Die Credit Suisse ist per Notrecht mit der UBS zwangsfusioniert worden. Das Ausradieren der Krisenbank bringt weitere Ungereimtheiten hervor.
Die Krisenbank Credit Suisse (CS) ist in einem Akt der Verzweiflung binnen weniger Tage von der Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter mit der Grossbank UBS verschmolzen worden.
Es sollte wie eine Übernahme aussehen, doch an dieser Geschichte mehren sich immer mehr Zweifel.
Schweiz blockierte Deal
Wie der «SonntagsBlick» in seiner neuesten Ausgabe berichtete, hatten die Saudi, die bereits bei der Krisenbank CS mit rund zehn Prozent an Kapital eingestiegen waren, offenbar signalisiert, ihren Kapitalanteil auf 40 Prozent zu erhöhen.
Die Saudi National Bank (SNB) wollte demnach 5 Milliarden Franken in das strauchelnde Geldhaus investieren. Die Schweizer Behörden hätten sich dabei aber quergestellt.
Gesetzlichen Vorgaben nach muss die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma ihre Zustimmung erteilen, wenn ein ausländischer Aktionär mehr als zehn Prozent an einer Schweizer Grossbank erwerben will.
Diese Bewilligung hat die Aufsichtsbehörde laut dem Bericht jedoch verwehrt.
SNB nicht gleich SNB
Dies soll auch der Hauptgrund für die Aussage des damaligen Verwaltungsratspräsidenten der SNB, Ammar Al-Khudairy, gewesen sein, wonach das Geldhaus seinen Anteil nicht erhöhen werde.
Diese Aussage, kein Geld mehr in die strauchelnde CS stecken zu wollen, und gleichzeitig die Verwechslung bei der Abkürzung SNB – die Schweizerische Nationalbank hat auch die Abkürzung SNB – hatten die Aktien der CS auf Talfahrt geschickt und den Anfang vom jähen Ende der CS gemacht.
Warum die Finma den Einstieg eines ausländischen Ankeraktionärs bei der CS nicht wollte, bleibt aber ein Rätsel.
Bankmanagement in der Schuld
Allerdings ist das nicht das einzige Fragezeichen, was es beim Verschwinden der CS gibt.
Die Finma selbst ist unter Druck, weil sie bei ihrer Aufsichtstätigkeit klar versagte.
Die Behörde sieht dagegen die Schuld beim CS-Management und beim CS-Verwaltungsrat. Doch diese waren offenbar gar nicht in der Lage, eine Grossbank zu führen, wie sich im Nachhinein herausstellte. Dafür ist aber der Regulator zuständig.
Und wenn das Management der Grossbank für die Missstände verantwortlich war, hätte die Finma auch darauf bestehen müssen, dass die Aktionäre an der letzten Generalversammlung (GV) des Geldinstitutes formal über die Entlastung der Topmanager um CS-Verwaltungsratspräsident Alex Lehmann und CS-Konzernchef Ulrich Körner abstimmen.
Die Bank selbst hatte den Tagesordnungspunkt zur GV kurzfristig entfernt.
Somit gibt es aktienrechtlich kein Urteil der Eigentümer zur Arbeit der Bankführung über die letzten Geschäftsmonate – wie praktisch für die Verantwortlichen des Geldhauses.
Milliardengeschenk an UBS
Die Finma hatte ohnehin mit ihrem Entscheid, die sogenannten AT-1-Anleihen der CS für wertlos zu erklären, für Kopfschütteln gesorgt.
Alle Kennzahlen zu Kapital- und Liquiditätsvorschriften waren laut der Finma bei der Krisenbank erfüllt gewesen und die Trigger für die Bonds hätten eigentlich nicht ausgelöst werden dürfen.
Allerdings machte die Aufsichtsbehörde der Monsterbank UBS ein Milliardengeschenk, weil das Eigenkapital der zu übernehmenden CS durch den Finma-Entscheid um rund 16 Milliarden Franken gestärkt worden war.
Die Besitzer dieser Bonds gingen leer aus und daher klagen einige von ihnen gegen die Eidgenossenschaft. Es könnte ein weiteres Desaster drohen.
Widersprüche beim Ablauf
Gleichzeitig wundert sich die Schweiz, warum die Schweizerische Nationalbank der CS nicht einfach mit der Liquidität geholfen und irgendwelche wertlose Assets abgekauft hat, wie es die Zentralbank bereits bei der Rettung der Grossbank UBS mit Milliarden getan hatte.
Damals waren es ja auch Mondpreise für wertlose Papiere der Subprime-Krise gewesen, welche die Schweizer Notenbank in Zahlung genommen und frisch gedrucktes Geld in die kollabierende UBS zur Rettung gegeben hatte.
Zudem reiben sich derzeit viele Beobachter des Geschehens die Augen, wie gleichzeitig Notrecht geschaffen und die Lösung mit der Übernahme der CS durch die UBS austariert worden war.
Der zeitliche Ablauf zum CS-Untergang ist alles andere als klar, die muula.ch berichtete.
Die Beteiligten verstricken sich dabei ständig in Widersprüche. Obendrein konnten die Anweisungen der Amerikaner an die Schweiz bisher nie genau geklärt werden.
Jordan im Schussfeld
Auch die Rolle des SNB-Chefs Thomas Jordan, der CS-Konzernchef Körner offenbar recht gut kennt, ist völlig unklar. Hat er womöglich zu lange auf dessen Beteuerungen zum Ausreichen der Liquidität vertraut?
Die Parlamentarische Untersuchungskommission PUK zum Untergang der CS hat auch am vergangenen Freitag gleich zur ersten Zusammenkunft eine Informationssperre verhängt. Offenheit sieht anders aus.
Alle Dokumente der Schweizer Behörden zum Untergang der Grossbank sperrte aber zuvor der Bundesrat bereits per Notrecht vor den Augen der Öffentlichkeit. Das Volk wird offenbar angelogen, wo es nur geht.
Auch Monate nach dem Untergang der CS sind in der Bundesverwaltung die Dokumente zur Zwangsfusion noch nicht einmal ordnungsgemäss abgelegt, hatte der Eidgenössische Datenschützer unlängst bemängelt.
Volk für dumm verkauft
Von Transparenz, wie es in der Schweiz eigentlich Normalität sein sollte, fehlt also jegliche Spur. Wenn aber alles so war, wie die Behörden beteuern, haben sie ja auch nichts zu befürchten.
Doch was wollen die Staatsdiener da offensichtlich alles vertuschen?
Es bleibt fast nur das Sammeln von Unterschriften für eine Volksinitiative, welche die kompletten Unterlagen zum Untergang der CS öffentlich machen soll.
Dann werden den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land endlich die Augen geöffnet, wie sie ihre eigenen Behörden ständig an der Nase herumführen.
09.07.2023/kut