Die Privatbank der Ultrareichen hat die Situation am Goldmarkt analysiert. Die Finanzexperten sehen quasi nur eine Bewegung beim Gold.
Daten des World Gold Councils (WGC), über das muula.ch bereits berichtete, zeigen, dass im vergangenen Jahr der staatliche Sektor mit 1136 Tonnen rund 150 Prozent mehr Gold gekauft hat als 2021.
Darunter fallen Staatsfonds und Zentralbanken, wobei letztere beim Goldkauf stark beteiligt sein dürften.
Russland kauft
Dies geht aus einer Analyse des Vermögensverwalters Pictet hervor, welche die Genfer Privatbank für Ultra High Net Worth Individuals (UHNWI) unlängst den Kunden zugesendet hat und welche auch muula.ch vorliegt.
Demnach stellte die Zentralbank von Russland im Jahr 2022 die Meldungen ihrer Goldkäufe ein, erklärte aber, dass sie Gold im Inland kaufen werde.
Dennoch könne die Bank von Russland allein nicht allein für den Anstieg der offiziellen Nachfrage verantwortlich sein, so die Pictet-Experten, da Russland im vergangenen Jahr etwas mehr als 300 Tonnen Gold produziert habe und die Inlandsnachfrage ausserhalb der Zentralbank für Schmuck, Goldbarren und Münzen laut WGC-Daten lediglich bei rund 60 Tonnen lag.
Lösen vom US-Dollar
Aufgrund der Gewohnheit, Goldkäufe nicht offenzulegen, und angesichts seiner relativ geringen (gemeldeten) Goldreserven im Verhältnis zur Gesamtmenge ist China wahrscheinlich für den grössten Teil des Anstiegs der Goldnachfrage verantwortlich.
Im Rahmen seiner Strategie will sich das Reich der Mitte von der Abhängigkeit vom US-Dollar lösen, auf den derzeit ein grosser Teil seiner Devisenreserven entfällt.
Notenbanken wechseln Strategie
Neben Russland und China könnten aber auch andere Länder angesichts des Einfrierens der russischen Devisenreserven durch den Westen ihre Abhängigkeit vom US-Dollar verringern wollen, führten die Pictet-Analytiker zudem aus.
Insgesamt könnten die daher in den kommenden Jahren noch nicht getätigte Käufe bei Gold zu einer deutlich höheren offiziellen Nachfrage führen.
Dennoch dürften die Aussichten für den Goldpreis nicht mehr so rosig sein wie im Jahr 2009, als die Zentralbanken von Nettoverkäufern zu Nettokäufern von Gold wurden, hiess es von Pictet weiter zum Goldmarkt.
Steigende Zinsen bremsen
Abgesehen vom Ausmass der Verschiebung der offiziellen Nachfrage könnte auch die Investitionsnachfrage in ein neues Gleichgewicht übergehen, allerdings ein niedrigeres.
Die seit letztem Jahr stark gestiegenen Zinssätze bedeuteten nämlich, dass Gold nun mit anderen sicheren Anlagen, wie etwa Staatsanleihen, verglichen werden muss.
Es wäre nicht verwunderlich, wenn sich die Investitionsnachfrage in den nächsten Jahren weiterhin auf dem Niveau von 2022 bewegen würde, das dem niedrigsten Stand seit 14 Jahren nahekommt.
Krisenwährung gefragt
Dennoch könnte sich die Investitionsnachfrage in diesem Jahr etwas verbessern. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass in den nächsten Monaten eine geldpolitische Lockerung in den USA einsetzt, dürfte das Interesse der Anleger an der Krisenwährung Gold wieder steigen.
Kurzfristig könnte etwa auch die Besorgnis über die US-Schuldenobergrenze den Goldpreis vorübergehend stützen, indem sie eine höhere globale Risikoaversion hervorruft, wie es bei einer ähnlichen Episode im Jahr 2011 der Fall war.
Ersparnisse der Chinesen
Auch die Schmucknachfrage nach Gold könnte durch relativ hohe Preise beeinträchtigt werden. Die chinesische Nachfrage könnte sich dank der durch hohe Ersparnisse der privaten Haushalte kurzfristig verbessern, könnte aber auch schnell wieder abebben, wie dies in Indien der Fall war.
Insgesamt sieht Pictet aber nicht die gleiche starke Dynamik wie 2009, als alle wichtigen Quellen der Goldnachfrage den Goldpreis gleichzeitig in die Höhe trieben.
Allerdings würde ein struktureller Anstieg der offiziellen Nachfrage den Goldpreis wahrscheinlich widerstandsfähiger gegen Einbrüche bei den Investitionsströmen machen, wie sie im Jahr 2022 bereit zu beobachten waren.
Staatsfonds wollen Rendite
Pictet ist laut der Analyse der Ansicht, dass die grossen geopolitischen Unsicherheiten den Goldpreis aufgrund der höheren offiziellen Nachfrage in den kommenden Jahren stützen werden.
Staatsfonds haben zwar ihren Goldanteil erhöht, doch ihr allgemeines Anlageziel, langfristige Erträge für künftige Generationen zu erwirtschaften, lässt vermuten, dass das Interesse an Gold, einem Asset ohne Rendite, nicht so stark ist, zumal der Anstieg der Renditen bedeute, dass Anleihen wieder als glaubwürdige Option für den Kapitalerhalt angesehen werden.
Fast 2000 Dollar je Unze
In Anbetracht all dieser Überlegungen korrigierte Pictet die Prognosen für den Goldpreis kürzlich nach oben, hiess es weiter. Die Dreimonatsprognose liegt derzeit bei 1820 Dollar pro Feinunze. Die Sechsmonatsprognose liege bei 1920 Dollar und die Zwölfmonatsprognose bei 1980 Dollar je Feinunze.
Derzeit liegt der Preis bei rund 1866 Dollar. Es geht also nur nach oben und die Wertsteigerung liegt demnach bei zirka 6 Prozent.
Anstieg von 150 Prozent
Andere als die Pictet-Rohwarenexperten sehen die Krisenwährung sogar noch deutlich weiter in die Höhe schnellen.
Sie erwarten bis 2030 einen Goldpreis um die 4800 Dollar je Feinunze – ein Anstieg von rund 150 Prozent.
12.03.2023/kut.