Die Schweizer Landesregierung suchte jahrelang Sparmassnahmen im Gesundheitswesen. Nun hat sie endlich Milliönchen gefunden.
Der Berg hat eine Maus geboren, so könnte man die kleinlaute Mitteilung des Bundesrates am heutigen Freitagnachmittag zusammenfassen.
Die Landesregierung schickte vor rund fünf Jahren eine Änderung bei den Generika-Preisen und Biosimilars in die Vernehmlassung. Doch das Resultat enttäuscht nunmehr auf breiter Spur.
Wirkstoffgleiche Mittel im Visier
Eine Änderung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) führe zu Einsparungen von rund 60 Millionen Franken, teilten die Staatsbeamten zwar freudig mit.
Angesichts der 90 Milliarden Franken an Kosten im Schweizer Gesundheitswesen ist dies wohl eher ein Tropfen auf den heissen Stein, der nicht einmal 0,1 Prozent der Gesamtkosten ausmacht.
Die Anpassung beim Vertriebsanteil basiere auf zwei Massnahmen: Zum einen werde das Berechnungsmodell für den Vertriebsanteil rezeptpflichtiger Arzneimittel angepasst.
Zum anderen werde ein einheitlicher Vertriebsanteil bei wirkstoffgleichen Arzneimitteln eingeführt, hiess es weiter aus dem Bundesamt für Gesundheit BAG.
Rund 36 Prozent werden teurer
Bisher sei der Vertriebsanteil bei teureren Arzneimitteln höher als bei günstigeren gewesen, weshalb ein Anreiz bestanden habe, teurere Arzneimittel abzugeben. Neu gelte ein einheitlicher Vertriebsanteil für wirkstoffgleiche Arzneimittel.
Gemäss den offiziellen Berechnungen werden durch die Anpassung des Berechnungsmodells rund 36 Prozent der auf der Spezialitätenliste aufgeführten Arzneimittel teurer, während 64 Prozent günstiger werden.
Der Bundesrat beschloss in seiner Sitzung am heutigen Freitag die Verordnungsänderungen und setzte sie per 1. Juli 2024 in Kraft.
Seit 2018 in der Planung
Die Anpassung des Vertriebsanteils basiert auf der Anpassung der Vernehmlassungsvorlage, welche das Eidgenössische Innendepartement EDI im Jahr 2018 durchgeführt hat.
Nach Auswertung der ersten Vernehmlassung, die sehr heterogen ausgefallen sei, habe das EDI die Vorlage nochmals geprüft. Es wurden 2022 und 2023 auch diverse Gespräche mit den betroffenen Akteuren durchgeführt.
Und siehe da, die Pharmaindustrie sowie die Apotheken begrüssen nunmehr umgehend den Entscheid.
Harsche Kritik
Wenig erfreut sind dagegen der Konsumentenschutz und etwa der Krankenkassenverband Santésuisse, die teils von einer verpassten Chance bei Einsparungen in der Höhe von hunderten von Millionen Franken sprachen.
Die Anpassung der Medikamentenmargen begünstigte einmal mehr die Apotheken, Ärzte und Spitäler – auf Kosten der Prämienzahler, hiess es von der Allianz der Konsumentenschützer.
Es zeigt sich, dass der zuständige SP-Bundesrat Alain Berset lieber in der Weltgeschichte herumreist und im Sultanat Oman oder in Dubai die Hände von Politikern schüttelt, statt sich um die Probleme im Gesundheitswesen in der Schweiz zu kümmern.
Flugzeug nutzen ohne Testflug
Bereits vor einigen Wochen hatte der Bundesrat beschlossen, bei Generika zulasten der Versicherten zu sparen. Viele Menschen wissen nämlich, dass Generika einfach nur nachgebaute Präparate sind und nie eine klinische Studie durchlaufen haben. Daher lehnen sie viele Menschen ab.
Es ist nämlich, als würde man in ein nachgebautes Flugzeug steigen, dass aber niemand getestet hat, ob es auch fliegt.
Wollen Patienten nunmehr doch Originalmedikamente, müssen sie dies künftig mit einem höheren Selbstbehalt quasi aus der eigenen Tasche zahlen. Es sind also keine richtigen Sparmassnahmen, sondern nur Verschiebungen der Kosten auf das Volk.
Pharmabranche wird reagieren
Nach Jahren hat der Berg nunmehr noch eine Maus für Generika und Biosimilars geboren.
Die staatlichen Eingriffe werden dazu führen, dass sich die Pharmaindustrie mit Preisgestaltung, den Wirkstoffen und Packungsgrössen sicher rasch an die neuen Gegebenheiten anpasst.
08.12.2023/kut.