Der Aktienrückkauf von Swiss Life fällt auf, weil es Insidergeschäfte gegeben haben könnte. Weder die beauftragte Bank ZKB noch die Börse SIX widerlegen die Vorwürfe.
Einen Tag vor Bekanntgabe des Rekordgewinns beim Lebensversicher Swiss Life, wurden 22.000 Swiss-Life-Aktien im Rahmen eines Aktienrückkaufprogrammes geordert.
Zuvor waren es wochenlang mal 3500, mal 4000, mal 4500 und höchstens mal 5000 Stück pro Tag gewesen. Diese Auffälligkeit hatten Recherchen des Wirtschaftsnews-Portals muula.ch entdeckt.
Verweis an Staatsbank
Die Swiss Life selbst sagte dazu nicht viel, ausser, dass sie die Zürcher Kantonalbank ZKB mit der Durchführung der Aktienrückkäufe beauftragt habe.
Wolle man mehr zu den einzelnen Aktienkäufen wissen, solle man sich direkt an das Geldhaus wenden, teile eine Swiss-Life-Mediensprecherin mit.
Zulässiges Maximalvolumen
Von der ZKB erhielt muula.ch dann die Antwort zum Aktienrückkauf des Lebensversicherers, dass es im freien Ermessen des rückkaufenden Händlers liege, zu entscheiden, wie viele der benötigten Aktien er pro Tag am Markt erwerbe.
Dies würde stets überwacht und täglich rapportiert, damit das zulässige Maximalvolumen pro Tag nicht überschritten werde, hiess es per E-Mail von der ZKB-Medienstelle.
«Ein Verdachtsfall auf Insiderhandel liegt intern nicht vor», teilte die von Swiss Life beauftragte Bank weiter mit.
Grosser Zufall?
Doch warum orderte die ZKB just am 28. Februar rund 500 Prozent mehr Aktien als in all den Wochen davor, wenn einen Tag später die besten Gewinnresultate in der Geschichte des Lebensversicherers bekanntgegeben wurden?
muula.ch hakte eigens nochmal bei der Zürcher Staatsbank nach.
Doch ein Mediensprecher der ZKB verwies am Telefon auf das offizielle Statement per E-Mail.
Keine Details
Die Auffälligkeiten bei den Kaufaufträgen schlecken aber keine Geiss weg.
Ist die Bank vielleicht so incentiviert, dass sie die Titel für die Swiss Life möglichst günstig kaufen muss?
Hätte die ZKB die Order im normalen Rhythmus weiter beibehalten, hätte die Swiss Life hunderttausende Franken mehr für ihren Aktienrückkauf bezahlen müssen.
Details dazu kommentieren wir nicht öffentlich, erklärte eine Swiss-Life-Sprecherin jedoch auf nochmalige Frage von muula.ch.
Die Vergütung an die ZKB für die Durchführung des Aktienrückkaufprogrammes basiere auf marktüblichen Bedingungen, hiess es lediglich.
Standardantwort von Börse
Tja, wenn die Bank und der Versicherer beide nichts Konkretes zu den Vorwürfen des Insiderhandels sagen, muss man sich entweder an die Behörden oder die Schweizer Börse SIX wenden.
Bei der zuständigen Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma brauchen Medien aber eigentlich nicht nachzufragen, denn zu Einzelfällen äussert sich der Regulator praktisch nicht.
Doch selbst bei der SIX erhielt muula.ch auch nur die Standardantwort.
Die SIX Exchange Regulation SER erfülle bundesrechtlich vorgegebene Aufgaben, vollziehe die vom Regulatory Board erlassenen Regeln und überwache die Einhaltung rechtlicher und regulatorischer Anforderungen, so die übliche Sprechblase der SER-Medienstelle.
Makabre Vorgehensweise
Der SER-Mediensprecher verwies in diesem Zusammenhang, wie meist, auf die völlig unübersichtliche Webseite der Aufsichtsstelle zur Selbstregulierung der Schweizer Börse und sogar auf ein Interview mit dem Leiter der SIX-Handelsüberwachung, welches die Schweizer Börse mit sich selbst geführt hat.
Das ist alles schon sehr makaber und trägt überhaupt nicht zur Transparenz bei.
Handelsplatz gehört Geldhäusern
Die Aufsicht des Börsenplatzes ist ohnehin nur dem Verwaltungsratspräsidenten der SIX, Thomas Wellauer, rechenschaftspflichtig.
Das ist sicher ein «schönes» Konstrukt zur Selbstregulierung der SIX.
Die Schweizer Börse gehört aber rund 120 Banken, wobei auf die Krisenbank Credit Suisse und die Grossbank UBS ein Anteil von 34,5 Prozent entfallen.
Und Geldhäuser dürften kaum einen Anreiz an der strikten Aufklärung von möglichem Insiderhandel haben, denn sie verdienen an jeder Transaktion.
Leicht für Insiderhandel
Bei einer hohen Order von 22.000 Swiss-Life-Aktien für die Swiss Life selbst vor positiven News müssten aber alle Alarmglocken läuten.
Dabei könnte es nämlich nicht nur um den direkten Kauf der Aktien durch die ZKB gehen, sondern auch um Geschäfte mit Optionen irgendwo weit abgeschlagen vom grossen Aktienmarkt.
Wenn die Hauptbeteiligten im auffälligen Swiss-Life-Fall allerdings so eisern schweigen und keine Transparenz an den Tag legen, machen sie es Insiderhandel am Schweizer Finanzplatz generell wohl umso leichter.
07.06.2023/kut.