Firmen, wie Nestlé, kaufen gerne eigene Titel zurück. Doch wer genauer hinschaut, dem springt nicht nur das teils schlechte Händchen ins Auge.
Wieder ist ein Aktienrückkaufprogramm eines Schweizer Konzerns aufgefallen.
Schon 2023 hatte der Personaldienstleister Adecco einen Aktienrückkauf beendet, ohne nach der Coronavirus-Pandemie auch nur eine Aktie zurückgekauft zu haben, wie muula.ch berichtete. Es war quasi ein «Aktienrückkauf ohne Aktienrückkauf».
Käufe für 20 Milliarden
Nun teilte der Nahrungsmittelriese Nestlé diese Woche mit, sein jüngstes Aktienrückkaufprogramm beendet zu haben.
Seit dem Beginn des Programms im Januar 2022 habe der Nahrungsmittelkonzern für 20 Milliarden Franken rund 187.372.000 eigene an der Schweizer Börse SIX zurückgekauft, hiess es weiter.
Der Durchschnittspreis habe somit bei 106,74 Franken gelegen.
GV muss statt Verwaltungsrat handeln
Rund 14 Millionen Aktien seien bereits an der Generalversammlung (GV) 2022 für ungültig erklärt worden, erklärte Nestlé weiter.
An der GV im Jahr 2023 vernichtete Nestlé dann 80 Millionen eigene Titel und 50 Millionen zurückgekaufte Aktien stampfte der Konzern in diesem Jahr an seiner GV ein.
Da Nestlé das neue Schweizer Aktienrecht mit einem Kapitalband immer noch nicht nutzt, muss 2025 nochmals die GV über die Vernichtung von 43.480.000 eigener Aktien befinden.
Mit dem Kapitalband könnte der Verwaltungsrat unter der Führung von Paul Bulcke die Titel einfach vernichten.
Interessante Transaktionsliste
Doch neben diesem Aspekt fielen muula.ch aber auch bei Nestlé gleich noch mehrere Aspekte an dem Aktienrückkauf auf.
Mit der Angabe des Durchschnittskurses von 106,74 Franken je Aktie kaufte Nestlé quasi teuer zurück, denn diese Woche lag der Aktienkurs lediglich bei rund 74 Franken.
Schaut man in die Transaktionsliste zum Aktienrückkauf, sieht man Kaufkurse von fast 130 Franken je Aktie.
Unter 74 Franken schlug Nestlé quasi nur an einem einzigen Tag, nämlich am 20.12.2024, kurz vor Toresschluss beim Aktienrückkaufprogramm zu.
Stützungskäufe für sich selbst?
Dies zeigt, dass der Konzern über Jahre viel Geld eigentlich zum Fenster hinausgeworfen hat.
2022 kaufte Nestlé teils für fast 100 Millionen Franken an einem Tag eigene Aktien zurück und bezahlte fast 40 Prozent mehr als der aktuelle Aktienkurs.
Aber ohne die Stützungskäufe der eigenen Titel wären die Nestlé-Papiere vielleicht noch viel tiefer an den Börsen in den Keller gerauscht – wer weiss das schon.
Falschangabe zum Handel
Abgesehen vom schlechten Händchen, was Nestlé beim Eigenhandel bewies, fallen aber auch einzelne Transaktionen auf.
Zunächst gibt Nestlé in der Excel-Tabelle zu den Transaktionen auch Käufe am 18.9.2013 an, was klar ausserhalb des Aktienrückkaufprogrammes liegt und Fragen aufwirft.
Von einem Grosskonzern und hochbezahlten Finanzexperten darf man bei börsenrelevanten Sachen wohl korrekte Angaben erwarten, falls sich das Datum als Tippfehler entpuppt.
Selbst bei Crash fehlgeschlagen
Als die Börsen am 5.8.2024 wegen Leitzinserhöhungen in Japan weltweit einbrachen, kaufte Nestlé an dem Tag sowie am Folgetag jeweils 385.000 eigene Aktien zurück, was deutlich mehr ist als an den Handelstagen davor.
Auch der Durchschnittspreis von 87,43 Franken je Titel liegt an diesem «Schnäppchen-Tag» deutlich über dem aktuellen Aktienkurs.
Reagieren auf eigene News
Und wer noch Daten von Medienmitteilungen des Konzerns neben die Handelsaktivitäten legt, wird ebenfalls fündig. So publizierte Nestlé am 25.7.2024 etwa seine Semesterresultate 2024 – und kaufte am Tag danach 385.000 eigene Aktien zurück.
Am Tag davor waren es nur 265.000 Titel gewesen – also über 100.000 Aktien weniger. In den Handelstagen davor lag das Volumen sogar nur bei 150.000 eigene Aktien je Tag.
Normalerweise wollen Firmen solche Parallelen vermeiden.
Untersuchung gegen sich selbst?
Laut Rückkaufinserat leistete Credit Suisse CS ihre Hilfe beim Aktienrückkauf von Nestlé. Das Geschäft ging 2023 auf die Grossbank UBS über.
Wer dann aber glaubt, die Schweizer Börse SIX würde nun aufgrund der Auffälligkeiten mit ihrer Regulation SER aktiv, täuscht sich wahrscheinlich.
Die SIX gehört nach der Notfusion mit der CS zu fast 35 Prozent der UBS.
Und die einzig verbliebene Grossbank der Schweiz würde wohl kaum quasi gegen sich selbst untersuchen.
27.12.2024/kut.