Bundesrat spielt auf Zeit bei EU-Gesprächen

EU-Flaggen in Brüssel
Die Schweiz will keinen Plan für weitere EU-Gespräche aufstellen. (Bild: C. Lue / unsplash)

Der Bundesrat hat Stellung zu einem Bericht der Aussenpolitischen Kommissionen bezogen. Es geht um die EU und das Dokument ist brisant.

«Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung», unterschrieben Bundespräsident Alain Berset und Bundeskanzler Walter Thurnherr etwas gestelzt das Dokument.

Doch wie immer, wenn die Bundesadministration an einem Freitag eine Mitteilung unter dem Titel «Publikationshinweis» veröffentlicht, haben es die Dokumente in sich.

Finanzplanung der EU als Basis

An seiner Sitzung vom heutigen Freitag habe der Bundesrat seine Stellungnahme zum Bericht der APK-N zur parlamentarischen Initiative «Planungsbericht über die Zusammenarbeit mit der EU in den Bereichen ausserhalb des Marktzugangs» verabschiedet, hiess es am heutigen Freitag weiter trocken in den Unterlagen.

Konkret geht es darum, dass der Bundesrat – nach Vorliegen des Legislativvorschlages der Europäischen Kommission zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU – der Bundesversammlung einen Planungsbericht über alle von ihm beabsichtigten Assoziierungen an die Programme und Agenturen der EU in den Bereichen ausserhalb des Binnenmarktzugangs unterbreiten muss.

Fehlende Informationen

Der Bundesrat informiert die parlamentarischen Kommissionen zwar regelmässig über seine Pläne und über relevante Entwicklungen auf EU-Ebene.

Zudem sind strategische Informationen auch in der Legislaturplanung und in den Jahreszielen des Bundesrates festgehalten.

Aus Sicht der Aussenpolitischen Kommissionen fehlt jedoch eine Gesamtübersicht zu den beabsichtigten Assoziierungen an die Programme und Agenturen der EU in den Bereichen ausserhalb des Binnenmarktzugangs.

Kurzer Vorab-Bericht

Es sei aber im Interesse der Schweiz, dass die Grundlagen für die beabsichtigten Assoziierungen möglichst frühzeitig und parallel zu den Arbeiten in der EU bezüglich des Mehrjährigen Finanzrahmens und der EU-Programme bereitgestellt würden, hiess es zu den Hintergründen des Dokuments.

Eine solche Vorgehensweise würde sicher auch für viele Schweizer Unternehmen gewisse Klarheit schaffen, die über den Fortgang der EU-Beziehungen völlig im Unklaren sind.

Nun windet sich die Schweizer Regierung aber, wo sie nur kann.

Der Bundesrat werde einen kurzen Planungsbericht verfassen, versprach das Gremium.

Dieser Bericht werde sich aber auf die noch nicht vom Rat der EU und dem Europäischen Parlament genehmigten Vorschläge der EU-Kommission betreffend den MFR und die EU-Programme abstützen, so die Eingrenzung.

Jahrelanges Warten

Entsprechend einer Grobplanung solle der erste Planungsbericht für den Zeitrahmen der MFR 2028–2034 erst voraussichtlich im Jahr 2026 der Bundesversammlung übermittelt werden, schränkte die Regierung weiter ein.

Dies allerdings ohnehin nur unter der Voraussetzung, dass die zuvor genannten Vorschläge der EU-Kommission im Jahr 2025 vorliegen. Mit anderen Worten, liefert die EU nicht rechtzeitig, macht der Bundesrat nichts.

Wahrscheinlich stört ein solcher Plan ohnehin nur die Beziehungen.

Aufwand für Beamte

Die Erarbeitung und Beratung von Verhandlungsmandaten, Finanzierungsbotschaften und Gesetzesvorlagen solle zudem weiterhin unabhängig vom Planungsbericht erfolgen.

Es sei dabei aber sicherzustellen, so die Stellungnahme, dass der Bericht keine ungewollte Verzögerung im Prozess der beabsichtigen Assoziierungen verursache.

Seinen geplanten Weg mit der EU beschrieb der Bundesrat in einem anderen Dokument vom Freitag: «Kernziel der Schweizer Europapolitik bleibt eine bestmögliche gegenseitige Beteiligung am Binnenmarkt sowie Kooperationen in ausgewählten Interessensbereichen, unter Wahrung eines grösstmöglichen politischen Handlungsspielraums», hiess es dort.

Ausserdem werde festgehalten, dass ein separater Planungsbericht zwar einen erhöhten Koordinationsbedarf und Mehraufwand in der Bundesverwaltung bedeute, jedoch im Rahmen der bestehenden Ressourcen erstellt werden muss.

Wie will die Schweiz vorgehen, wenn sie nicht mal einen Plan hat und die Strategie nur Mehraufwand für die Staatsdiener bedeutet? Das bleibt ein Geheimnis.

Leu wirft das Handtuch

Egal, wie man es windet und wendet. Der Bundesrat drückt sich praktisch um die konkrete Antwort. Warum kann die Schweizer Regierung keinen Ablaufplan erstellen, wie sie die Zusammenarbeit mit der EU ausserhalb des Marktzugangs plant?

Letztlich zeigt sich, dass all die schönen Gespräche mit der EU seit dem harschen Zurückweisen der Schweiz alle nur Show sind. Die Chefunterhändlerin Livia Leu dürfte auch genau deshalb das Handtuch geworfen haben und zieht sich lieber auf einen Botschafterposten in Deutschland zurück, wie auch muula.ch unlängst berichtete.

Der Publikationshinweis hat es wieder mal in sich.

Doch die geschätzte Hochachtung darf dabei nicht fehlen.

09.06.2023/kut.

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