Der Konzernchef der Baloise-Gruppe Gert de Winter ist gerade von seiner Krebserkrankung gesundet. Auf ihn warten einige Baustellen.
Die in Basel domizilierte Versicherungsgruppe Baloise hat am Donnerstag einen durchmischten Semesterabschluss vorgelegt.
Das Geschäftsvolumen sank in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres um 7,5 Prozent auf 5,4 Milliarden Franken, weil Gegenwind bei den Wechselkursen herrschte und weniger Prämien mit Anlagecharakter vor allem in Luxemburg sowie bei Lebensversicherungen in der Schweiz vereinnahmt wurden.
Der Gewinn ging im Betrachtungszeitraum um 5 Prozent auf 287 Millionen Franken zurück.
Kapriolen am Kapitalmarkt
Das Netto-Investitionsergebnis verringerte sich um rund 16 Prozent auf 475 Millionen Franken. Angesichts turbulenter Kapitalmärkte hätte es schlimmer kommen können – insofern lässt sich aufatmen.
Operativ lief es bei der Baloise dafür aber gut, was sich besonders im Segment mit Sachversicherungen zeigt.
Obwohl ein Wintersturm in Belgien wütete, verbesserte sich die konzernweite Combined-Ratio, also eine wichtige Kenngrösse für die versicherungstechnische Profitabilität von Versicherern, um 0,4 Prozentpunkte auf starke 91,9 Prozent.
Ausgleich im Portfolio
Ein Einmaleffekt wirkte negativ bei den Kosten in Belgien; dies machte die Baloise aber innerhalb der Gruppe mehr als wett. Insofern konnte die Versicherungsgruppe nochmals aufatmen.
Doch CEO Gert de Winter, der Anfang des Jahres wegen einer Krebserkrankung ausgefallen war und nun seit einigen Tagen aber wieder voll im Einsatz ist, kann sich nicht ausruhen.
Schwindsucht beim Kapital
Vor allem muss sich der Manager um den Einbruch des Eigenkapitals kümmern, denn da ging es bei den Eigenmitteln aufgrund des Zinsanstieges um rund 31 Prozent auf nur noch 5 Milliarden Franken deutlich nach unten.
Die Eigenkapitalquote sackte von rund 8,1 Prozent per Ende 2021 auf nunmehr 5,97 Prozent im Semester ab. Hartes Eigenkapital ist also Mangelware. Bei einem weiteren Zinsanstieg dürfte die Gruppe um eine Kapitalerhöhung wahrscheinlich nicht herumkommen.
Theoretische Betrachtung
Der Swiss-Solvency-Test liegt bei einer hohen Quote von 230 Prozent zum Halbjahr – insofern ist die Situation bei der Gruppe, wenn eine ökonomische Betrachtung angestellt wird, mehr als im Lot, und es lässt sich abermals aufatmen.
Pünktlich zum Beginn der «Staffel 2» der neuen strategischen Periode ist de Winter auf die Kommandobrücke bei der Basler Versicherungsgruppe zurückgekehrt. Viele sind froh darüber, wie man aus der Gruppe hört.
Wo die Reise jedoch genau hingeht, bleibt abzuwarten, weil etwa strategische Zielsetzungen, wie die Gewinnung von 1,5 Millionen zusätzlichen Kunden innerhalb von vier Jahren sowie das Generieren von zwei Milliarden Franken an Barmitteln für die Holding, nicht so leicht zu erreichen sein werden.
Gesättigte Märkte
Die Baloise bewegt sich als Schwerpunkt in der Schweiz, in Deutschland, in Belgien und in Luxemburg. Von den ohnehin Mini-Märkten Belgien und Luxemburg abgesehen, ist der Rest des Einzugsgebietes hart umkämpft und an Versicherungsprodukten eigentlich gesättigt.
Marktanteile liessen sich da nur mit einem Preiskampf gewinnen; das kann aber nicht das Ziel sein.
Im zweiten Halbjahr warten neben alldem weitere Herausforderungen auf das Management. Dabei sei nur schon an die Inflation gedacht, welche die Versicherungsbranche meist stark trifft, weil die Schadenregulierung immer teurer wird.
Und nur mit dem Wechsel zu einer einheitlichen Dach-Marke «Baloise» wird die Gruppe in den kommenden Monaten nicht aufatmen können.
25.08.2022/kut.