel vorherrschen dürfen, dass die Wissenschaft im ETH-Bereich gar nicht so Spitze ist, wie die Verantwortlichen immer glaubhaft machen wollen.
Bundesrat muss abwägen
Die Wissenschaft leistet zwar gute Dienste für die Schweiz. Dass das ganze Land sparen muss, aber die Wissenschafter im Elfenbeinturm nicht, geht angesichts leerer Kassen nicht. Der Bundesrat setzte am Freitag eine Expertenkommission zur Abwägung der Sparmassnahmen ein – klar ist der Entscheidungsprozess für die Landesregierung sonst viel zu schwierig.
Gleichzeitig verpulvern die Verantwortlichen um ETH-Ratspräsidenten Professor Hengartner, der auch bei Kudelski im Verwaltungsrat sitzt und bei Novartis Bioventures in Basel sogar Verwaltungsratspräsident ist, mit vorwiegend Steuermitteln finanzierte Forschungsstätte an den Finanzmärkten viel Geld.
Da dürfen also auch die ETHs und die angeschlossenen Bildungseinrichtungen mal den Gürtel ohne Murren etwas enger schnallen.
09.03.2024/kut.