Die Sozialen Medien gelten als Datenkraken. Sie sammeln viel Material über ihre Nutzer und werten dies aus. Doch nun entdecken Wissenschafter das Terrain und finden Unglaubliches.
Fast jeder träumt von Reichtum, und es gibt offenbar ein einfaches Rezept, um Vermögen aufzubauen. Ausgerechnet die Daten des Sozialen Netzwerks Facebook weisen dafür den Weg. Dies zeigt eine aktuelle Studie, die momentan weltweit die Runde macht.
Wissenschafter in den USA haben nämlich die Daten von 72 Millionen Facebook-Nutzern analysiert und dabei insbesondere die rund 21 Milliarden Freundschaften der Personen unter die Lupe genommen. Dabei zeigte sich beispielsweise, dass sich fast alle innerhalb ihrer sozialen Schicht bewegen.
Wohlklingende Namen
«Menschen mit einem höheren Einkommen, tendieren auch dazu gutverdienende Freunde zu haben», schlussfolgern die Experten der Untersuchung, an welcher sich die renommierten Universitäten Harvard, Stanford und New York beteiligten.
Das erscheint logisch, da es im wahren Leben auch so ist und sich viele innerhalb ihrer Einkommensklasse bewegen. Allerdings zeigt die Analyse auch, wie der Aufstieg innerhalb einer Gesellschaft gelingt.
Aufstieg durch Freunde
«Wir nennen es ökonomische Verbundenheit», sagte etwa Theresa Kuchler, Professorin für Finanzwirtschaft an der New York University, in einem Interview gegenüber der Wochenzeitung «Zeit» (Schweizer Ausgabe). Der Faktor wohlhabende Freunde auf Facebook erhöht die Aufstiegschancen sehr gut, erklärte sie.
«Kinder aus armen Familien, die in Orten mit hoher ökonomischer Verbundenheit aufwachsen, verdienen als Erwachsene deutlich besser», hiess es.
In den anonymisierten Facebook-Daten stecken zahlreiche Informationen, wie zum Beispiel das Modell des Smartphones, das man benutzt. Aber auch die Orte, von denen man sich einloggt, die Schule oder das College, das man besucht.
Geschickte Verknüpfung
Daraus liessen sich der sozioökonomische Status der Nutzer sowie deren Wohnort ableiten. «Und Gleiches gilt natürlich auch für die Freunde», führte die Datenexpertin aus.
Aus weiteren Angaben, wie dem Durchschnittseinkommen in den entsprechenden Postleitzahl-Gebieten, leiten die Fachleute dann ab, welcher Einkommensschicht die Kinder eines bestimmten Gebiets später als Erwachsene angehören. Der stärkste Einfluss, wo arme Kinder ihren Verhältnissen entkommen, sei die ökonomische Verbundenheit, also die «Connections» auf Facebook.
Rund 20 Prozent mehr Gehalt
Es sei nahezu unerheblich, so die Expertin, ob man Orte anschaut, in denen überwiegend Weisse, Schwarze oder Latinos leben, oder wie hoch das Durchschnittseinkommen in einem Viertel ist. «Freunden sich Menschen verschiedener Schichten an, geht es den Armen später besser», zog sie als Fazit.
Kinder aus einkommensschwachen Familien könnten auf diese Weise bis zu 20 Prozent als Erwachsene mehr verdienen.
Hilfe bei Herausforderungen
Zwar haben die Wissenschaftler nur Einkommen und Postleitzahlen, aber keine individuellen Lebensläufe mit den Resultaten abgeglichen. Allerdings hätten sich zahlreiche Personen nach Publikation der Untersuchung gemeldet, denen genau ein solcher Aufstieg widerfahren sei, hiess es.
Die Kontakte mit Bessergestellten hätten ihren Lebensstil beeinflusst, andere Berufe gezeigt oder bei der Bewerbung für ein College beziehungsweise beim Berufseinstieg geholfen, teilten zahlreiche Personen mit.
Folgen für die Schweiz
Laut den Wissenschaftlern sind die Resultate für die ganze Welt anwendbar und müssten in der Politik zu den richtigen Massnahmen führen. So führt die New-Yorker-Professorin aus, dass es ein gesellschaftlicher Auftrag sei, zur Entfaltung der Kinder unbedingt dafür zu sorgen, dass Menschen aus unterschiedlichen sozioökonomischen Schichten miteinander befreundet sind.
Das weist also auch für die Schweiz den Weg zu mehr Reichtum: Eine kluge Stadtplanung könnte darüber entscheiden, ob ärmere Kinder ihrer Herkunft entfliehen, weil auf Sport- und Spielplätzen beziehungsweise in Schwimmbädern einfacher Gräben überwunden und Freundschaften unabhängig vom sozialen Status geschlossen werden.
26.08.2022/kut.